Havanna. Früher galten sie als Vaterlandsverräter, künftig dürfen kubanische Flüchtlinge wieder in ihre Heimat zurückkehren. Das sehen neue Maßnahmen der Migrationsreform vor, die am Mittwochabend im kubanischen Staatsfernsehen verkündet wurden.

Betroffen von der Reform sind Kubaner, die nach 1994 vor allem in die USA geflohen sind und acht Jahre im Ausland gelebt haben. Bislang vertraten die Behörden den Standpunkt, Flüchtlinge hätten das Recht auf eine Rückkehr nach Kuba verwirkt.

Die Reform zielt offensichtlich darauf ab, der Abwanderung dringend benötigter Fachkräfte, die der kubanischen Gesellschaft fehlen, entgegenzuwirken. «Die Maßnahmen werden angewendet, obwohl die USA an ihrem blinden Eifer festhalten, die kubanische Revolution zu zerstören», schrieb die Regierungsseite Cubadebate am Donnerstag.

Profitieren dürften auch Sportler, Wissenschaftler und Ärzte, die dem sozialistischen Regime den Rücken gekehrt hatten. Zwischen Juli und August 1994 flüchteten - teils auf kaum seetüchtigen Floßen - massenhaft Kubaner in die USA. Nach Schätzungen verließen mehr als 30 000 Menschen die Insel. Die Regierungen von Fidel Castro und dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton schlossen daraufhin im August 1994 das Abkommen, in dem Havanna zusagte, eine Massenflucht künftig zu verhindern. Washington versprach im Gegenzug, Visa für eine legale Einwanderung auszustellen.

Erst vor wenigen Tagen hatte die kubanische Regierung die bisher geltenden Reisebeschränkungen weitgehend aufgehoben. Das sozialistische Regime kündigte am 16. Oktober an, dass die Bürger vom 14. Januar 2013 an keine Ausreiseerlaubnis mehr benötigen. Um das Land zu verlassen, reiche dann ein Pass und ein Einreisevisum des Ziellandes. Eine Einladung aus dem Ausland sei nicht mehr erforderlich.

Bei der Rückkehr der Flüchtlinge sind Einschränkungen vorgesehen. So sind diejenigen von der Maßnahme ausgenommen, die das Land über den US-Stützpunkt Guantánamo verlassen haben. Staatsratssekretär Homero Acosta teilte im Fernsehen mit, dies geschehe «aus Gründen der Verteidigung und der nationalen Sicherheit». Hintergrund der Maßnahme ist die Vermutung, dass diese Kubaner mit Hilfe der Amerikaner geflohen und somit Kollaborateure der USA sein könnten.

Die Reform der Reisepolitik war von den rund 11 Millionen Kubanern sehnlichst erwartet worden, seit Präsident Raúl Castro vor sechs Jahren die Führung des Landes von seinem Bruder Fidel übernommen hatte. Bisher benötigte jeder Bürger der sozialistischen Karibikinsel eine Erlaubnis der Regierung, um sein Land zu verlassen. Diese Genehmigungen wurden willkürlich vergeben und Regimekritikern oft verweigert. Kubaner brauchen aber für die meisten Länder der Welt auch ein Einreisevisum, das sie oft nur mit Mühe bekommen. (dpa)

Bericht Cubadebate