Den Haag/Zagreb. Kroatien feiert wie im Trance, Serbien verharrt in Schockstarre: Der völig überraschende Freispruch der beiden kroatischen Generäle Gotovina und Markac durch das UN-Kriegsverbrechertribunal hat die nationalen Gefühle der früheren Kriegsgegner wieder hochgehen lassen.

Hunderttausende feierten in ganz Kroatien überschwänglich den Freispruch der Generäle Ante Gotovina und Mladen Markac. In Zagreb bereiteten mehr als zehntausend Bürger den immer noch als Kriegshelden Verehrten einen begeisterten Empfang. Zuvor hatte eine Berufungskammer des UN-Kriegsverbrechertribunals in Den Haag die von der ersten Instanz verhängten Gefängnisstrafen von 24 und 18 Jahren aufgehoben.

Die beiden Angeklagten hätten nicht die Vertreibung von mehr als 200 000 Serben im August 1995 bei der Rückeroberung kroatischen Territoriums geplant, begründete der Vorsitzende Richter Theodor Meron das Urteil. Es habe sich bei der Militäraktion «Sturm», mit der ein Drittel des von Serben besetzten Landes zurückerobert wurde, um die legitime Verteidigung eines Landes gehandelt.

«Kroatien ist unschuldig» und «Sieg der Wahrheit», titelten die Zeitungen. «Keine Kriegsverbrecher, sondern Volkshelden», skandierten im ganzen Land Abertausende.

Staatspräsident Ivo Josipovic zeigte sich «äußerst zufrieden» und ließ die Generäle mit seinem Dienstflugzeug aus Den Haag nach Hause holen. «Es fällt mir ein Stein von Herzen», sagte Regierungschef Zoran Milanovic erfreut. «Gotovina und Markac sei Dank, dass sie so lange für Kroatien ausgehalten haben.»

Serbien als der Gegner im Bürgerkrieg (1991-1995) zeigte sich schockiert. Das Tribunal habe mit dem Urteil «jede Glaubwürdigkeit verloren», sagte für die Regierung Minister Rasim Ljajic, der auch für die Beziehungen zu Den Haag zuständig ist.

«Nach diesem Urteil kann man mit vollem Recht das größte Pogrom in der Welt nach dem Zweiten Weltkrieg feiern», empörte sich der serbische Staatspräsident Tomislav Nikolic. «Dieses Urteil ist erniedrigend für das serbische Volk und für alle Opfer», kritisierte auch der Parlamentspräsident.

Kroatien wurde von einer Welle der Begeisterung überrollt. Alle TV-Sender berichteten in Dauersendungen über den Jubel und zeigten Dokumentationen über die Kriegsgräuel, untermalt von patriotischen Liedern. In den Straßen und Kneipen wie auf den zentralen Plätzen der großen Städte tanzten die Menschen und lagen sich nach der Urteilsverkündung weinend in den Armen. In vielen Landesteilen erhielten die Kinder zur Feier des Tages schulfrei.

Die beiden Generäle, die sich lange zum Teil durch Flucht dem Tribunal hatten entziehen können, standen seit viereinhalb Jahren vor Gericht. Sie waren wegen Mordes, Plünderung, Vertreibung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt, die bei der Rückeroberung der von Serben besetzten kroatischen Gebiete begangen worden waren. Knapp 2000 identifizierte Menschen kamen damals ums Leben, die große Mehrheit von ihnen Zivilisten. Mehr als 200 000 Serben wurden vertrieben. Kroatien feiert die Militäraktion jährlich mit einem «Tag des Sieges und der Dankbarkeit». (dpa)

Urteil