Berlin. Die kleinen Parteien kritisieren den aus ihrer Sicht langweiligen Schlagabtausch zwischen der Kanzlerin und ihrem SPD-Herausforderer.

Die kleinen Parteien sind enttäuscht. Sie wollten dabei sein, beim TV-Duell von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem Herausforderer Martin Schulz (SPD). Linke, Grüne und FDP schrieben vor dem Aufeinandertreffen sogar in seltener Einigkeit einen Brief an die Sendeanstalten. Sie fühlen sich ausgesperrt, verlangten, dabei sein zu dürfen. Doch daraus wurde nichts.

Es wirkt wichtigtuerisch, aber der Vorwurf der Opposition hat einen wahren Kern: Nach allen aktuellen Umfragen hat Martin Schulz keine Chance, Kanzler zu werden. Gegen Merkel lässt sich wahrscheinlich keine Regierung bilden. Die SPD lag bei den vergangenen beiden Wahlen deutlich unter 30 Prozent. Wie es aussieht, wird sie am 24. September nicht besser abschneiden. Das Duell Merkel gegen Schulz war also kein Kanzlerduell. Womöglich erleben wir in vier Jahren, vor der nächsten Wahl, einen Schlagabtausch mit mehr als zwei Kandidaten.

Die griffigste Kritik nach dem Schlagabtausch zwischen Merkel und Schulz kam von Christian Lindner. Der FDP-Chef twitterte: „Ein TV-Duell, das sich angefühlt hat, wie die Wartezeit beim Einwohnermeldeamt.“ Da kann man sich was drunter vorstellen.

Lindner, dessen Partei nach vier Jahren außerparlamentarischer Opposition wahrscheinlich wieder in den Bundestag einziehen wird, unterstellte Union und SPD, nach der Wahl erneut eine Große Koalition anzustreben. „Das Duell erinnerte an Szenen einer alten Ehe, in der es mal knirscht, aber beide Seiten wissen, dass man auch künftig miteinander muss“, sagte Lindner. „Jeder weiß, dass Frau Merkel Kanzlerin bleibt, das Rennen um die Plätze eins und zwei ist gelaufen.“ Auch die kleinen Oppositionsparteien im Bundestag zeigten sich enttäuscht vom vermeintlich müden Schlagabtausch zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrem Herausforderer Martin Schulz. Linke-Spitzenkandidat Dietmar Bartsch spielte wie Lindner mit einer möglichen Neuauflage der Großen Koalition, die seit 2013 regiert. Er sprach von einem „großkoalitionären Therapiegespräch“: „Martin Schulz hat sich nicht von der Union abgesetzt.“ Er hielt Schulz vor, nach der Wahl eine Fortsetzung von Schwarz-Rot als Juniorpartner mittragen zu wollen. Der SPD-Vorsitzende hatte die Frage, ob er als Juniorpartner in ein schwarz-rotes Bündnis eintreten werde, nicht verneint. Schulz hat sich von der Linken abgewendet – nach den für die SPD enttäuschenden Saarland-Wahlen im März, wo es eine Koalition aus SPD und Linke hätte geben können. Die Union hatte erfolgreich das Gespenst eines rot-roten Bündnisses beschworen. Ab diesem Zeitpunkt war Rot-Rot-Grün auf Bundesebene faktisch tot.

Die Grünen haben noch die Chance auf eine schwarz-grüne Koalition im Bund. Viele Grüne fürchten aktuell nichts mehr, als noch mal vier Jahre auf den harten Oppositionsbänken zu sitzen. Sie würden, wenn es rechnerisch passt, auch mit der CDU/CSU zusammengehen. In den vergangenen Wahlkämpfen ging die Öko-Partei immer mit einer Koalitionsaussage für Rot-Grün ins Rennen. Diesmal propagieren sie Eigenständigkeit. Was dazu führt, dass auch deutlich am sozialdemokratischen Spitzenkandidaten herumgemosert wird. Getreu ihrem Wahlkampfmotto „Zukunft wird aus Mut gemacht“ kritisierten sie, Schulz habe keine Ideen für die Zukunft präsentiert. „Dass von Merkel keine Dynamik für Veränderung kommt, war zu erwarten, aber auch von Martin Schulz kamen keine Impulse für einen echten sozialen und ökologischen Wandel in diesen dramatischen Zeiten“, sagte Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt der dpa.

Am härtesten rechnet die AfD mit den Duellanten ab. „Ich habe trotz überraschend kritischer Fragen der Journalisten noch nie in 90 Minuten so viele Plattitüden und Phrasen auf einen Haufen gehört, so viel Oberflächliches und Belangloses am Stück“, sagte Parteichefin Frauke Petry.