Berlin. Der FDP-Mann Hans-Ulrich Rülke wird im Netz für eine Rede gefeiert. Darin nahm er die AfD auseinander – und nannte Björn Höcke Bernd.

So viel Aufmerksamkeit war selten für eine Landtagsrede: Mehr als 700.000 Klicks hat der Beitrag von Hans-Ulrich Rülke, FDP-Fraktionschef in Baden-Württemberg, inzwischen auf Facebook gesammelt. Die Kommentare dazu reichen von „Wer hätte gedacht, dass ich die FDP mal gut finden werde“ über „Sie treffen den Nagel auf den Kopf!“ bis „Allererste Sahne!“. Rülkes Ziel: die

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Einmal in Schwung gekommen war der FDP-Politiker kaum zu bremsen. Er wetterte gegen den AfD-Parteichef Jörg Meuthen, der den baden-württembergischen Ministerpräsidenten für eine Schmähung der AfD-Wähler kritisiert hatte, reagierte schlagfertig auf einen Fauxpas der Landtagspräsidentin und leistete sich selber einen „Versprecher“, der allerdings gewollt gewesen sein dürfte.

Das waren Rülkes beste Szenen:

• Rülke hielt Meuthen den Spiegel vor. Der hatte sich darüber echauffiert, dass Ministerpräsident Kretschmann (Grüne) die AfD-Wähler als „Bodensatz“ bezeichnet hatte – eine Äußerung, für die sich Kretschmann inzwischen entschuldigt hat. Rülke: „Wenn ausgerechnet Sie, Herr Meuthen, sich aufschwingen zum Opfer, das ist schon sehr bemerkenswert.“ Schließlich habe der AfD-Chef erst vor kurzem ganz Baden-Württemberg als „linksgrün versifft“ bezeichnet.

„Sie haben das ganze Land beleidigt. Und dem Ministerpräsidenten werfen Sie vor, dass er sechs Millionen Wähler beleidigt hat. Das war eine pauschale Verunglimpfung, die Sie sich da geleistet haben, Herr Meuthen. Und deshalb sind Sie nicht qualifiziert, um hier zu richten!“

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• Als sich Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) einen Versprecher leistete und eine Bitte an Rülke mit den Worten begann „Herr Dr. Meuthen, lassen Sie eine Zwischenfrage ...“, nutzte Rülke das als Steilvorlage. „Frau Präsidentin, ich erteile Ihnen eine Ordnungsruf für diese Verwechslung“, sagte Rülke grinsend. Der Plenarsaal lachte.

• Der beste Gag war aber wohl jener über Björn Höcke. Nonchalant taufte er den AfD-Fraktionsvorsitzenden im Thüringer Landtag in „Bernd“ um. Von Zwischenrufen aus der AfD-Fraktion ließ sich Rülke nicht irritieren. „Wie bitte? Wie heißt er denn?“, fragte Rülke, als wüsste er nicht, was er falsch gemacht hatte, und winkte ab. „Also der Mann heißt Bernd, ich weiß es definitiv – aus der ,heute-show’.“ Die ZDF-Satiresendung nennt Björn Höcke schon seit langem Bernd.

• Rülke hatte aber nicht nur Scherze zu Höcke auf Lager, sondern lieferte auch Substanzielles. Er zitierte „Bernd“ Höcke, der gesagt hatte: „Ich will, dass Deutschland nicht nur eine 1000-jährige Vergangenheit hat, sondern auch eine 1000-jährige Zukunft.“ Rülke wandte sich erbost in Richtung der AfD-Fraktion: „Sie wissen genau, was die Assoziationen zu diesen 1000 Jahren sind. Das ist Nazi-Diktion, meine Herren! Und so was verteidigen Sie!“

Da sich die AfD auf ihrer Weltbildscheibe so lange nach rechts bewege, dass sie bald rechtsaußen herunterfalle, habe sie jegliches Recht verwirkt, andere zu geißeln, sagte Rülke weiter. Und wer glaube, die AfD dürfe das, weil sie eine junge Partei sei, dem gab Rülke mit auf den Weg: „So wie Sie Politik machen, wird aus dieser jungen Partei niemals eine ältere.

