Berlin. Die Presse im Ausland sieht die Lage von Kanzlerin Merkel sehr kritisch. Ihr sei „die Magie der Macht“ abhandengekommen, heißt es da.

  • Auch im Ausland wird das Scheitern der Jamaika-Sondierungen aufmerksam beobachtet
  • Die internationale Presse bewertet Kanzlerin Merkels Lage überwiegend kritisch
  • Es gibt auch Stimmen, die Merkel als mögliche Nutznießerin der Situation sehen

Das Scheitern der Jamaika-Sondierung wird auch im Ausland mit Spannung beobachtet. In vielen Tageszeitungen wird am Dienstag vor allem die Rolle von Bundeskanzlerin Angela Merkel beleuchtet – in den meisten Fällen sehr kritisch.

• „Times“ (Großbritannien): „Die Bundeskanzlerin hatte im September die Wahlen nach einem dürftigen Wahlkampf nur knapp gewonnen. Aber es wurde weithin angenommen, dass sie als Chefin der größten Partei, der Christdemokraten, dennoch in der Lage sein würde, eine stabile Koalitionsregierung zustandezubringen. Stattdessen ist sie nun mit der schwersten politischen Krise ihrer zwölfjährigen Herrschaft konfrontiert. Ihre Tage sind gezählt.“

• „Neue Zürcher Zeitung“ (Schweiz): „Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Merkel die Magie der Macht abhandengekommen ist. Stattdessen stellt sich Ratlosigkeit ein. Die naheliegende Antwort darauf ist, das Volk zu befragen. Zwar lehnen die meisten Kommentatoren und Politiker – namentlich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier – diese ungewohnte Option reflexartig ab. Zudem sagten die Meinungsumfragen bisher voraus, dass eine Neuwahl die Machtverhältnisse nicht wesentlich ändern würde. Doch das war vor dem Scheitern von Jamaika.“

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• „Nepszava“ (Ungarn): „Jetzt ist es sogar ungewiss, ob Angela Merkel Kanzlerin bleiben wird. Mit Blick auf die Zukunft der EU ist das eine dramatische Nachricht. Die deutsche Kanzlern ist die einzige, die nicht nur für die EU-Reformvorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron ein offenes Ohr hat, sondern die es auch versteht, mit den mittel-osteuropäischen Rebellen (wie dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban) im Gespräch zu bleiben. Ohne Angela Merkel können wir uns ein einheitliches Europa derzeit praktisch nicht vorstellen.“

• „De Tijd“ (Belgien): „Natürlich darf man eine Politikerin vom Format Angela Merkels niemals abschreiben, auch nicht im Falle von Neuwahlen in Deutschland. Sie hat stets große Elastizität bewiesen. Doch die jetzige Krise geht tief. Zumindest hängen düstere Wolken über ihrer Zukunft. Obendrein dürfte ein Wahlkampf die politischen Gegensätze erneut schüren. Am Ende könnte die Bundeskanzlerin durchaus eher das Problem als die Lösung sein.“

Steinmeier will Krise ohne Neuwahlen lösen

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    • „Die Presse“ (Österreich): „Wenn sie in gewohnter Manier die Nerven bewahrt, kann Angela Merkel die große Nutznießerin des Jamaika-Desasters sein. Die Deutschen haben eine tiefe Sehnsucht nach Stabilität. Gut möglich, dass sie bei Neuwahlen vermehrt für die Kanzlerin stimmen würden, damit nur ja klare Verhältnisse entstehen. Genau deshalb fackelte Merkel nicht lang und stellte klar, dass sie Neuwahlen anstrebe und dabei als Spitzenkandidatin antreten werde.“

    Die Tageszeitung „La Repubblica“ (Italien) titelt am Dienstag auf Seite 1: „Deutschland – Merkels Krise“.

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    • „Gazeta Wyborcza“ (Polen): „Das Ende der Sondierungsgespräche kann das Ende von Merkels politischer Karriere bedeuten, für sie ist das ein großer Imageschaden. Vor allem wenn das schlimmste Szenario wahr wird und es zu Neuwahlen kommt. Dann könnten die Deutschen die Kanzlerin zwar stärker unterstützen, man kann aber auch nicht ausschließen, dass die CDU Stimmen verliert und die Populisten der AfD dazugewinnen. Dann könnten Appelle, Merkel für ihre bisherige Politik und das Hereinlassen Hunderttausender Migranten im Jahr 2015 zur Rechenschaft zu ziehen, wahr werden. Es ist vorstellbar, dass die Partei Merkel zwingt, in den politischen Ruhestand zu gehen.“ (dpa)