Johannesburg/Berlin. Simbabwes Staatschef Robert Mugabe hat am Dienstag nach 37 Jahren an der Macht das Amt abgegeben. Aus dem Versöhner wurde ein Despot.

Nur Gott könne ihn aus seinem Amt abberufen, betonte Simbabwes Langzeitherrscher Robert Mugabe immer wieder. Er kokettierte gern mit seinem Machtanspruch, der für ihn in Stein gemeißelt war. Dabei ging dem 93-Jährigen offenbar der Sensor dafür verloren, dass sich etwas gegen ihn zusammenbraute. Vor knapp einer Woche putschte das Militär gegen ihn, der Staatschef wurde unter Hausarrest gestellt. Doch Mugabe weigerte sich, abzutreten.

Am Dienstagnachmittag musste er erkannt haben, dass jeglicher Widerstand zwecklos ist. Nach 37 Jahren an der Macht trat er zurück. Er gebe sein Amt mit sofortiger Wirkung auf, erklärte er in einem Schreiben. „Meine Entscheidung zum Rücktritt ist freiwillig“, behauptete er. Mit dem Schritt wolle er sicherstellen, dass es einen geordneten Machtübergang gebe.

Tausende Menschen feierten auf den Straßen

Das Parlament, das gerade über ein Amtsenthebungsverfahren beriet, brach bei der Verkündung der Nachricht durch Parlamentspräsident Jacob Mudenda in Jubel aus. Die Sitzung wurde unterbrochen. Auf den Straßen versammelten sich Tausende Menschen und feierten. Bereits am Sonntag war Mugabe von seiner Partei Zanu-PF ausgeschlossen worden. Unklar war zunächst, wer nun die Verantwortung für das Land mit seinen etwa 14 Millionen Einwohnern trägt. Ziel sei es, bis Mittwochabend einen Nachfolger im Amt zu haben, unterstrich Parlamentspräsident Mudenda. Man müsse noch juristische Fragen klären.

Robert Mugabe und seine Frau Grace Mugabe im Jahr 2008.
Robert Mugabe und seine Frau Grace Mugabe im Jahr 2008. © dpa | -

Auslöser der jetzigen Staatskrise war Mugabes Entlassung von Vizepräsident Emmerson Mnangagwa in diesem Monat. Damit wollte Mugabe die Amtsübergabe an seine Frau Grace erleichtern, die viele Simbabwer wegen ihres verschwenderischen Lebensstils ablehnen. Der Machtverlust geht aber nicht auf Proteste der Bürger, sondern auf rivalisierende Mitglieder der Machtelite zurück. Als aussichtsreichster Kandidat gilt Mugabes langjähriger Weggefährte Mnangagwa. Doch auch der ist nicht unumstritten. Er diente Mugabe jahrzehntelang und wird kritisiert, weil er politische Gegner unterdrückt haben soll. Mnangagwa hält sich derzeit im Ausland auf.

Mugabe wurde immer machthungriger

Mugabes Verdienste bei der Überwindung des weißen Minderheitsregimes und der Einführung der Demokratie 1980 sind unbestritten. Doch er wurde immer machthungriger und verlor den Blick für die Probleme der Menschen. Aus der Kornkammer des südlichen Afrikas wurde ein verarmtes, hungriges Land. Die Infrastruktur verfiel, die Währung kollabierte, Hunderttausende flohen. Mugabes frühere Bewunderer waren schwer enttäuscht. Der ehemalige südafrikanische Erzbischof Desmond Tutu, der für seinen Einsatz gegen die Apartheid 1984 den Friedensnobelpreis erhalten hatte, bezeichnete Mugabe als Karikatur eines afrikanischen Despoten.

Mugabe engagierte sich bereits Anfang der 1960er-Jahre im politischen Kampf gegen das rhodesische Siedlerregime. Dafür musste er zehn Jahre lang ins Gefängnis. Nach seiner Haftentlassung 1974 ging er ins Nachbarland Mosambik und wurde schnell einer der bedeutendsten Guerillaführer im Kampf gegen das weiße Regime von Regierungschef Ian Smith. Nach Jahren des Guerillakampfes gewann Mugabes Partei 1980 die Parlamentswahlen. Er wurde Premierminister, 1982 auch Präsident.

Misswirtschaft und Machtmissbrauch

Der stets elegant gekleidete Intellektuelle und brillante Rhetoriker verblüffte Freund und Feind zunächst mit einem auf Ausgleich zwischen Schwarz und Weiß zielenden Versöhnungskurs. Die Wirtschaft wuchs, die Regierung investierte erfolgreich ins Gesundheits- und Bildungswesen. Die Alphabetisierungsrate stieg rasant. Mugabe sorgte für ein – bis heute anhaltendes – Klima, in dem gute Bildung von allen Familien als Priorität betrachtet wird. Damit war er für viele der Archetyp eines erfolgreichen und modernen afrikanischen Regierungschefs.

Mit einem Beschluss zur Enteignung weißer Landwirte brach Mugabe Ende der 90er-Jahre mit der Politik der Versöhnung gegenüber Weißen. 1999 wurden über 800 Großfarmer entschädigungslos enteignet. Mugabes Anhänger besetzten Tausende Farmen, zahlreiche weiße Landwirte und Familienmitglieder wurden getötet. Viele Farmen wurden an Verbündete Mugabes gegeben, die keine Erfahrung mit Landwirtschaft hatten, oder an überforderte schwarze Kleinbauern. Die Produktion von Mais und Tabak brach rasant ein.

Zur Misswirtschaft kam immer stärker der Machtmissbrauch. Mögliche Rivalen und Kronprinzen hat Mugabe immer wieder kalt gestellt, er wollte keine geregelte Nachfolge. Diese Sorge scheint ihm nun die Armee abgenommen zu haben.