Washington. Bevor britische Behörden sensible Details zum Manchester-Anschlag veröffentlichten, landeten sie in US-Medien. London reagiert wütend.

Es geschieht nicht oft, dass ein britischer Regierungsvertreter sein amerikanisches Gegenüber zur Ordnung ruft. Amber Rudd, Innenministerin Großbritanniens, machte nach dem Terroranschlag von Manchester eine Ausnahme. Sie bat US-Heimatschutzminister John Kelly, seine Behörde an die Kandare zu nehmen. Auslöser waren zu früh bekannt gewordene Ermittlungsdetails von der Tragödie, bei der 22 Menschen starben.

Nachdem Premierministerin Theresa May die Indiskretion beklagte, wies US-Präsident Donald Trump sein Justizministerium zu einer umfangreichen Untersuchung an. Diese „Leaks“ seien nicht hinnehmbar, sagte er am Rande des Nato-Gipfels in Brüssel. Die Schuldigen würden die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen.

Unter dem Siegel der Vertraulichkeit tauschten die Geheimdienste in London mit ihren Partnern in Washington zügig nach dem Anschlag sensible Informationen aus – etwa den Namen des Selbstmordattentäters Salman Abedi. Bevor die Polizei in London dies und andere Einzelheiten veröffentlichte, fanden die Informationen jedoch bereits ihren Weg in einzelne US-Medien. Mehr noch. Am Mittwoch zeigte die „New York Times“ Fotos von dem Zünder, der bei dem Attentat benutzt wurde, und einem zerfetzten blauen Rucksack sowie von Nägeln und Schrauben, mit denen die Bombe offenbar präpariert war.

London schnitt US-Regierung vorläufig vom Informationsfluss ab

Dadurch, so Rudd wie auch Verteidigungsminister Fallon, seien die laufenden Ermittlungen erschwert und Angehörige der Opfer unnötig irritiert worden. Als Konsequenz schnitt London die US-Regierung vorläufig vom internen Informationsaustausch, wie er in großen Terror-Fällen praktiziert wird, ab.

Premierministerin Theresa May beschwerte sich am Donnerstag am Rande des Nato-Gipfels in Brüssel offiziell bei US-Präsident Donald Trump über den Vorgang. Man müsse sich darauf verlassen können, dass geheime Informationen auch als geheim behandelt werden, wird May zitiert, sonst werde das gegenseitige Vertrauen untergraben.

Britische Behörden wollten Informationsfluss alleine steuern

Nach der Katastrophe von Manchester war den britischen Behörden daran gelegen, allein den Informationsfluss zu lenken. US-Stellen, die mit Reportern wie etwa dem internationalen Krisen-Korrespondenten des Senders NBC, Richard Engel, sprachen, hielten sich nicht daran. Sie fütterten ihre Abnehmer mit Details und die taten danach ihren Job – sie berichteten.

Um die Empörung aufzufangen, stimmte der derzeitige Chef-Diplomat der USA in London, Lewis Lukens, in die Kritik des Gastgeberlandes ein. Er nannte die Durchstechereien „verwerflich und sehr bedauerlich“. Die „New York Times“ nahm für sich in Anspruch, „verantwortungsbewusst“ mit den Informationen umgegangen zu sein.