New York. Aus Enttäuschung strebt Palästinenserpräsident Abbas den Beitritt zum internationalen Strafgerichtshof an. Israel und die USA kritisieren den Schritt.

In einem dramatischen Schritt hat Präsident Mahmud Abbas den Weg zu einem Beitritt Palästinas zum internationalen Strafgerichtshof (IStGH) bereitet. Aus Enttäuschung über das Scheitern einer Nahost-Resolution im UN-Sicherheitsrat unterzeichnete er in der Silvesternacht die vertragliche Grundlage des IStGH, das sogenannte Rom-Statut, sowie 19 weitere internationale Verträge. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der mit großer Mehrheit als Vorsitzender der rechtsorientierten Likud-Partei wiedergewählt wurde, verurteilte die Entscheidung und berief daraufhin am Donnerstag eine Beratung über das weitere Vorgehen ein.

„Dieser Schritt trägt zur Eskalation bei. Er wird zu keinem der Ziele führen, die die meisten Palästinenser für ihr Volk erreichen wollen.“
Jeff Rathke, Sprecher des amerikanischen Außenministeriums

Mit einer Ratifizierung des Rom-Statuts ist das Gericht für Verbrechen in Palästina einschließlich des Gazastreifens zuständig. Israelis müssen damit befürchten, wegen der Besatzungspolitik in den Palästinensergebieten strafrechtlich verfolgt zu werden. Im Rahmen der im April gescheiterten Friedensverhandlungen hatten die Palästinenser diesen Schritt bisher unterlassen.

Die USA verurteilten Abbas‘ Vorgehen als „völlig kontraproduktiv“. „Dieser Schritt trägt zur Eskalation bei. Er wird zu keinem der Ziele führen, die die meisten Palästinenser für ihr Volk erreichen wollen“, sagte Außenamtssprecher Jeff Rathke in Washington.

„Wir werden jeden Tag auf unserem Land angegriffen, bei wem sollen wir uns beschweren?“, fragte Abbas am Mittwochabend in Ramallah. Der UN-Sicherheitsrat habe die Palästinenser enttäuscht. Deshalb wende man sich jetzt an den Strafgerichtshof.

Netanjahu sagte dazu: „Wer sich vor dem internationalen Strafgerichtshof in Den Haag fürchten muss, ist die Palästinenserbehörde selbst.“ Sie habe schließlich eine Einheitsregierung mit der Hamas gebildet, „einer Terrororganisation, die wie der Islamische Staat (IS) Kriegsverbrechen begeht“. Man werde israelische Soldaten vor einer möglichen Strafverfolgung beschützen.

Der UN-Sicherheitsrat hatte am Dienstagabend (Ortszeit) eine Resolution abgelehnt, die einen Abzug Israels aus den Palästinensergebieten binnen drei Jahren fordert. Der von Jordanien eingebrachte Entwurf sah auch eine endgültige Nahost-Friedensregelung binnen eines Jahres vor.

Israels Außenminister Avigdor Lieberman sagte, das Scheitern der Resolution beweise, „dass Provokationen und Versuche, Israel einseitige Schritte aufzuzwingen, nichts bewirken werden“. Man müsse „den Palästinensern klarmachen, dass Entscheidungen nur am Verhandlungstisch getroffen werden“.

Chefunterhändler Saeb Erekat kündigte an, man werde die Resolution möglicherweise in wenigen Tagen erneut vorlegen. Die USA erklärten, die Resolution komme zur falschen Zeit und habe nicht die Bedenken beider Seiten in Betracht gezogen. EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sagte in Brüssel: „Unser Ziel ist, eine umfassende Friedensvereinbarung auf Grundlage der Zwei-Staaten-Lösung zu erreichen.“ dpa