Portland. Es war ein öffentlicher Countdown bis zum Tod: Statt sich der zerstörerischen Kraft ihres Gehirntumors hinzugeben, nahm Brittany Maynard ihr Ableben selbst in die Hand.

Zum Schluss ging alles so, wie sie es sich unter diesen Umständen gewünscht hatte. Brittany Maynard lag im Schlafzimmer, umgeben von Menschen, die sie liebte. Ihren Mann, ihre Mutter, ihren Stiefvater und ihre beste Freundin wollte sie in diesen letzten Momenten ihres Lebens um sich haben. Die tödlichen Medikamente aus den gelben Plastikbehältern hatte die Krebskranke wie geplant eingenommen - dann setzte der Tod ein. Die an einem schweren Gehirntumor leidende 29-Jährige ist am Samstag wie angekündigt gestorben, wie die Organisation „Compassion & Choices“ am Sonntag (Ortszeit) bestätigte.

Wochenlang hatte die Amerikanerin die Geschichte ihres Leidens erzählt, hatte Interviews gegeben und sich mit bewegenden Video-Botschaften an ein Millionenpublikum gewandt. Fest stand, dass das Krebsgeschwür sie nach ärztlicher Diagnose in wenigen Monaten qualvoll töten würde. Ihre Entscheidung, stattdessen mit einer Art öffentlichem Suizid dafür zu kämpfen, dass todkranken Menschen selbst über ihr Ableben entscheiden können, fachte die Debatte um aktive Sterbehilfe neu an. Hat der Mensch das Recht, sein eigenes Leben vorzeitig zu beenden, wenn ihn eine tödliche Krankheit befällt? Maynard war davon überzeugt, und nutzte nun ihren eigenen Tod, um für andere Menschen in ähnlichen Lebenslagen zu kämpfen.

„Es lässt sich auf keine Weise vorhersagen, wann Deine Krankheit übernimmt und sämtliche Lebensqualität zerquetscht“, sagte die Sprecherin von „Compassion & Choices“, Gwen Fitzgerald, der Nachrichtenagentur dpa nach Maynards Tod. Sie sei eine „unglaubliche Frau“ gewesen und habe einen internationalen Dialog gestartet, der bestehende Regelungen zur Sterbehilfe nun erneut infrage gestellt habe.

Maynard war mit ihrer Familie extra aus Kalifornien ins nördlich gelegene Oregon gezogen, wo Sterbehilfe wie in vier anderen der 50 US-Staaten erlaubt ist. Mit Hilfe des sogenannten „Death with Dignity Act“ (Gesetz für ein Sterben in Würde) bekamen seit 1997 bereits 1173 Sterbenskranke ein tödliches Betäubungsmittel verschrieben, 752 nahmen sich damit tatsächlich das Leben. Maynard habe sich gewünscht, dass Patienten in ihrem Heimatstaat ähnliche Rechte genießen würden, heißt es im Nachruf der Familie, der am Sonntag auf Maynards Website auftauchte. „Die Freiheit liegt in der Wahl“, habe sie geglaubt.

Nach einer Art öffentlichem Countdown bis zum Tod verfasste Maynard am Samstag schließlich eine Abschiedsnachricht und setzte sie per Facebook-Post in die Welt. „Die Welt ist ein wunderschöner Ort, Reisen sind mein größter Lehrer gewesen, meine engen Freunde und Eltern sind die größten Geber. Ich habe sogar einen Ring der Unterstützung um mein Bett während ich tippe.“

Besondere Worte widmete sie ihrem 43 Jahre alten Mann Dan Diaz („mein süßer, schlauer Mann“) sowie ihrer 56 Jahre alten Mutter („mein selbstloses, gebendes Vorbild“), ihrem 72-jährigen Stiefvater („bester Stiefvater aller Zeiten“) und einigen weiteren engen Vertrauten. Dann schloss sie mit den Worten: „Ade, Welt. Verbreitet gute Energie. Reicht es weiter!“ dpa