Gütersloh. Schlägt in Deutschland die Stunde der Populisten? Eine Studie zeigt auf, unter welchen Voraussetzungen Populismus besonders gedeiht.

  • Wer einen hohen Schulabschluss hat, neigt weniger zu populistischen Einstellungen
  • 85 Prozent der Deutschen unterstützen die Demokratie als politisches System
  • Kritik am gesamten System hat keine Aussicht auf Erfolg bei Wahlen

Populismus ist nach einer aktuellen Studie überwiegend für Menschen mit geringerem Einkommen und Bildung attraktiv. Bei Menschen, die maximal einen Hauptschulabschluss hätten oder weniger als 1500 Euro verdienten, teilten 38 Prozent beziehungsweise 42 Prozent populistische Einstellungen, wie die Bertelsmann Stiftung am Dienstag in Gütersloh erklärte.

Unter Menschen mit Abitur oder Fachhochschulreife sind der Studie zufolge lediglich 14 Prozent für Populismus empfänglich. Bei Befragten mit einem Einkommen über 3500 Euro äußerte jeder Fünfte (rund 20 Prozent) Populismus-Sympathien.

85 Prozent unterstützen die Demokratie

In Deutschland seien populistische Einstellungen im Vergleich zu den USA oder Frankreich moderater, erklärte die Stiftung. So befürworten mehr als zwei Drittel (69 Prozent) der populistisch eingestellten Wähler in Deutschland die Mitgliedschaft in der EU, 85 Prozent unterstützen die Demokratie als politisches System. Jedoch kritisieren über drei Viertel (79 Prozent) von ihnen, dass die EU-Integration zu weit gegangen sei, und eine knappe Mehrheit (52 Prozent) ist mit dem Funktionieren der Demokratie in Deutschland „eher nicht“ oder „überhaupt nicht“ zufrieden.

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    Mit populistischer Systemkritik können Parteien laut der Studie in Deutschland allerdings kaum Anhänger gewinnen. Je zugespitzter und systemkritischer die Positionen zu Sachthemen seien, desto stärker sinke die Zustimmung bei der Wählerschaft, erklärte die Bertelsmann Stiftung. Eine grundlegende Ablehnung des politischen Systems und des Pluralismus seien in Deutschland nicht mehrheitsfähig.

    Drastische Forderungen schmälern Wahlchancen

    Die radikale Forderung nach einer „Entmachtung der Eliten“ verringere beispielsweise die Wahlchancen um zwölf Prozentpunkte. Mit Forderungen nach Abschiebungen von wesentlich mehr Flüchtlingen lassen sich der Studie zufolge vor allem Anhänger der AfD mobilisieren.

    Für die Studie „Die Stunde der Populisten?“ befragte das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap zwischen Juli 2015 und März 2017 in drei Umfragen jeweils mehr als 1600 Wahlberechtigte zu ihren politischen Einstellungen. Als populistisch eingestellt gelten laut Studie Menschen, die sich im Fragebogen zu mehreren Themen vollständig antipluralistisch und gegen das Establishment bekannten. (epd)