Havanna. Der Wirtschaftsminister preist die Marktwirtschaft an. Doch die Probleme der SPD verfolgen ihn bis in die Karibik.

Der Wirtschaftsminister ist in seinem Element. Minutenlang hält Sigmar Gabriel vor kubanischen Experten eine Eloge auf den deutschen Mittelstand: Die oft familiengeführten Unternehmen seien das Rückgrat der Wirtschaft, zuverlässig, langfristig engagiert und innovativ, lobt Gabriel. Seine kubanischen Zuhörer, die in der kommunistischen Planwirtschaft groß geworden sind, blicken den Gast verwundert an – mittelständische Unternehmer aus Gabriels deutscher Delegation indes sind begeistert von dem Auftritt in Havanna.

Was für ein Kontrast: Daheim in seiner SPD klagen führende Genossen intern, es sei Gabriels großer strategischer Fehler gewesen, den wenig populären Job des Wirtschaftsministers zu übernehmen; Gerüchte, er wolle alsbald SPD-Fraktionschef im Bundestag werden, machen die Runde, obwohl Gabriel dementiert. Doch während seiner Kuba-Reise lässt Gabriel wenig Zweifel, dass er an dem Ministeramt hängt. Es eignet sich ja auch wie kein anderes zur Demonstration seines politischen Mitte-Kurses. „Deutschland ist der Industrialisierer der Welt“, sagt er über seine Auslands-Mission im Dienste der heimischen Wirtschaft, „das ist die große Chance der Globalisierung.“

Die mitreisenden Unternehmer und Verbandsvertreter, denen er in Kuba Türen öffnen will, loben ihn als höchst engagiert. Er ist neugierig, hat Spaß an den Gesprächen mit den Firmenchefs, deren Berichte über Probleme im sozialistischen Karibikstaat er umgehend in die Treffen mit kubanischen Ministern einspeist. Das Besuchsprogramm ist voll mit politischen Gesprächen. Nur spät am Abend ist Zeit für eine kubanische Zigarre und einen Absacker auf der Hotelterrasse. In diesen Momenten sieht Gabriel so entspannt aus, als seien alle Sorgen weit weg.

Doch die Krisen verfolgen ihn auch hier. Dass ihm die Delegierten bei seiner Wiederwahl als Vorsitzender das demütigende Ergebnis von nur 74 Prozent bescherten, treibt ihn auch vier Wochen danach um. Gabriel macht sich Sorgen: Nach den Ereignissen in Köln werde die AfD stärker, die SPD in Umfragen weiter abrutschen. Wie wird die Partei reagieren? Den Kritikern in der SPD wird Gabriel nicht entgegenkommen, das ist klar, er wird klare Kante fahren, etwa im Streit um Steuererhöhungen, die die Parteilinke fordert.

Von gemischten Gefühlen spricht Gabriel. Er hat als Jungsozialist die kubanische Revolution von 1959 bewundert, bis sich zeigte, wie stark die Kommunisten in Freiheit und Menschenrechte eingriffen. Nun versucht er, die Regierung in Havanna von den Vorzügen der Marktwirtschaft und den Tugenden des deutschen Mittelstands zu überzeugen. Bei den Gesprächen liefern sich Gabriel und seine Gastgeber teils einen offenen Schlagabtausch. Er spricht – was nicht allen Unternehmern gefällt – auch die Menschenrechtslage in Kuba kritisch an. „Da sind wir nicht übereingekommen“, sagt der Minister hinterher. „Aber wir müssen trotzdem überlegen, wie wir das Leben der Menschen verbessern.“ Er weiß auch wie, es wäre genau sein Job: Der sinnvollste Weg, Kuba politisch auf den richtigen Weg zu helfen, seien wirtschaftliche Kooperationen. Da ist der Wirtschaftsminister ganz mit sich im Reinen.