Das sind die Gesichter der AfD

Bernd Lucke gründete im Februar 2013 die Alternative für Deutschland. Er wurde ihr erster Vorsitzender und das Gesicht der Partei. Zu Beginn stand vor allem die Kritik am Euro im Mittelpunkt.
Bernd Lucke gründete im Februar 2013 die Alternative für Deutschland. Er wurde ihr erster Vorsitzender und das Gesicht der Partei. Zu Beginn stand vor allem die Kritik am Euro im Mittelpunkt. © Getty Images | Volker Hartmann
Das Zerwürfnis: Im Juli 2015 auf dem AfD-Parteitag in Essen kam es zum Bruch zwischen Parteichef Bernd Lucke und der Co-Vorsitzenden Frauke Petry. Lucke verließ danach die Partei und gründete die neue Partei „Alfa“, die inzwischen Liberal-Konservative Reformer (LKR) heißt. Petry führte seitdem die AfD.
Das Zerwürfnis: Im Juli 2015 auf dem AfD-Parteitag in Essen kam es zum Bruch zwischen Parteichef Bernd Lucke und der Co-Vorsitzenden Frauke Petry. Lucke verließ danach die Partei und gründete die neue Partei „Alfa“, die inzwischen Liberal-Konservative Reformer (LKR) heißt. Petry führte seitdem die AfD. © Getty Images | Volker Hartmann
Bei dem Streit zwischen Bernd Lucke und Frauke Petry ging es nicht nur um die Macht in der AfD, sondern auch um deren Kurs. Unter Petry verlagerte sich der Schwerpunkt schnell in Richtung Anti-Islam-Partei.
Bei dem Streit zwischen Bernd Lucke und Frauke Petry ging es nicht nur um die Macht in der AfD, sondern auch um deren Kurs. Unter Petry verlagerte sich der Schwerpunkt schnell in Richtung Anti-Islam-Partei. © Getty Images | Volker Hartmann
Alexander Gauland, ein ehemaliger Journalist, steht heute für das national-konservative Gesicht der AfD. Er ist Vorsitzender der AfD-Fraktion im Landtag von Brandenburg.
Alexander Gauland, ein ehemaliger Journalist, steht heute für das national-konservative Gesicht der AfD. Er ist Vorsitzender der AfD-Fraktion im Landtag von Brandenburg. © dpa | Ralf Hirschberger
Thüringens AfD-Chef Björn Höcke gehört zu den absoluten Hardlinern der AfD. Sein Auftritt bei Günther Jauch in der ARD, als er eine Deutschlandfahne aus der Jacke zog, sorgte für reichlich Schlagzeilen.
Thüringens AfD-Chef Björn Höcke gehört zu den absoluten Hardlinern der AfD. Sein Auftritt bei Günther Jauch in der ARD, als er eine Deutschlandfahne aus der Jacke zog, sorgte für reichlich Schlagzeilen. © dpa | Martin Schutt
Björn Höcke provozierte mit einer Rede über die „Reproduktionslehre“ in Afrika scharfe Kritik aus den anderen Parteien.
Björn Höcke provozierte mit einer Rede über die „Reproduktionslehre“ in Afrika scharfe Kritik aus den anderen Parteien. © imago stock&people | Stefan Zeitz
Beatrix von Storch sorgte mit bizarren Talkshow-Auftritten im Fernsehen und mit ihrer Wortmeldung zum Schusswaffeneinsatz gegen Flüchtlinge an der Grenze für Aufregung. Die Europa-Abgeordnete der AfD wurde im April 2016 aus der europaskeptischen EKR-Fraktion im EU-Parlament ausgeschlossen.
Beatrix von Storch sorgte mit bizarren Talkshow-Auftritten im Fernsehen und mit ihrer Wortmeldung zum Schusswaffeneinsatz gegen Flüchtlinge an der Grenze für Aufregung. Die Europa-Abgeordnete der AfD wurde im April 2016 aus der europaskeptischen EKR-Fraktion im EU-Parlament ausgeschlossen. © imago | Müller Stauffenberg
Alice Weidel wurde im April 2017 auf dem AfD-Bundesparteitag in Köln mit 67,7 Prozent der Stimmen zur Spitzenkandidatin gewählt.
Alice Weidel wurde im April 2017 auf dem AfD-Bundesparteitag in Köln mit 67,7 Prozent der Stimmen zur Spitzenkandidatin gewählt. © Getty Images | Sascha Schuermann
Sie bildete zusammen mit Alexander Gauland das Spitzenduo der Partei für die Bundestagswahl im September 2017.
Sie bildete zusammen mit Alexander Gauland das Spitzenduo der Partei für die Bundestagswahl im September 2017. © dpa | Rolf Vennenbernd
Siegerpose nach der Bundestagswahl am 24. September: Alexander Gauland und Alice Weidel auf der Wahlparty ihrer Partei in Berlin.
Siegerpose nach der Bundestagswahl am 24. September: Alexander Gauland und Alice Weidel auf der Wahlparty ihrer Partei in Berlin. © dpa | Jens Büttner
Unmittelbar nach der Bundestagswahl gab es einen Paukenschlag: AfD-Vorsitzende Frauke Petry (r.) ...
Unmittelbar nach der Bundestagswahl gab es einen Paukenschlag: AfD-Vorsitzende Frauke Petry (r.) ... © REUTERS | WOLFGANG RATTAY
... verließ die Pressekonferenz ihrer Partei und kündigte an, nicht der AfD-Fraktion im Bundestag angehören zu wollen. Sie wolle sich als Führungsfigur für einen „konservativen Neuanfang“ positionieren. Nach ihrem Parteiaustritt kündigte Petry an, eine neue Partei zu gründen.
... verließ die Pressekonferenz ihrer Partei und kündigte an, nicht der AfD-Fraktion im Bundestag angehören zu wollen. Sie wolle sich als Führungsfigur für einen „konservativen Neuanfang“ positionieren. Nach ihrem Parteiaustritt kündigte Petry an, eine neue Partei zu gründen. © dpa | Michael Kappeler
Und auch mit Marcus Pretzell verliert die AfD in Nordrhein-Westfalen ihren prominentesten Politiker. Er trat im Oktober 2017 aus der Partei aus.
Und auch mit Marcus Pretzell verliert die AfD in Nordrhein-Westfalen ihren prominentesten Politiker. Er trat im Oktober 2017 aus der Partei aus. © dpa | Federico Gambarini
Die AfD hat rund 20.000 Mitglieder. Bei der Bundestagswahl holte die Partei 12,6 Prozent der Stimmen und stellt nun 94 Abgeordnete . Sie bildet damit die drittgrößte Fraktion im Parlament.
Die AfD hat rund 20.000 Mitglieder. Bei der Bundestagswahl holte die Partei 12,6 Prozent der Stimmen und stellt nun 94 Abgeordnete . Sie bildet damit die drittgrößte Fraktion im Parlament. © Getty Images | Carsten Koall
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(cho)