Berlin/Madrid. Die Polizei handelte nach dem Anschlag von Barcelona entschlossen. Fünf Terroristen sidn tot. Vermutlich auch der minderjährige Haupttäter.

Der Anschlag in Barcelona war keine Einzelaktion. Nach Angaben der spanischen Polizei hängen die Attacken in der katalanischen Metropole, dem Badeort Cambrils und eine Bombenexplosion am Mittwoch in der Gemeinde Alcanar zusammen. Eine Terrorzelle – zu der etwa ein Dutzend Personen gehören könnten – steckt dahinter, sagen die Behörden.

Wer steuerte den Lieferwagen?
Bei dem Fahrer des Lieferwagens, der am Donnerstag auf der Flaniermeile Las Ramblas in Barcelona Dutzende Menschen überfuhr, soll es sich um den 17-jährigen Moussa Oukabir handeln. Es ist der jüngere Bruder des bereits am Donnerstag inhaftierten Driss Oukabir. Der Verdächtige soll nach der Todesfahrt zu Fuß geflüchtet sein. Auf der Flucht kaperte Moussa womöglich ein Fahrzeug und erstach den Fahrer. Am Freitagabend verdichteten sich Hinweise, dass Oukabir später ums Leben kam.

Terroranschlag mit Van in Barcelona

Ein Lieferwagen hat am Donnerstag im Zentrum Barcelonas (Spanien) mehrere Menschen gezielt überfahren. Kurz danach rückte die Polizei zu einem Einsatz in Cambrils aus. Wir zeigen Bilder.
Ein Lieferwagen hat am Donnerstag im Zentrum Barcelonas (Spanien) mehrere Menschen gezielt überfahren. Kurz danach rückte die Polizei zu einem Einsatz in Cambrils aus. Wir zeigen Bilder. © dpa | Pawi Lerma
Viele Menschen wurden getötet und verletzt.
Viele Menschen wurden getötet und verletzt. © dpa | Oriol Duran
Rettungskräfte im Einsatz.
Rettungskräfte im Einsatz. © Getty Images | Nicolas Carvalho Ochoa
Die Polizei sperrte den Bereich um den Anschlagsort großräumig ab.
Die Polizei sperrte den Bereich um den Anschlagsort großräumig ab. © dpa | Manu Fernandez
Passanten wurden aufgefordert, ...
Passanten wurden aufgefordert, ... © dpa | Manu Fernandez
... , die Gegend zu verlassen.
... , die Gegend zu verlassen. © dpa | Manu Fernandez
Die Polizei brachte nach dem Anschlag die Menschen in Sicherheit, die sich nahe am Tatort befanden.
Die Polizei brachte nach dem Anschlag die Menschen in Sicherheit, die sich nahe am Tatort befanden. © REUTERS | STRINGER
Am Ort des Anschlags versorgten Sanitäter Verletzte.
Am Ort des Anschlags versorgten Sanitäter Verletzte. © dpa | Oriol Duran
Las Ramblas ist eine bekannte Flanier- und Einkaufsmeile in Barcelona.
Las Ramblas ist eine bekannte Flanier- und Einkaufsmeile in Barcelona. © dpa | Manu Fernandez
Dort halten sich üblicherweise zahlreiche Touristen auf.
Dort halten sich üblicherweise zahlreiche Touristen auf. © dpa | Manu Fernandez
Die Menschen in der Gegend von Las Ramblas waren während der Geschehnisse von der Polizei aufgefordert worden, sich nicht von der Stelle zu bewegen.
Die Menschen in der Gegend von Las Ramblas waren während der Geschehnisse von der Polizei aufgefordert worden, sich nicht von der Stelle zu bewegen. © REUTERS | STRINGER
Polizeikräfte stehen vor dem weißen Lieferwagen. Die IS-Terrormiliz reklamierte das Attentat für sich.
Polizeikräfte stehen vor dem weißen Lieferwagen. Die IS-Terrormiliz reklamierte das Attentat für sich. © David Ramos
Nach Berichten von spanischen Medien war der weiße Lieferwagen, der für den Anschlag benutzt wurde, ein Mietfahrzeug.
Nach Berichten von spanischen Medien war der weiße Lieferwagen, der für den Anschlag benutzt wurde, ein Mietfahrzeug. © REUTERS | SERGIO PEREZ
Auch in der Nacht setzte die Spurensicherung ihre Arbeit an dem Schauplatz des Anschlags fort.
Auch in der Nacht setzte die Spurensicherung ihre Arbeit an dem Schauplatz des Anschlags fort. © REUTERS | SERGIO PEREZ
Wenige Stunden nach dem Terroranschlag in Barcelona tötete die Polizei in einem Küstenort in Katalonien fünf mutmaßliche Attentäter. Die Täter sollen eine ähnliche Tat wie in Barcelona geplant haben und trugen auch Sprengstoffgürtel.
Wenige Stunden nach dem Terroranschlag in Barcelona tötete die Polizei in einem Küstenort in Katalonien fünf mutmaßliche Attentäter. Die Täter sollen eine ähnliche Tat wie in Barcelona geplant haben und trugen auch Sprengstoffgürtel. © REUTERS | REUTERS TV
Bereits am Mittwoch gab es eine Explosion in einem Wohnhaus in dem Ort Alcanar. Bei der Gasexplosion in der Provinz Tarragona etwa 200 Kilometer südlich von Barcelona seien ein Mensch getötet und sieben weitere verletzt worden, erklärte der katalanische Polizeichef Josep Lluís Trapero. Es gebe „klare“ Verbindungen zu dem Anschlag in Barcelona.
Bereits am Mittwoch gab es eine Explosion in einem Wohnhaus in dem Ort Alcanar. Bei der Gasexplosion in der Provinz Tarragona etwa 200 Kilometer südlich von Barcelona seien ein Mensch getötet und sieben weitere verletzt worden, erklärte der katalanische Polizeichef Josep Lluís Trapero. Es gebe „klare“ Verbindungen zu dem Anschlag in Barcelona. © dpa | Bombers De La Generalitat
Die Vorkommnisse in Spanien haben auch in anderen Ländern wie den USA die Sorge vor erneuten Terroranschlägen vergrößert. Hier stehen Angehörige der Antiterroreinheit der New Yorker Polizei schwerbewaffnet auf dem Time Square in New York.
Die Vorkommnisse in Spanien haben auch in anderen Ländern wie den USA die Sorge vor erneuten Terroranschlägen vergrößert. Hier stehen Angehörige der Antiterroreinheit der New Yorker Polizei schwerbewaffnet auf dem Time Square in New York. © dpa | Michael Noble Jr.
1/17

