Berlin. AfD-Spitzenkadidat Alexander Gauland im Interview über Anfeindungen gegen seine Partei, rechte Parolen und seinen Blick auf Russland.

Im Potsdamer Landtag ist Sommerpause. Doch für einen Politiker gilt das nicht: Der dortige AfD-Fraktionschef Alexander Gauland will in den Bundestag. Das Interview gibt er in seinem Landtagsbüro.

Herr Gauland, wie erleben Sie den Wahlkampf?

Alexander Gauland: Die Atmosphäre im Wahlkampf ist gut. Bei meinen beiden Auftritten in Sachsen waren jeweils 500 Leute.

In Offenbach bezeichneten Sie Gegendemonstranten als „Arschlöcher“. Das klingt nicht sehr wertkonservativ.

Gauland: Die ließen mich nicht zu Wort kommen. Die wollten die Kundgebung verhindern. Da habe ich sie als das bezeichnet. Ich lasse mich nicht niederschreien und sage „Meine sehr verehrten Damen und Herren“.

Wie erklären Sie sich den Hass vieler Menschen gegen die AfD?

Gauland: Damit, dass die Gegner der AfD intolerant und leider auch töricht sind.

Was verstehen die Gegner nicht?

Gauland: Ich betreibe keine Motivsuche. Wir sind eine normale demokratische Partei. Wir wollen nicht das Grundgesetz umstürzen, sondern den Rechtsstaat wiederherstellen und schützen. Uns werden Dinge unterstellt, die nicht stimmen.

Die AfD hat kein Problem mit Rechtsextremen in Ihren Reihen?

Gauland: Ich wüsste nicht wo. Es gibt eine klare Abgrenzung zu NPD und DVU. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung stellen wir nicht infrage.

Der AfD-Chef von Sachsen-Anhalt, Poggenburg, verwendet die NPD-Parole „Deutschland den Deutschen“.

Gauland: Langsam. Die Parole „Deutschland den Deutschen“ ist völlig richtig. Deutsches Staatsgebiet, deutsche Staatsgewalt, deutsches Staatsvolk. Von diesem Satz geht keine Gefahr aus.

Martin Hohmann, der 2003 wegen einer Rede gegen das Holocaust-Mahnmal aus der CDU ausgeschlossen wurde, könnte bald für die AfD im Bundestag sitzen. Ist das gut?

Gauland: Ich habe keine Probleme mit Martin Hohmann.

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    Ist die Bundestagswahl schon entschieden?

    Gauland: Wenn nichts mehr passiert, scheint die Bundestagswahl entschieden. Daran sieht man, dass wir keine demokratische Auseinandersetzung mehr haben. Angela Merkel ist eine sozial- und christdemokratische Kanzlerin, die alles in sich vereint. Jede Opposition in der eigenen Partei hat sie beseitigt.

    Was würde sich verändern mit einer AfD im Bundestag?

    Gauland: Das hängt davon ab, wie die anderen mit uns umgehen. Wenn die anderen Parteien uns im Bundestag wie Feinde behandeln, dann werden wir sie vorführen. Unsere Feindschaft können sie gerne haben.

    Würde die AfD einen Platz im Bundestagspräsidium beanspruchen?

    Gauland: Normalerweise müssten wir einen Posten als Vizepräsident des Bundestags erhalten. Darauf zu verzichten, kommt nicht infrage.

    Wer hat in der AfD momentan das Sagen?

    Gauland: Wir haben einen gewählten Bundesvorstand.

    Sie und Alice Weidel sind Spitzenkandidaten. Es gibt zwei Vorsitzende, Frauke Petry und Jörg Meuthen. Wer gibt den Kurs vor?

    Gauland: Bis zur Bundestagswahl sind Frau Weidel und ich inhaltliche Wortführer. Seit dem Kölner Parteitag im April ist Frau Petry nicht mehr im Bundesvorstand präsent gewesen, auch nicht in Telefonkonferenzen. Viele Entscheidungen haben wir ohne sie getroffen.

