Frankfurt. In Frankfurt ist ein Mitarbeiter des Schweizer Geheimdienstes festgenommen worden. Er soll deutsche Steuerfahnder ausspioniert haben.

  • In Frankfurt ist ein Mitarbeiter des Schweizer Geheimdienstes festgenommen worden, der Bundesanwalt ermittelt
  • Der Mann soll die Abwicklung von Steuer-CD-Käufen ausspioniert haben
  • Der Haftbefehl lag seit Dezember 2016 vor, erst bei seiner Einreise nach Deutschland wurde er festgenommen

Ein in Deutschland wegen Spionageverdachts verhafteter Schweizer soll Medienberichten zufolge deutsche Steuerfahnder bespitzelt haben. Der Schweizer „SonntagsBlick“ zitierte den deutschen Anwalt des in Frankfurt verhafteten Mannes mit den Worten: „Mein Mandant soll im Auftrag des Schweizer Nachrichtendienstes in Deutschland spioniert haben.“

Ziel solle gewesen sein, „herauszufinden, welche Steuerfahnder die Steuer-CDs kauften und wie diese Käufe genau abliefen“. Allein die Behörden in Nordrhein-Westfalen haben seit 2010 elf Steuer-CDs mit Daten mutmaßlicher Steuerhinterzieher gekauft. Die Informationen waren zuvor Schweizer Banken entwendet worden.

„Wohl kaum im Namen der Steuergerechtigkeit gehandelt“

Die Bundesanwaltschaft hatte am Freitag erklärt, sie habe einen 54-jährigen Schweizer in Frankfurt festnehmen lassen. Dort und im Wetteraukreis seien auch mehrere Wohn- und Geschäftsräume durchsucht worden. Der Beschuldigte sei „dringend verdächtig, seit Anfang 2012 für den Geheimdienst einer fremden Macht tätig gewesen zu sein“. Nähere Angaben machten die Ermittler nicht.

Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans sagte, sollte sich die Geschichte als wahr erweisen, sei das ein handfester Skandal. „Wenn Nachrichtendienste Spione beauftragen, in Deutschland Steuerfahnder zu bespitzeln, muss man sich doch fragen, in wessen Interesse sie handeln – im Namen der Steuergerechtigkeit ja wohl kaum.“

Steuernachzahlungen von 1,8 Milliarden Euro

Die nordrhein-westfälische Finanzverwaltung erwerbe Steuer-CDs, weil sie Steuerhinterziehung nicht anders aufklären könne. „Die Gerichte – zuletzt der Europäische Gerichtshof – haben unser Vorgehen ohne Ausnahme bestätigt“, sagte Walter-Borjans. „Wer jetzt Jagd auf die Fahnder macht, schützt die Täter.“

Seit Januar 2006 hatten mehrere Bundesländer sogenannte Steuersünder-CDs mit gestohlenen Kundendaten aus der Schweiz und Liechtenstein angekauft. Besonders Nordrhein-Westfalen kauft regelmäßig Bankdaten – teilweise für Millionenbeträge. Nach Angaben des Düsseldorfer Landesfinanzministeriums summierten sich dadurch ausgelöste Steuernachzahlungen und Geldbußen bis Mitte 2015 auf mehr als 1,8 Milliarden Euro.

Keine Stellungnahme vom Auswärtigen Amt

Auch „Die Welt“ berichtete, die Bundesanwaltschaft ermittele gegen einen mutmaßlichen Spion des Schweizer Geheimdienstes (NDB)wegen der Bespitzelung von deutschen Steuerfahndern. Der Mann sei im deutschen Finanzsektor und Bankenwesen aktiv gewesen. Ein Sprecher des Schweizer Außenministeriums sagte: „Wir haben Kenntnis von der Verhaftung.“ Wegen des Persönlichkeitsschutzes könnten aber keine weiteren Angaben gemacht werden. Vom deutschen Bundesinnenministerium und vom Auswärtigen Amt in Berlin war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Der Haftbefehl des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof (BGH) stammt nach Angaben der Bundesanwaltschaft bereits vom 1. Dezember 2016. Erst nach seiner Einreise nach Deutschland konnte er jedoch am Freitag festgenommen werden. (dpa/rtr)