Was ist über den mutmaßlichen Haupttäter bekannt?
Sicher weiß man nur, dass ein Wagen am Stadtrand eine Polizeisperre durchbrach und es zu einer Schießerei kam. Als die Polizei das Fahrzeug, das noch ein Stück weitergerollt war, inspizierte, fand sie die Leiche des Autobesitzers – auf dem Beifahrersitz und mit Stichwunden. Deshalb schließt die Polizei nicht aus, dass Moussa Oukabir den Fluchtwagen steuerte und sich nach dem Durchbrechen der Polizeisperre absetzen konnte. Zumindest zunächst.

Vor zwei Jahren soll Moussa Oukabir in einem sozialen Netzwerk seinen größten Wunsch geäußert haben. Auf die Frage von Freunden, was er als „absoluter König der Welt“ als Erstes tun würde, antwortete er: „Ich möchte so viele Ungläubige wie möglich töten.“

Die Tatorte des Anschlags von Barcelona

weitere Videos

    Vor der Tat in Barcelona soll Moussa seinem Bruder Driss dessen Pass gestohlen und unter dessen Namen den Transporter angemietet haben. Dies bestätigte Driss Oukabir gegenüber der Polizei. Driss war am Donnerstag in Ripoll, rund 100 Kilometer nördlich von Barcelona, festgenommen worden. Ein zweiter Verdächtiger wurde am Freitag ebenfalls in Ripoll in Gewahrsam genommen. Darüber hinaus meldete die Polizei am Freitag eine dritte und vierte Festnahme. Die vier Festgenommenen sollen 21, 27, 34 und 38 Jahre alt sein.

    Empfohlener externer Inhalt
    An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Youtube, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
    Externer Inhalt
    Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

    Im Ferienort Cambrils südwestlich von Barcelona war es in der Nacht zum Freitag zu einem weiteren Attentat gekommen. Dort stoppte die Polizei mit Schüssen ein Fahrzeug, das mehrere Menschen überrollt hatte, ein Mensch starb an den Folgen. In dem Wagen saßen fünf Männer. Vier von ihnen wurden durch Polizeischüsse in der Nähe des Fahrzeugs niedergestreckt. Nur einer von ihnen schaffte es zunächst zu flüchten, bis auch er erschossen wurde. Zunächst blieb die Identität der Erschossenen unklar – am Freitagabend zeichnete sich allerdings ab, dass unter den Toten Moussa Oukabir ist. Das berichteten die Zeitung „El País“ und andere spanische Medien unter Berufung auf Polizeikreise.

