Berlin. Geheimdienste warnen: Teheran liefert immer mehr Soldaten und auch Geld in den Nahen Osten. Einige Staaten sehen den Iran als Problem.

Nach Angaben westlicher Geheimdienste hat der Iran seit Unterzeichnung des Atomabkommens im Juli 2015 seine militärische Präsenz im Nahen Osten verstärkt. „Das wachsende Ausmaß der Intervention in Kerngebieten (Syrien, Irak und Jemen) ist ein bedeutender Faktor, der die ‚Achse des Widerstands‘ unter Führung des Iran stützt und die Reibung mit Saudi-Arabien im vergangenen Jahr erhöht hat“, heißt es in einem Bericht im Auftrag für eine westliche Regierung. Das Papier beruht auf verschiedenen Geheimdienst-Quellen und liegt unserer Redaktion vor.

Der Iran, Syrien und die libanesische Hisbollah-Miliz betrachten sich als schiitische „Achse des Widerstands“ gegen die Politik Amerikas und Israels im Nahen Osten. Weder die iranische Botschaft in Berlin noch Regierungsstellen in Teheran wollten am Mittwoch den Bericht kommentieren.

Informelle Koalition zwischen Israel und arabischen Golfstaaten

Das Thema Iran berührt auch die am Donnerstag in Genf stattfindenden internationalen Friedensgespräche zu Syrien. Am Tisch sitzen Vertreter der Regierung von Präsident Baschar al-Assad und der Opposition. Es geht aber auch um die Interessen wichtiger regionaler Akteure wie Russland, die Türkei oder Saudi-Arabien.

Auffällig dabei: Seit geraumer Zeit gibt es eine informelle Anti-Iran-Koalition zwischen Israel und verschiedenen arabischen Golfstaaten. Beide Lager, die früher durch den Palästina-Konflikt gespalten waren, werden nun von der Sorge über einen Machtzuwachs des Mullah-Regimes getrieben. Teheran habe mit dem Wegfall der Sanktionen im Zuge des Nuklear-Deals erheblich mehr Geld zur Verfügung, befürchten sie.

Dies wurde auch bei der am Sonntag zu Ende gegangenen Münchner Sicherheitskonferenz deutlich. „Der Iran ist Teil des Problems, nicht der Lösung“, kritisierte der saudische Außenminister Adel-al Dschubeir. Der israelische Verteidigungsminister Avigdor Lieberman sekundierte: „Der Iran ist der wichtigste Sponsor des weltweiten Terrorismus.“ Das Land verfolge weiter atomare Ambitionen.

Hier die wichtigsten Punkte in dem Geheimdienst-Bericht:

• Syrien: Das Papier spricht von rund 1500 iranischen Kämpfern, die in syrischen Städten wie Homs, Hama, Aleppo oder Latakia stationiert seien. Demnach arbeiten sie mit Kräften des syrischen Regimes, Russlands und der Hisbollah zusammen. Die Kämpfer stehen unter dem Kommando von Kassem Suleimani, dem Führer der Al-Kuds-Brigaden, einer Eliteeinheit der iranischen Revolutionsgarden, so der Bericht.

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    Nach dieser Übersicht rekrutiert der Iran einige Tausend schiitische Kämpfer im eigenen Land – und zwar unter den mehr als drei Millionen afghanischen und pakistanischen Flüchtlingen. Dies sei für die Migranten deshalb ein Anreiz, weil ihnen im Iran wesentliche Rechte entzogen würden. So gebe es für sie keine Möglichkeit zur öffentlichen Bildung, in ihren Wohnungen verfügten sie über keinen Telefonanschluss.

    Auch afghanische und pakistanische Flüchtlinge an der Front

    Die afghanischen und pakistanischen Soldaten werden im Iran von Revolutionsgarden ausgebildet, heißt es in dem Bericht. Für ihre Syrien-Einsätze beziehen sie ein monatliches Gehalt. Diese Flüchtlingsarmee werde durch mehr als 10.000 Kämpfer von schiitischen Milizen aus dem Irak verstärkt, listet der Bericht auf. Ferner habe Teheran an der Errichtung von anti-israelischen Terrorzellen im Süden Syriens mitgewirkt. Das Personal: Drusen, Palästinenser und Hisbollah-Kämpfer. In den vergangenen zwei Jahren habe es 20 Terrorversuche oder Vorbereitungen hierzu gegeben.

    Laut dem Papier hilft der Iran dem syrischen Regime aber auch durch Waffen, Ausrüstung und Geld. So würden über die iranische Linie Mahan Air Waffen und Soldaten nach Syrien geflogen. Aus diesem Grund habe die amerikanische Regierung Mahan Air mit Sanktionen belegt. Weiter heißt es in dem Bericht: Zwischen Januar und Juni 2016 hat der Iran rund zehn Millionen Barrel Rohöl nach Syrien verschifft. Zehn Tanker hätten die Ladung im syrischen Hafen Banias gelöscht. Dauer pro Transport: im Schnitt zwei bis drei Wochen.

    Die Route verlief demnach durch die Straße von Hormus am Persischen Golf, rund um die Arabische Halbinsel und danach durch das Rote Meer und den Suezkanal. Der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, taxiert die Hilfe Teherans für das Regime von Präsident Baschar al-Assad auf etwa sechs Milliarden Dollar pro Jahr.

    Iran möchte seinen „Fußabdruck“ vergrößern

    • Irak: Im Irak, dessen Bevölkerung zu mehr als 60 Prozent aus Schiiten besteht, stützt sich der Iran vor allem auf schiitische Milizen, betont der Bericht. „Die wachsende Einmischung Teherans ist vor dem Hintergrund des Kampfes gegen den ‚Islamischen Staat‘ (IS) sowie der Schwäche der irakischen Armee zu sehen. Aber der Iran hat auch ein Interesse daran, seinen ‚Fußabdruck‘ zu vergrößern und ein Gegengewicht gegen die USA und die Türkei zu bilden“, heißt es.

    Das Kommando liegt demnach wie in Syrien bei Al-Kuds-Chef Kassen Suleimani, der zudem offiziell Sicherheitsberater der irakischen Regierung ist. Nach Angaben der in London herausgegebenen, einflussreichen arabischen Zeitung „Asharq Al-Awsat“ hat Suleimani im August 2016 die nordirakische Provinz Niniveh besucht – als Teil der Bemühungen, Mossul vom IS zu befreien.

    Der Iran hat Zugang zu den Schmuggelrouten im Roten Meer

    • Jemen: Die Unterstützung der schiitischen Huthi-Rebellen im Jemen hat laut dem Papier strategische Gründe: Das sunnitische Königreich Saudi-Arabien, das sich als führende Regionalmacht am Persischen Golf sieht, soll durch einen Abnutzungskrieg geschwächt werden. Seit rund einem Jahr versuchen die Saudis an der Spitze einer arabischen Koalition, die Huthis zu besiegen – bislang ohne Erfolg: Die Aufständischen halten dagegen.

    Dies liegt vor allem daran, dass der Iran immer wieder Waffen an die Huthis liefert, bilanziert das Papier. So habe Teheran Geld und hochwertige Rüstungsgüter entweder über den Golfstaat Oman, zu dem der Iran gute Beziehungen pflegt, oder über das politisch instabile Horn von Afrika geschmuggelt. Darüber hinaus hat der Iran offenbar auch Zugang zu den Schmuggelrouten im Roten Meer. Die Huthis haben Kontrolle über den Hafen Hodeida in West-Jemen erlangt, heißt es.