Paris. Den ersten Wahlgang hat Emmanuel Macron für sich entschieden. Für den zweiten erhält er nun Unterstützung vom scheidenden Präsidenten.

Frankreichs Staatspräsident François Hollande hat sich klar für den sozialliberalen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron ausgesprochen. Er werde Macron wählen, sagte der Sozialist mit Blick auf die Stichwahl am 7. Mai, da dieser am besten geeignet sei, das Volk zu einen.

Der Schritt Hollandes kam nicht unerwartet, er hatte bereits am Sonntagabend Macron zum Erfolg bei der ersten Wahlrunde gratuliert. Bisher hatte sich der 62 Jahre alte Hollande aus der Wahl um seine Nachfolge herausgehalten. Der sozialistische Anwärter Benoît Hamon war in der ersten Wahlrunde klar gescheitert. Hollande selbst hatte auf eine Kandidatur verzichtet.

Front National „ein Risiko für unser Land“

Der französische Präsident Francois Hollande warnte am Montag vor den Konsequenzen für Frankreich, sollte die rechtsextreme Marine Le Pen die Stichwahl gewinnen.
Der französische Präsident Francois Hollande warnte am Montag vor den Konsequenzen für Frankreich, sollte die rechtsextreme Marine Le Pen die Stichwahl gewinnen. © REUTERS | REUTERS TV

Hollande warnte am Montag bei einem kurzfristig angesetzten Presseauftritt vor der Gefahren der extremen Rechten. Deren Präsenz in der Stichwahl sei „ein Risiko für unser Land“. Neben Macron hatte sich die Chefin der rechtsextremen Front National, Marine Le Pen, für das Endduell qualifiziert. „Frankreichs Zusammensetzung, seine Einheit, seine Mitgliedschaft in Europa und sein Platz in der Welt stehen auf dem Spiel“, sagte Hollande.

Der ehemalige Minister Macron setzte sich in der ersten Runde mit knapp 24 Prozent durch, wie das Innenministerium am frühen Montagmorgen nach Auszählung fast aller Stimmen mitteilte. Die Europafeindin Le Pen kam auf rund 21,5 Prozent.

Beide Kandidaten brachten mit ihrem Erfolg das etablierte Parteiensystem in Frankreich in spektakulärer Weise zu Fall. Erstmals seit Jahrzehnten ist kein Kandidat der Sozialisten oder der bürgerlichen Rechten mehr in der Endrunde vertreten. Der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon erreichte rund 19,6 Prozent. Sein konservativer Widersacher François Fillon kam auf knapp 20 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei gut 78 Prozent.

Mehrere Festnahmen bei Randalen in Paris

Fillon kündigte an, in der Stichwahl für Macron zu stimmen. „Die Enthaltung entspricht nicht meinen Genen, vor allem wenn eine extremistische Partei sich der Macht nähert“, sagte er.

Mélenchon gab zunächst keine Empfehlung ab. Macron war unter Hollande Wirtschaftsminister gewesen; sein Parteibuch bei den Sozialisten hat der 39-Jährige aber schon lange abgegeben. Mehrere Hundert vorwiegend jugendliche Demonstranten randalierten am Sonntagabend in Paris. Sicherheitskräfte nahmen laut Medienberichten drei Menschen fest.

Experten geben Macron beste Chancen in Stichwahl

Bereits kurz nach Bekanntwerden der ersten Ergebnisse riefen zahlreiche französische Politiker die Franzosen dazu auf, am 7. Mai für Macron und damit gegen Le Pen zu stimmen. Experten erwarten einen klaren Sieg Macrons in der Stichwahl. Er wolle mit einem System brechen, „das unfähig ist, auf Probleme zu reagieren“, sagte Macron.

In einer Befragung des Instituts Harris Interactive vom Sonntagabend lag Macron bei 64 Prozent, Le Pen bei 36 Prozent. Das Institut Ipsos sah Macron für die Stichwahl bei 62 Prozent und die Front-National-Chefin bei 38 Prozent.

Die Abstimmung im Mai wird zu einer Richtungsentscheidung für Europa. Denn Le Pen will den Euro abschaffen und die Bürger über die EU-Mitgliedschaft Frankreich abstimmen lassen. Macron tritt hingegen für Europa ein und will die Eurozone gemeinsam mit Deutschland stärken.

