Moskau. Die Bundesregierung will einem Auftritt Erdogans in Deutschland einen Riegel vorschieben. Die Türkei findet das nicht akzeptabel.

  • Der türkische Präsident wird nicht wie geplant vor Anhängern in Deutschland auftreten dürfen
  • Außenminister Gabriel beruft sich auf die Verfassung
  • Einen Auftritt zum Beispiel in einem türkischen Generalkonsulat kann die Regierung aber nicht verbieten

Die Bundesregierung wird den geplanten Auftritt des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vor Anhängern in Deutschland verbieten. „Wir teilen der Türkei mit, dass wir der Überzeugung sind, dass ein solcher Auftritt in Deutschland nicht möglich ist. Da gibt es verfassungsrechtliche Rechtsprechung, dass wir das auch können“, sagte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) am Donnerstag in Moskau. Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigte, die Haltung sei mit Bundeskanzlerin Angela Merkel abgestimmt.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im März klargestellt, dass ausländische Regierungsmitglieder weder nach dem Grundgesetz noch nach dem Völkerrecht Anspruch auf einen Auftritt haben. Sollten Politiker „in amtlicher Eigenschaft und unter Inanspruchnahme ihrer Amtsautorität“ auftreten wollen, hingen sie immer von der ausdrücklichen oder stillschweigenden Zustimmung der Regierung ab.

Dies ergebe sich aus Artikel 32 des Grundgesetzes, der besagt: „Die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten ist Sache des Bundes.“

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

„Es ist eine Abwägung der außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Und die sind hier sehr eindeutig“, sagte Gabriel weiter. Die Bundesregierung werde in einer Verbalnote mitteilen, „dass wir eine solche Veranstaltung nicht durchführen lassen werden“. Er fügte hinzu, dass die Bundesregierung einen Auftritt Erdogans etwa in einem türkischen Generalkonsulat in Deutschland nicht untersagen könne.

Nach dem Referendum: Vorwärts, immer – das Prinzip Erdogan

weitere Videos

    Erdogan sprach von Nazi-Methoden

    Erdogan hatte offiziell einen Auftritt vor Anhängern in Deutschland am Rande des G20-Gipfels beantragt. Vor dem Verfassungsreferendum in der Türkei im April hatte es heftigen Streit über einzelne untersagte Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland gegeben. Erdogan hatte der Bundesregierung daraufhin Nazi-Methoden vorgeworfen.

    Türkische Regierung: Das ist inakzeptabel

    Ein Sprecher des türkischen Außenministeriums warf der Bundesregierung am Donnerstag vor, doppelte Standards anzuwenden. Es sei bedauerlich, dass einige Politiker in Deutschland aus innenpolitischem Kalkül inakzeptable Kommentare abgäben, sagte er. Der türkische Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu sagte, er finde das Verbot eines Erdogan-Auftritts nicht richtig. „Erdogan sollte dort hingehen und zu seinen eigenen Bürgern sprechen dürfen“, sagte er.

    Der Verein Türkische Gemeinde in Deutschland (TGD) dagegen bezeichnete die von Erdogan geplante Veranstaltung als nicht angebracht. Erdogan müsse verstehen, dass die Zukunft der türkischstämmigen Menschen in Deutschland nicht in der Türkei, sondern in Deutschland entschieden werde, sagte die TGD-Bundesvorsitzende Gökay Sofuoglu der „Heilbronner Stimme“.

    Gabriel betonte auch, dass Erdogan beim G20-Gipfel „mit Ehren empfangen“ werde. „Aber alles, was darüber hinaus geht, halten wir jetzt zum aktuellen Zeitpunkt nicht für angemessen“, sagte Gabriel. Es gebe „rund um den G20-Gipfel gar nicht die Polizeikräfte, um die Sicherheit herzustellen“. Außerdem passe ein solcher Auftritt „nicht in die politische Landschaft“, betonte der Minister. „Wir haben in der Bundesregierung dazu auch eine abgestimmte Meinung.“

    Empfohlener externer Inhalt
    An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
    Externer Inhalt
    Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

    Gabriel für generelles Verbot

    Gabriel forderte ein generelles Verbot von Wahlkampfauftritten ausländischer Politiker in Deutschland, das drei Monate vor jeder Wahl gelten soll. EU-Länder sollen davon ausgenommen werden. Das generelle Verbot von Wahlkampfauftritten drei Monate vor Wahlen hat Gabriel nach eigenen Angaben bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgeschlagen.

    Gericht stoppt Pro-Erdogan-Mahnwache

    Der letzte Auftritt Erdogans vor Anhängern in Deutschland fand im Mai 2015 in Karlsruhe statt. Es war zugleich Erdogans erster öffentlicher Auftritt in Deutschland als Staatspräsident.

    Das Verwaltungsgericht Hamburg verbot am Donnerstag eine Mahnwache von Unterstützern Erdogans während des G20-Gipfels. Ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz des Veranstalters gegen die Demonstrationsverbotszone wurde abgelehnt, wie eine Gerichtssprecherin mitteilte. Die Mahnwache unter dem Motto „Pro-Erdogan-Demo!“ sollte vom 7. Juli 20 Uhr bis zum 8. Juli 6 Uhr vor einem Hotel nahe dem Hamburger Rathaus stattfinden. Nach Medienberichten will Erdogan dort übernachten. (dpa)

    Hier lesen Sie einen Kommentar zum Thema: Klartext für die Freiheit