Berlin. Nach dem zweiten massiven Angriff mit Erpressungssoftware in zwei Monaten kämpfen Firmen rund um den Globus mit den Folgen der Cyber-Attacke.

Zu den betroffenen Unternehmen zählen der Nivea-Hersteller Beiersdorf und die dänische Reederei Maersk, bei der Terminals in mehreren Häfen ausfielen. Außerdem wurden vor allem Firmen und öffentliche Einrichtungen in der Ukraine hart getroffen.

Die Schadsoftware war nach Einschätzung von Experten gefährlicher als der aufsehenerregende Erpressungstrojaner „WannaCry“ Mitte Mai. Sie verbreitete sich nicht nur über die damals ausgenutzte Win-dows-Sicherheitslücke, sondern fand auch einen weiteren Weg, Computer innerhalb eines Netzwerks anzustecken. Unterdessen sehen Experten Hinweise darauf, dass die Angreifer eher Chaos anrichten wollten und nicht auf Profit aus waren.

Während Erpressungstrojaner, die Computer verschlüsseln und Lösegeld für die Freischaltung verlangen, ein eingespieltes Geschäftsmodell von Online-Kriminellen sind, war die Bezahlfunktion bei der neuen Attacke äußerst krude gestaltet. Die Angreifer verlangten 300 Dollar in der Cyberwährung Bitcoin. Das Lösegeld sollte auf ein einziges Konto gehen, die zahlenden Opfer sollten sich per E-Mail zu erkennen geben. Nachdem der E-Mail-Anbieter Posteo die genannte Adresse aus dem Verkehr gezogen hatte, wurde es für die Betroffenen völlig sinnlos, Lösegeld zu zahlen. Bis Mittwochmittag gingen nur etwas mehr als 40 Zahlungen auf dem Bitcoin-Konto ein.

Die IT-Sicherheitsfirma Malwarebytes verzeichnete bis Mittwoch rund 18 000 Infektionen in mehr als 60 Ländern. Die Ukraine blieb der Schwerpunkt der Attacken. Asien kam am Mittwoch glimpflicher davon als Europa und die USA.

Der neue Angriff breitete sich langsamer aus als der „WannaCry“-Trojaner, der binnen eines Tages hunderttausende Computer befiel – aber er zog mehr international agierende Unternehmen in Mitleidenschaft.

Bei Beiersdorf habe es am Dienstag einen Ausfall der IT und der Telefonanlage gegeben, sagte eine Sprecherin am Mittwoch in Hamburg und bestätigte damit entsprechende Medieninformationen vom Vortag. Neben der Zentrale in der Hansestadt seien auch weltweit Standorte betroffen. Es sei noch zu früh, den entstandenen Schaden zu beziffern.

IT-Sicherheitsexperten waren sich unterdessen uneins, mit welcher Software sie es diesmal überhaupt zu tun haben. Ersten Erkenntnissen zufolge handelte es sich um eine Version der bereits seit vergangenem Jahr bekannten Erpressungs-Software „Petya“. Kaspersky kam hingegen zu dem Schluss, es sei keine „Petya“-Variante, sondern eine neue Software, die sich nur als „Petya“ tarne.

Der Trojaner habe sich zumindest zum Teil über dieselbe Sicherheitslücke in älterer Windows-Software verbreitet wie auch der im Mai für eine globale Attacke genutzte Erpressungstrojaner „WannaCry“, erklärten die IT-Sicherheitsfirma Symantec und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).

Die Windows-Schwachstelle wurde ursprünglich vom US-Abhördienst NSA ausgenutzt. Hacker machten sie im vergangenen Jahr öffentlich. dpa