Riad. Wütende Iraner stürmen die saudische Botschaft und stecken Teile des Gebäudes in Brand. Die Hinrichtung eines prominenten Schiiten in Saudi-Arabien sorgt für Gewalt in Teheran.

Die Hinrichtung des schiitischen Geistlichen Nimr al-Nimr in Saudi-Arabien hat die Spannungen zwischen dem Golfstaat und dem Iran massiv verschärft. In der Nacht zum Sonntag stürmten iranische Demonstranten die saudische Botschaft in Teheran, setzten das Gebäude in Brand und verwüsteten Büros. Der schiitische Iran und das sunnitische Königreich Saudi-Arabien ringen um die Vormachtstellung in der Region.

Al-Nimr, der lange Zeit im Iran lebte und in Saudi-Arabien die Unterdrückung der schiitischen Minderheit anprangerte, war am Samstag mit 46 weiteren Menschen wegen Terrorismusvorwürfen exekutiert worden. Die Todesurteile wurden durch Enthauptungen oder Erschießungen vollstreckt. Daraufhin flammten Proteste unter Schiiten in anderen Ländern auf: Im Irak gingen in der Provinz Al-Wasit Hunderte auf die Straße. Auch in Bahrain und dem indischen Teil Kaschmirs demonstrierten Tausende gegen die Hinrichtung von Al-Nimr.

Die Hinrichtungen in Saudi-Arabien lösten international Besorgnis vor gefährlichen Entwicklungen in der islamischen Welt aus. Aus Regierungskreisen in Berlin hieß es: „Die Hinrichtung von Nimr al-Nimr verstärkt unsere Sorgen über zunehmende Spannungen und sich vertiefende Gräben in der Region.“ Deutschland setze sich gemeinsam mit seinen Partnern in der EU für die Abschaffung und Ächtung der Todesstrafe ein – und zwar weltweit.

Die USA riefen die Führung in Riad auf, „die Menschenrechte zu respektieren und zu schützen“. UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon äußerte „ernsthafte Zweifel an der Art der Strafen und die Fairness der Verfahren“.

Der 55-jährige Al-Nimr war wegen seiner Kritik an der Unterdrückung der religiösen Minderheit in Saudi-Arabien durch das sunnitische Königshaus eingesperrt worden. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty hatte in der Vergangenheit kritisiert, Saudi-Arabien setze das Todesurteil auch als politisches Instrument gegen die schiitische Minderheit ein, die etwa 15 Prozent der Bevölkerung ausmacht.

Saudi-Arabien hat 2015 laut Menschenrechtlern mit 157 so viele Todesurteile vollstreckt wie seit 20 Jahren nicht mehr. dpa

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