Washington. Er war von Anfang an umstritten, doch Donald Trump hielt Stephen Bannon lang die Stange. Nun muss der Berater das Weiße Haus verlassen.
Über sein politisches Ableben wurde schon spekuliert, da war Stephen Bannon, der selbst ernannte nationalistische Flammenwerfer, noch gar nicht offiziell im Amt als Chefberater von Präsident Donald Trump. Zu kontrovers, zu ideologisch, zu eigensinnig und zu unrepublikanisch, so lauteten die Urteile über den früheren Chef des Propaganda-Portals Breitbart News, das über die Jahre zum bevorzugten digitalen Treffpunkt von Rassisten, Neonazis und Verschwörungstheoretikern wurde. Der 63-Jährige überstand seither alle Versuche, ihn aus dem Amt zu drängen, dank der schützenden Hands Trumps. Bis gestern Mittag.
Noch vor dem Abflug zu einer Kurztagung nach Camp David verkündete das Weiße Haus die Trennung von Bannon, der in der ultrakonservativen Wählerschaft Trumps fast wie ein Heiliger verehrt wird. Über die Gründe machte eine Sprecherin zunächst keine genauen Angaben. Dabei lag das Aus seit Tagen in der Luft.
Der Rückzug stand wohl schon länger fest
Am Dienstag hatte der im Nachgang der
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durch Bannon schlecht beratene Präsident die Zukunft seines ambitioniertesten Einflüsterers auffallend offen gelassen: „Wir werden sehen, was mit Mr. Bannon passiert.“ Wenn stimmt, was die „New York Times“ berichtet, stand da der Rückzug bereits fest. Bannon, ein reicher Ex-Wall Street-Banker, der später in Hollywood mit Film-Produktionen noch reicher wurde, soll bereits am 7. August seine Demission eingereicht haben. Motivlage laut Insidern: Die Erkenntnis, dass er in seiner exponierten Rolle Trump „mehr schadet als nutzt“.
Zuletzt war das Gebaren des für cholerische Episoden und aufreizende Arroganz bekannten Mannes aus der Nähe von Richmond/Virginia für Trump immer mehr zur Belastung geworden. Der leidenschaftliche Rechtsnationalist lobte Trumps Auftritt nach Charlottesville als „Kampfansage an die Globalisten“. Gleichzeitig kanzelte er die bei der tödlich geendeten Protestdemonstration anwesenden
als „Ansammlung von Clowns“ ab.
Entsetzen und Trauer in Charlottesville
Bannon ließ Trump schlecht aussehen
Noch schlechter ließ Bannon seinen Chef in einem irritierenden Interview mit der linken Publikation „The American Prospect“ in der
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und China aussehen. Trumps Drohkulisse gegen Diktator Kim Jong Un war demnach von Anfang an nur Geprahle. „Es gibt keine militärische Lösung“, sagte Bannon dem Autor Robert Kuttner. Warum? Nordkorea könne binnen Minuten Millionen Menschen in Südkorea töten. „Vergiss es.“
In punkto Peking versuchte Bannon den Präsidenten in dessen Dauerfehde mit dem Riesenreich sogar noch zu übertrumpfen. „Der Wirtschaftskrieg mit China ist alles für mich. Wenn wir weiter verlieren, kommen wir in fünf, ich glaube maximal zehn Jahren an einen Wendepunkt, von dem wir uns niemals mehr erholen können.“
Zahlreiche Fehden im Weißen Haus
Solche Alleingänge wurden Bannon bereits früher angekreidet. Mit Goldman Sachs-Banker und Top-Wirtschaftsberater Gary Cohn verbindet Bannon eine Intimfeindschaft, ebenso mit H.R.McMaster, dem Nationalen Sicherheitsberater. Beide Männer allein haben es in den vergangenen Monaten nicht geschafft, dem streitlustigen Vielleser den politischen Sauerstoff im Weißen Haus zu entziehen. Obwohl Bannon mit bösen Indiskretionen arbeitete und seine Widersacher in den Medien anschwärzte.
Die Gefechtslage änderte sich mit der
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. Der Ex-General, Nachfolger des schwachen Reince Priebus, duldet keine Extravaganzen. Kelly war es dann gestern auch, der dem Vernehmen nach Bannon die Nachricht überbrachte, dass der 18. August sein letzter Arbeitstag sein würde.
Trumps Umfeld machte Druck
Möglich geworden ist der bislang spektakulärste Personalwechsel aber nur, weil Trump persönlich den Daumen senkte. Ihn wurmte, dass der eitle Bannon in manchen Zeitungsartikeln als Trumps Gehirn und „heimlicher Präsident“ tituliert wurde. Zuletzt erhöhten nicht nur Tochter Ivanka und Schwiegersohn Jared Kushner den Druck, Bannon zu entlassen. Auch einflussreiche Spieler an der Seitenlinie wie Medienmogul Rupert Murdoch bearbeiteten den Präsidenten. Tenor: Der Typ muss weg. Jetzt ist es geschehen. Aber was sind die Folgen?
Dass Trump seine Anti-Establishment-Politik aufgibt, die ihm Bannon in den Block diktiert hat, damit rechnet niemand in Washington. Ohnehin wird abzuwarten sein, wie die Basis auf den Rauswurf reagiert. Bannon gilt dort vielen als Garant dafür, dass der wankelmütige Präsident nicht irgendwann doch den Demokraten auf den Leim geht und allzu kompromissbereit wird.
Trump verdankt Bannon viel
Wahrscheinlicher ist nach Ansicht von US-Beobachtern, dass Bannon nach einer kurzen Zeit im „Abkühlbecken“ sein Arbeit von außen fortsetzt, sprich komplementär zur Regierung Trumps Positionen in Sachen
öffentlich befestigt; vielleicht sogar wieder als Strippenzieher bei Breitbart News, wo sich manche auf den „großen Zampano“ freuen würden.
Dass Trump zwischen sich und Bannon eine Brandmauer zieht, davon ist nicht auszugehen. Der Präsident verdankt dem Rauhbein zu viel. Und ebenso wichtig: Bannon ist der Intimus der Milliardärsfamilie um Robert Mercer, der im Hintergrund die republikanische Partei umkrempeln will. In Richtung Bannon. Nicht in Richtung Trump.