Braunschweig. Beim Besuch in Braunschweig sprach die Botschafterin Palästinas über den Nahost-Konflikt und Israel.

Schnell soll die Zwei-Staaten-Lösung kommen. Das wünscht sich Khouloud Daibes, Palästinas neue Botschafterin in Deutschland. Daibes war zuvor fünf Jahre lang Tourismus-Ministerin. Beim Besuch in Braunschweig sprach sie mit Armin Maus und Andre Dolle über Israel und den Nahost-Konflikt.

Die USA und der Iran nähern sich an. Was bedeutet das für die Möglichkeiten Palästinas?

All das, was in der Region passiert, beeinflusst den Konflikt zwischen Israel und Palästina, insbesondere weil Palästina unter israelischer Besatzung steht. Es gibt weniger Druck aus dem Iran. Das ist positiv. Nun ist eine andere Nahost-Politik der USA notwendig, weil der Ruf nach Demokratie in einigen Ländern stärker wird.

Damit Israel auf seine Atomwaffen verzichtet, müsste es stabile Sicherheitsgarantien geben, die den Schutz Israels gewährleisten. Was könnte Palästina dazu beitragen?

Man sollte keinen Unterschied machen, ob die Gefahr einer atomaren Bedrohung von Israel oder dem Iran ausgeht. Der Missbrauch atomarer Waffen ist immer zerstörerisch. Wir Palästinenser wissen, was der Alltag unter Besatzung bedeutet. Wir wollen einen eigenen souveränen Staat, damit sichere Bedingungen herrschen. Palästina kann unter Besatzung schwer für die Sicherheit seiner Besatzer garantieren. Wir haben uns dennoch in den vergangenen Jahren an einen gewaltfreien Widerstand gehalten. Das sollte honoriert werden. Nur mit dem Ende der Besatzung kann es zu einer Normalisierung kommen. Übrigens beinhaltet die Arabische Friedensinitiative genau diese Forderung nach dem Ende der Besatzung gegen die Normalisierung der Beziehungen zu Israel.

Wie beschreiben Sie Ihr Verhältnis zur radikalislamischen Hamas?

Die Hamas ist ein Teil der palästinensischen Gesellschaft. Sie ist ein Ergebnis der perspektivlosen politischen Situation Palästinas.

Man kann auch sagen, dass sich Israel nicht bewegt, weil die Hamas Raketen fliegen lässt.

Wenn man Raketen hört, hat man gleich den Eindruck, es handele sich hier um schwere militärische Geschütze. Es sind sehr primitive Waffen. Das Töten von Menschen ist für die palästinensische Regierung aber eine rote Linie. Das geht nicht. In Gaza herrscht aber keine normale Situation. Wie sollen sich die Menschen dort normal verhalten? Es gab durch die Vereinbarungen zwischen der Hamas und Israel einen Waffenstillstand, woran sich die Hamas hält. Die Hamas spricht mittlerweile die Sprache der palästinensischen Führung. Sie ist bereit, zu verhandeln, sie ist bereit, einen palästinensischen Staat auf den Grenzen von 1967 zu akzeptieren. Das palästinensische Volk ist bunt, wir müssen es schaffen, die Hamas ins politische System zu integrieren.

Sie sagen, Palästina ist bunt. Man könnte auch sagen, Palästina ist zersplittert. Was ist so schwer daran, mit einer Stimme zu sprechen?

Wenn es um die großen, nationalen Fragen geht, sprechen wir mit einer Stimme: Wir wollen die Befreiung Palästinas, wir wollen einen souveränen eigenen Staat, Ost-Jerusalem als Hauptstadt, eine faire Lösung für Flüchtlinge.

Die Methoden, um diese Ziele zu erreichen, sind aber unterschiedlich.

Wir haben gerade in Deutschland, einem Land mit langer demokratischer Tradition, erlebt, wie schwierig die Verhandlungen zur Großen Koalition waren. Palästina ist zwar vielfältig und bunt, es ist aber nicht zersplittert. Die meisten palästinensischen Jugendlichen aus Gaza können nicht in die Westbank, nicht nach Jerusalem, ich darf nicht nach Gaza. Das sind Fakten, die durch die Besatzung geschaffen werden. Sie fördert eine Spaltung Palästinas.

Was könnte Deutschland, was könnte die EU tun?

Die Friedensstimmen in Israel sind schwach geworden. Das Interesse daran, zu wissen, was auf der anderen Seite der Mauer passiert, ist kaum existent. Die Besatzung ist nicht sichtbar für die Israelis. Sie ist auch nicht teuer für Israel, denn die Weltgemeinschaft zahlt. Palästina ist auf die Hilfe anderer angewiesen. Wenn der Druck auf Israel nicht von innen kommt, muss er von außen kommen.

Was kann Palästina selbst zum Friedensprozess beitragen?

Wir wollen die Zwei-Staaten-Lösung. Wir halten uns an den gewaltfreien Widerstand. Wir sind bemüht, Ruhe in die gesamte Region zu bringen. Wir akzeptieren einen eigenen Staat in den Grenzen von 1967 mit 22,8 Prozent der Fläche des historischen Palästinas. Das ist das Minimum. Alles andere ist nicht verhandelbar. Wir sind bereit, internationale Truppen zu akzeptieren, die die Grenzen bewachen. Das ist unser Beitrag zum Frieden, damit es endlich zu einer Lösung kommt.

Sie sind Christin, Weihnachten steht vor der Tür. Welche Wünsche haben Sie?

Weihnachten ist eine schöne Zeit. Wir sind sehr stolz darauf, dass sich die Geburt Jesu Christi vor rund 2000 Jahren bei uns zugetragen hat. Bethlehem ist eine palästinensische Stadt. Jedes Jahr hoffen wir erneut, und auch ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass endlich Frieden ins Heilige Land einkehrt, dass in den aktuellen Friedensverhandlungen ein Wunder wie damals geschieht – und eine Vereinbarung entsteht, die für beide Seiten akzeptabel ist.

Krippenschnitzer

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Die Botschafterin Palästinas, Khouloud Daibes (47), traf am Sonntag im Dom auf Sami Abu-Aita (Mitte), den Krippenschnitzer aus Bethlehem.

Der Dom unterstützt seit 16 Jahren die christlichen Schnitzerfamilien durch den Verkauf ihrer Arbeiten. Daibes kam auf Einladung von Domprediger Joachim Hempel (rechts) nach Braunschweig. Sie studierte in Hannover Architektur und hatte bereits als Studentin den Braunschweiger Dom besucht. Hempel und Daibes trafen sich in Bethlehem, als die Botschafterin noch Tourismus-Ministerin war.