Von einer Waffenruhe ist in Syrien nichts mehr zu spüren. Landesweit gehen die Kämpfe weiter. In Aleppo bekriegen sich Rebellen und Angehörige der kurdischen Minderheit.

In Syrien geht das Blutvergießen trotz der zum islamischen Opferfest vereinbarten Waffenruhe weiter. Die Opposition berichtete am Samstag von landesweiten Kämpfen zwischen Rebellen und Regierungstruppen. Dabei seien 20 Menschen getötet worden. Gegen die eigentlich seit Freitagmorgen geltende viertägige Feuerpause wurde nach Erkenntnissen syrischer Aktivisten 220 Mal verstoßen. Auch zwischen Arabern und Kurden kam es zu Gewalt.

Oppositionelle aus Aleppo berichteten von stundenlangen bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Rebellen und Kurden. Auslöser soll der Versuch von Regime-Gegnern gewesen sein, in den kurdisch-christlichen Stadtteil Aschrafijeh einzudringen. Damit hätten sie gegen eine Vereinbarung mit den Kurden und den Christen der Stadt verstoßen, die sich bislang aus den Gefechten herausgehalten haben. Den Berichten zufolge kamen 19 Rebellen und 10 Kurden ums Leben.

Die Kurden werfen vor allem der radikal-islamischen Al-Nusra-Front vor, den Bürgerkrieg nun auch in die neutralen Bezirke tragen zu wollen. Kurden und Christen gehören zu den Minderheiten in Syrien. Nur wenige Christen stehen aufseiten der Opposition. Unter den Kurden gibt es Anhänger wie Gegner des Regimes.

Die syrischen Menschenrechtsbeobachter berichteten ferner von einer heftigen Explosion in der östlichen Provinz Deir as-Saur. Dabei seien mindestens fünf Menschen getötet worden. «Keine Seite scheint bereit zu sein, mit den Kämpfen aufzuhören», kommentierte der Chef der Gruppe in London, Rami Abdel Rahman. Es sehe so aus, als ob die Waffenruhe scheitern werde, sagte er der Nachrichtenagentur dpa.

In der südlichen Provinz Daraa töteten Heckenschützen den Angaben zufolge einen Mann und ein Kind. Aktivisten meldeten auch Kämpfe im Großraum Damaskus sowie in Idlib, in der Nähe der türkischen Grenze. Dort war die Waffenruhe am Freitag zum ersten Mal gebrochen worden, als unter anderem Anhänger der Al-Nusra-Front versuchten, einen Militärstützpunkt zu stürmen. Die dem Terrornetz Al-Kaida nahestehenden Islamisten hatten schon vor einigen Tagen verkündet, sie ignorierten die Waffenruhe.

Die syrischen Streitkräfte hatten am Donnerstag der vom UN-Vermittler Lakhdar Brahimi vorgeschlagenen Feuerpause zugestimmt, sich aber vorbehalten, auf Verstöße zu reagieren. Die bewaffnete Opposition hatte sich schon vorher einverstanden erklärt, über die Feiertage die Kämpfe einzustellen, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sich auch die Armee daran hält.

Beobachter betrachteten die Waffenruhe von Anfang an skeptisch. Erst im April war ein Versuch gescheitert, die Gewalt zu beenden. Damals hatte Brahimis Vorgänger Kofi Annan eine Waffenruhe ausgehandelt, die jedoch sofort wieder gebrochen wurde. Der seit März 2011 andauernde Konflikt hat inzwischen mehr als 30 000 Menschen das Leben gekostet. (dpa)