Aleppo/New York. Die Lage in der nordsyrischen Stadt wird immer dramatischer. Die Kliniken können kaum noch Verwundete versorgen. Gegner werfen dem Regime vor, Angriffe auf Krankenhäuser als Kriegstaktik einzusetzen.

Die massiven Luftangriffe auf Aleppo in den vergangenen Tagen haben die syrische Großstadt nach Einschätzung des UN-Generalsekretärs in ein Schlachthaus verwandelt. "Stellen Sie sich ein Schlachthaus vor. Das hier ist schlimmer", sagte Ban Ki Moon vor dem UN-Sicherheitsrat.

Im Osten Aleppos wurden seit Freitag nach UN-Angaben mindestens 96 Kinder getötet, weitere erlitten 223 Verletzungen. Die USA drohten Russland mit dem Abbruch der Friedensgespräche für Syrien, sollte das Land die Angriffe auf Aleppo nicht stoppen.

Die Rebellengebiete im Osten Aleppos waren in den vergangenen Tagen den heftigsten Luftangriffen seit Beginn des Bürgerkriegs 2011 ausgesetzt. Geflogen werden sie von syrischen und russischen Kampfjets. Mehr als 260 Menschen starben. Syrien und Russland stufen die überwiegend islamistischen Aufständischen in Aleppo als Terroristen ein.

Nach dem Bombenhagel sind die Krankenhäuser im Osten Aleppos mit Verletzten überfüllt. Die Kinderhilfsorganisation Unicef beklagte, das Gesundheitssystem stehe vor dem Zusammenbruch. Nur noch rund 30 Ärzte seien verblieben und so gut wie keine Ausrüstung oder Medizin. "Die Kinder in Aleppo sind in einem lebendigen Alptraum gefangen", sagte Vizechef Justin Forsyth.

Am Mittwoch stellten zwei Krankenhäuser im Rebellengebiet Aleppos ihren Betrieb ein. Mindestens eines sei von einem Luftangriff getroffen worden, sagte Adham Sahlul, Sprecher der Syrisch-Amerikanischen Medizinischen Gesellschaft (Sams). Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) teilte mit, alle acht Krankenhäuser im Osten der Stadt seien seit Juli beschädigt worden.

Ban verurteilte Angriffe auf Kliniken als Kriegsverbrechen. "Diejenigen, die immer zerstörerische Waffen benutzen, wissen genau, was sie tun." US-Außenminister John Kerry sagte seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow am Telefon, dass die USA Russland für die Situation in Aleppo verantwortlich machten. In Aleppo mischten sich Kämpfer der gemäßigten Opposition mit terroristischen Gruppen, sagte Lawrow nach Moskauer Angaben.

Die strategisch und symbolisch wichtige Stadt gehört zu den umkämpftesten Gebieten im Land. Anhänger des Regimes und ihre Verbündeten kontrollieren den Westen Aleppos, Rebellen den Osten. Dieser ist wegen einer Blockade seit Wochen von der Außenwelt abgeschnitten. Dort sind bis zu 300 000 Menschen eingeschlossen. Wegen der Blockade fehlt es ihnen akut an Nahrungsmitteln, Trinkwasser und medizinischer Versorgung.

Der massive Einsatz hochexplosiver Waffen in Wohngebieten in Syrien ist nach Einschätzung von Handicap International der Hauptgrund für die Flucht so vieler Menschen aus dem Land. "Unterschiedslose Bombardierungen sowie Beschuss sind in diesem Konflikt zur Regel geworden", beklagte die Hilfsorganisation für Menschen mit Behinderungen.

Eine von Washington und Moskau ausgehandelte Feuerpause war diesen Monat nach einer Woche gescheitert. Seitdem ist die Gewalt eskaliert.

Russland setzt trotzdem darauf, die Verhandlungen mit den USA über Syrien fortzusetzen. "Wir sprechen etwa über die Feuerpause und über humanitäre Hilfslieferungen - hier ist es Russland zusammen mit der syrischen Regierung gelungen, einen eindrucksvollen Fortschritt zu erzielen", sagte der UN-Botschafter in Genf, Alexej Borodawkin.