Moskau. Fünf Tage nach dem Wagner-Aufstand trifft sich Putin mit den vermeintlichen Verrätern – wohl auch, um eine Wiederholung auszuschließen.

Nach dem abgesagten Aufstand seiner Söldner war tagelang unklar, wo sich Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin aufhält. In Belarus, wohin er und seine Söldner ins Exil gehen sollten, war er offenbar nicht sehr lange. Bereits fünf Tage nach der Rebellion war er wieder zurück in Russland und traf in Moskau den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Inzwischen hat dies auch Kremlsprecher Dmitri Peskow vor Journalisten bestätigt.

Teilgenommen habe die Führungsspitze von Prigoschins Privatarmee. „Tatsächlich hatte der Präsident ein solches Treffen, er lud 35 Personen dazu ein – alle Kommandeure der Abteilungen und die Führung des Unternehmens, darunter auch Prigoschin selbst.“ Fast drei Stunden habe man gesprochen, über Einzelheiten wollte Peskow nichts sagen, nur so viel: „Das Einzige, was wir sagen können, ist, dass der Präsident eine Einschätzung des Vorgehens des Unternehmens am 24. Juni abgegeben hat.“

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Laut Peskow hörte sich Putin auch die Erläuterungen der Wagner-Kommandeure zum Marsch auf Moskau an und bot ihnen „Alternativen für ihre zukünftige Arbeit und ihren Einsatz für militärische Zwecke“. „Die Kommandeure selbst präsentierten ihre Version des Geschehens, betonten, dass sie überzeugte Anhänger und Soldaten des Staatsoberhauptes und des Oberbefehlshabers seien“, so Peskow weiter. Zudem hätten sie gesagt, dass sie bereit seien, weiter für ihr Vaterland zu kämpfen.

Prigoschins Konflikt mit der Militärführung bleibt ungelöst

Prigoschins Kämpfer werden wohl zunächst ins Exil nach Belarus gehen. Laut den Experten des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) werden dort drei Militärlager aufgebaut. Von 300 Zelten ist die Rede, bis zu 15.000 Wagner-Söldner könnten dort untergebracht werden. Doch dort werden sie womöglich nicht allzu lange bleiben. In einer Audiobotschaft, veröffentlicht nach der Rebellion, hatte Prigoschin angekündigt, dass in naher Zukunft jeder „unsere nächsten Siege an der Front“ sehen werden“.

Jewgeni Prigoschin und Wladimir Putin (r.) sollen sich ausgesprochen haben – mit unklarem Ausgang.
Jewgeni Prigoschin und Wladimir Putin (r.) sollen sich ausgesprochen haben – mit unklarem Ausgang. © dpa | UncreditedAlexei Druzhinin

Unklar ist, wann diese Audiobotschaft aufgenommen wurde. Belarus ist Aufmarsch- und vor allem Nachschubgebiet des russischen Militärs. Die kampferprobte Wagner-Truppe könnte dort jederzeit neu bewaffnet und in Marsch gesetzt werden. Die Ukraine hat vor diesem Hintergrund die eigenen Truppen an der Grenze noch einmal aufgestockt – auch wenn ein weiterer Versuch, von Norden anzugreifen, unwahrscheinlich scheint.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Zudem gibt es noch einen ganz anderen offenen Konflikt. Schon vor seinem Marsch auf Moskau kämpfte Prigoschin mit zum Teil harten verbalen Bandagen gegen Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu und dessen Generalsstabchef Waleri Gerassimow. „Die meisten Kommandanten werden mir zustimmen, dass die Führung des Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation eine Gemeinschaft von Laien ist“, durfte ein Wagner-Kommandeur, jüngst ausgezeichnet als „Held Russlands“, auf Telegram schreiben.

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General Gerassimow wieder da, Surowikin bleibt verschwunden

Laut einer aktuellen Umfrage des unabhängigen Meinungsforschungsinstituts Lewada befürworten 46 Prozent der russischen Bevölkerung Prigoschins Kritik. Möglicherweise reagiert der Kreml nun darauf. Die Zeitung „Moscow Times“ berichtete unter Bezug auf die Telegram-Kanäle Rybar und Romanov Light, Generalstabschef Gerassimow müsse den Oberbefehl über den Ukraine-Einsatz abgeben. Demnach werde er durch Generaloberst Michail Teplinski ersetzt. Offiziell bestätigt ist dies nicht.

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Gut zwei Wochen nach der Rebellion ist Gerassimow aber erstmals wieder öffentlich aufgetreten. Das Verteidigungsministerium veröffentlichte ein Video, das ihn bei einer Sitzung mit führenden Generälen am vergangenen Sonntag zeigen soll. In diesem Video wird er als Chef des Generalstabs der russischen Streitkräfte bezeichnet, also mit seinem offiziellen Posten. Damit will das Ministerium wohl demonstrieren, dass Gerassimow seinen Posten bislang behalten hat.

Unklar ist das Schicksal des Prigoschin-Vertrauten Sergej Surowikin, Er ist Gerassimows Stellvertreter als Kommandant des Militäreinsatzes in der Ukraine. Auf dem Video ist der 56-Jährige nicht zu sehen, wird von seinem Stellvertreter vertreten. Nicht bekannt ist, wo sich Surowikin, der wegen seines massiven Vorgehens in Syrien auch „General Armageddon“ genannt wird, derzeit aufhält. Spekuliert worden war unter anderem über seine Verhaftung und über einen möglichen Hausarrest.

NameWladimir Wladimirowitsch Putin
Geburtsdatum7. Oktober 1952
GeburtsortSankt Petersburg
AmtPräsident der Russischen Föderation
Im Amt seit2000 (Unterbrechung von 2008 bis 2012)
FamilienstandGeschieden, mindestens zwei Kinder
Größeca. 1,70 Meter