Berlin. Beim TV-Duell der Spitzenkandidaten der kleinen Parteien geht es lebhaft zu – doch eine echte Debatte kommt nicht zustande.

„Ich finde das wirklich billig, was sie gerade gemacht haben“, sagt Sahra Wagenknecht und meint Cem Özdemir. Er hat die Linke-Politikerin zuvor in die Nähe der AfD gerückt. Man merkt sofort: Das hier ist kein staatstragendes Kuschel-Duell wie am Sonntagabend zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem Herausforderer Martin Schulz (SPD). Es wird gestritten. Die lebendige Stimmung hat einen Grund: Im Vergleich zum Vorabend sind mehr Politiker als Moderatoren im Studio. Das ist schon mal ein Fortschritt.

Der „Fünfkampf nach dem TV-Duell“, so nennt die ARD dieses Format mit den Moderatoren Sonia Mikich und Christian Nitsche und den Spitzenkandidaten der kleinen Parteien: Sahra Wagenknecht (Linke), Cem Özdemir (Grüne), Joachim Herrmann (CSU), Christian Lindner (FDP) und Alice Weidel (AfD). Man könnte das 75-minütige Aufeinandertreffen auch so nennen: Kampf um Platz drei. Alle kleinen Parteien mit Ausnahme der CSU, deren Ergebnis am Ende mit dem der CDU addiert wird, wollen dritte Kraft hinter Union und SPD werden. Für Grüne und FDP geht es um eine mögliche Regierungsbeteiligung an der Seite der Union – ein Zweikampf, der bis zum Schluss spannend bleiben wird. Die Linke will stärkste unter den kleinen Parteien bleiben, und die AfD will ihren ersten Einzug in den Bundestag mit einem guten Ergebnis krönen. Beide werden nach Stand der Dinge nicht in eine Koalition eintreten. Rot-Rot-Grün wird es nicht geben – die SPD ist in den Umfragen zu schwach für eine Koalition mit Linken und Grünen. Die AfD will nicht regieren, und die Union möchte sie auch nicht als Koalitionspartner.

Wirklich neue Erkenntnisse liefert der Abend nicht. Lindner will den Staat besser und effizienter gegen den Terror aufstellen. Weidel will die deutschen Außengrenzen sichern. Özdemir will die deutschen Waffenlieferungen an Saudi-Arabien stoppen. Wagenknecht will bessere Renten. Herrmann will Menschen härter bestrafen, die Polizisten angreifen.

Die Moderatoren müssen immer wieder ordnend eingreifen. Sonia Mikich, die Themen „abarbeiten“ möchte, geht immer wieder dazwischen, etwa mit einem: „Kurz bitte.“ Doch die ordnende Hand der Moderatoren bringt nicht wirklich was. Natürlich wissen sich Profis wie Wagenknecht zu helfen, etwa so: „Jetzt lassen sie mich mal ausreden. Frau Weidel haben sie jetzt wirklich einen sehr, sehr langen Block gegeben.“

Im Vergleich zum Duell Merkel gegen Schulz werden viel mehr Unterschiede zwischen den Politikern deutlich. Das liegt natürlich auch daran, dass Grüne und AfD oder FDP und Linke weniger gemeinsam haben als CDU und SPD, die ja sogar seit fast vier Jahren zusammen regieren. Und daran, dass die kleinen Parteien auffallen müssen, um überhaupt wahrgenommen zu werden.

Gern hätten sie am großen TV-Duell teilgenommen. Linke, Grüne und FDP schrieben vor dem Aufeinandertreffen von Merkel und Schulz in seltener Einigkeit einen Brief an die Sendeanstalten. Sie fühlen sich ausgesperrt, verlangten, dabei sein zu dürfen.

Bemerkenswert ist, dass mehr Themen diskutiert werden. Hatten Merkel und Schulz vor allem über Flüchtlinge, Außenpolitik, Sicherheit und den Arbeitsmarkt gesprochen, geht es am Montagabend auch um Digitalisierung, Bildung und Elektromobilität. Doch das führt auch dazu, dass nicht jeder Kandidat ausführlich zu jedem Thema sprechen kann. Eine wirkliche Debatte kommt so nicht auf.

„Sie kennen mich“, das war vor vier Jahren der Spruch von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Duell gegen Peer Steinbrück (SPD). Die fünf Politiker, die heute im Ring stehen, kennen nur wenige Menschen in Deutschland gut. Wagenknecht, Özdemir und Lindner sind zwar bekannt. Aber nur die wenigsten wissen genau, wofür genau sie stehen. Das dürfte sich auch nach diesen 75 Minuten in der ARD nicht wirklich geändert haben. Dafür war der Fünfkampf einfach zu kurz.