    Ist das gut oder schlecht?

    Gauland: Das bewerte ich nicht. Wenn Petrys Stimme fehlt, dann fehlt sie halt. Ich habe dafür keine Erklärung. Sie wollte ursprünglich die alleinige Spitzenkandidatur. Das hat die Partei in einer Mitgliederbefragung abgelehnt. Sie hat dann selbst abgelehnt, die Spitzenkandidatur mit mir zusammen auszuüben.

    Sollte Frau Petry im Dezember erneut als Vorstandssprecherin kandidieren?

    Gauland: Das geht mich nichts an. Das muss sie entscheiden.

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      Die AfD will vorerst nur opponieren.

      Gauland: Klar. Wir sind so lange Opposition, bis wir auf Augenhöhe mit den anderen sind. Wir wollen stark wie die Volksparteien Union und SPD sein. Erst dann kommt für uns Regierung infrage. Als kleine Partei in eine Koalition zu gehen, ist falsch.

      Wie wollen Sie auf Augenhöhe mit den Volksparteien kommen?

      Gauland: Das werden wir allein nicht schaffen. Das werden die Ereignisse schaffen. Einwanderung und Islamisierung werden den Druck verstärken. Dann werden uns mehr Leute wählen. Politische Ereignisse werden uns stärker machen.

      Heißt das auch, dass islamistische Terroranschläge der AfD helfen?

      Gauland: Das ist eine zynische Bemerkung. Wir haben vorausgesagt, dass diese massive Flüchtlingseinwanderung zu Terroranschlägen führt. Wir werden durch solche Ereignisse bestätigt. Das heißt nicht, dass ich den Terror will. Ich kann aber nichts dafür, dass andere Parteien durch ziellose Einwanderung die Voraussetzungen für Terror schaffen.

      Wird der Anschlag von Barcelona eine Rolle im AfD-Wahlkampf spielen?

      Gauland: Er bestätigt nur, was wir schon immer sagten.

      Zur Flüchtlingspolitik: Die AfD sagt, nordafrikanische Staaten müssten stabilisiert werden, damit Flüchtlinge nicht übers Mittelmeer kommen. Wie soll das geschehen?

      Gauland: Stabilisieren heißt, dass man der libyschen Regierung Geld und Unterstützung gibt, den Strom ans Mittelmeer zu bremsen. Die Italiener haben die libysche Küstenwache erfolgreich ausgebildet.

      Mit wem soll Deutschland in Libyen verhandeln: mit den Milizen oder mit den dortigen IS-Terroristen?

      Gauland: Die Frage müssen Sie dem Auswärtigen Amt stellen. Wir sagen nur, dass man die Menschen, die in Libyen in ein Boot steigen, dorthin zurückbringt. Die Rettungsorganisationen, die sie aus dem Wasser fischen und nach Italien bringen, sind Schleuser.

      Sie machen Wahlkampf mit Vorschlägen, von denen Sie nicht wissen, wie man sie umsetzt.

      Gauland: Wir machen Wahlkampf gegen ungebremste Einwanderung. Die Kanzlerin hat auch behauptet, man könne die Balkanroute nicht schließen. Der österreichische Außenminister hat das geschafft. Unsere Gesellschaft hat nicht mehr den Willen, sich gegen diese Invasion zu wehren.

      FDP-Chef Lindner hat vorgeschlagen, die von Russland annektierte Krim als Provisorium anzuerkennen. Wie stehen Sie dazu?

      Gauland: Es ist richtig, die Krim als Teil Russlands anzuerkennen. Herr Lindner hat das jetzt auch verstanden. Die Krim kommt nie wieder zur Ukraine zurück. Die Sanktionen bringen nichts. Russland ist eine Macht in Europa, und wir müssen es in eine europäische Ordnung einbeziehen. Das Gegeneinander zur Nato muss aufhören.