    Wer sind die Festgenommenen?
    Vier weitere Verdächtige befanden sich am Freitag noch in Gewahrsam der Polizei. Dabei handelt es sich um drei Marokkaner und einen Spanier. Laut Polizei war keiner von ihnen in der Vergangenheit durch Verwicklungen in Terrorattacken oder Pläne hierzu auffällig geworden. Die Ermittler gehen aber auch davon aus, dass die jetzt erfolgten Anschläge wochenlang vorbereitet wurden.

    Hat die Terrormiliz IS die Anschläge in Auftrag gegeben?
    Noch am Donnerstagabend reklamierte der IS den Anschlag von Barcelona für sich. Laut dem IS-Sprachrohr Amak seien die Täter „Soldaten des Islamischen Staates“. Sie hätten auf Aufrufe reagiert, die Staaten der „internationalen Koalition“ gegen den IS anzugreifen. Das muss aber nicht zutreffen. In der Vergangenheit hatte der IS praktisch jede Terrorattacke für sich in Anspruch genommen – oft ohne Täterwissen zu offenbaren.

    Ist die Terrorgefahr in Europa generell gestiegen?
    Leider ja. Der IS befindet sich in Syrien wie auch im Irak auf dem Rückzug. Die Luftangriffe der internationalen Anti-IS-Koalition sowie die Bodenoffensive syrischer Regierungstruppen und kurdischer Kräfte zeigen Wirkung. Der Fall der IS-Hauptstadt Rakka in Nordsyrien sei nur eine Frage der Zeit, sagen Experten. Immer mehr europäische IS-Kämpfer kehren in ihre Heimatländer zurück. Die Leitungsebene der Islamisten hat ihnen als Mission verordnet, zu Hause Anschläge zu verüben. „Es wird eine unruhige Zeit werden“, warnt Susanne Schröter, Direktorin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam.

    Wie kämpft Spanien gegen den Terror?
    In den vergangenen Jahren hatte es in Spanien keine größeren Anschläge gegeben. Dazu trug womöglich bei, dass Spanien beim Kampf gegen den IS nicht an vorderster Front steht. An den internationalen Luftangriffen gegen Stellungen des IS im Irak nimmt Spanien nicht teil. Und in Syrien ist das Land ebenfalls nicht militärisch aktiv.

    Für viele Experten galt Spanien zuletzt nicht als wichtigstes Ziel des islamistischen Terrors. Das war während des Irakkriegs 2003 noch völlig anders. Spanien hatte sich damals an der US-geführten Invasion in das arabische Land mit eigenen Truppen beteiligt. Der damalige Ministerpräsident José Maria Aznar war einer der engsten Verbündeten von US-Präsident George W. Bush.

    Eine der ersten Handlungen des im April 2004 gewählten neuen Ministerpräsidenten José Luis Zapatero war, die eigenen Truppen aus dem Irak abzuziehen. Wenige Wochen zuvor, am 11. März 2004, hatten Dschihadisten in Madrid einen verheerenden Anschlag verübt: Bei der Detonation von Bomben in vier Pendlerzügen am Atocha-Bahnhof starben 191 Menschen, mehr als 1500 wurden verletzt – ein Wendepunkt.

    Wie stark ist die Islamistenszene im Land?
    Die neuen Attacken in Barcelona und Cambrils kommen nicht von ungefähr. Katalonien ist schon länger ein Zentrum des Islamismus. Seit Jahresbeginn und vor der jüngsten Anschlagsserie wurden 14 Terrorverdächtige festgenommen. In keinem anderen Teil Spaniens gab es in den vergangenen Monaten so viele Razzien gegen die radikale islamistische Szene. Dies hat auch damit zu tun, dass die Region eine zahlenmäßig sehr starke Einwanderszene hat.

    Größte Einwanderergruppe sind die Marokkaner. Die meisten islamistischen Extremisten, die in der Region in den vergangenen Jahren festgenommen wurden, stammen aus der marokkanischen Immigrantenszene. Oft sind es in Spanien geborene junge Menschen. Fast jedes Dorf in Katalonien hat wenigstens eine Moschee. Einige Moscheen stehen schon länger unter Beobachtung der Sicherheitsbehörden, weil der Verdacht besteht, dass dort Hassbotschaften verbreitet werden. Nach Erkenntnissen der Behörden radikalisieren sich jedoch die meisten in Katalonien festgenommen Islamisten mit Hilfe des Internets.

    „Barcelona ist in den letzten Jahren zu einer großen Sorge für die Sicherheitskräfte geworden“, schreibt die Zeitung „El País“. Terrornetzwerke wie al-Qaida oder der IS hatten ihre Anhänger in der Vergangenheit immer wieder aufgerufen, mit Anschlägen in Spanien das Land für die Muslime „zurückzuerobern“. Dabei verwiesen sie darauf, dass weite Teile der Iberischen Halbinsel im Mittelalter unter maurisch-islamischer Herrschaft gestanden hatten.