Macron spricht von Wunsch der Franzosen nach Erneuerung

„Die Franzosen haben ihren Wunsch nach einer Erneuerung ausgesprochen“, sagte Macron selbst am Wahlabend vor seinen Anhängern. „In einem Jahr haben wir das Gesicht der französischen Politik verändert.“ Er wolle der Präsident der Patrioten gegen die Bedrohung der Nationalisten sein. Gleich am nächsten Tag wolle er eine parlamentarische Mehrheit aufbauen, um nach der Parlamentswahl in Juni regieren zu können. Er wolle das europäische Projekt neu starten.

Die Kandidaten der Frankreich-Wahl

Am 23. April wählen die Franzosen im ersten Wahlgang einen neuen Präsidenten. Gute Chancen rechnet sich Marine Le Pen aus.
Am 23. April wählen die Franzosen im ersten Wahlgang einen neuen Präsidenten. Gute Chancen rechnet sich Marine Le Pen aus. © REUTERS | CHRISTIAN HARTMANN
Die Vorsitzende des rechtsradikalen Front National (FN) und Tochter von Parteigründer Jean-Marie verfolgt eine antieuropäische Linie, vertritt Protektionismus und Fremdenfeindlichkeit und wirbt mit dem möglichen Austritt aus dem Euro.
Die Vorsitzende des rechtsradikalen Front National (FN) und Tochter von Parteigründer Jean-Marie verfolgt eine antieuropäische Linie, vertritt Protektionismus und Fremdenfeindlichkeit und wirbt mit dem möglichen Austritt aus dem Euro. © REUTERS | JEAN-PAUL PELISSIER
Steigende Chancen hat der parteilose Emmanuel Macron. Der wirtschaftsliberale, proeuropäische Kandidat will mit seiner Bewegung „En Marche!“ die traditionelle Spaltung des französischen Parteien in Rechts und Links überwinden.
Steigende Chancen hat der parteilose Emmanuel Macron. Der wirtschaftsliberale, proeuropäische Kandidat will mit seiner Bewegung „En Marche!“ die traditionelle Spaltung des französischen Parteien in Rechts und Links überwinden. © REUTERS | GONZALO FUENTES
Damit hat Frankreichs Ex-Wirtschaftsminister zurzeit gute Chancen auf den Sieg. Umfragen sehen Macron im ersten Wahlgang bei etwa 22 Prozent der Stimmen – und mit 64 Prozent als Sieger in der Stichwahl am 7. Mai.
Damit hat Frankreichs Ex-Wirtschaftsminister zurzeit gute Chancen auf den Sieg. Umfragen sehen Macron im ersten Wahlgang bei etwa 22 Prozent der Stimmen – und mit 64 Prozent als Sieger in der Stichwahl am 7. Mai. © dpa | Christophe Ena
Der frühere französische Premierminister François Fillon tritt für die Konservativen an. Doch der Wahlkampf läuft für ihn immer schlechter. Der 63-Jährige ist wegen der Affäre um die Scheinbeschäftigung seiner Ehefrau und teure Maßanzüge als Geschenk mit Ermittlungen konfrontiert.
Der frühere französische Premierminister François Fillon tritt für die Konservativen an. Doch der Wahlkampf läuft für ihn immer schlechter. Der 63-Jährige ist wegen der Affäre um die Scheinbeschäftigung seiner Ehefrau und teure Maßanzüge als Geschenk mit Ermittlungen konfrontiert. © REUTERS | CHARLES PLATIAU
Seine politischen Vorschläge bergen Sprengstoff. 500.000 Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst sollen dem Rotstift zum Opfer fallen. Dies kommt in dem zentralistisch geführten Frankreich einer Revolution gleich. Der praktizierende Katholik hält zudem beispielsweise nichts davon, dass homosexuelle Paare Kinder adoptieren.
Seine politischen Vorschläge bergen Sprengstoff. 500.000 Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst sollen dem Rotstift zum Opfer fallen. Dies kommt in dem zentralistisch geführten Frankreich einer Revolution gleich. Der praktizierende Katholik hält zudem beispielsweise nichts davon, dass homosexuelle Paare Kinder adoptieren. © REUTERS | STEPHANE MAHE
Der 65-Jährige Jean-Luc Mélenchon war drei Jahrzehnte Mitglied der Sozialisten und tritt für die Bewegung La France Insoumise (Das Frankreich der Widerspenstigen) an, deren Gründer er ist.
Der 65-Jährige Jean-Luc Mélenchon war drei Jahrzehnte Mitglied der Sozialisten und tritt für die Bewegung La France Insoumise (Das Frankreich der Widerspenstigen) an, deren Gründer er ist. © REUTERS | GONZALO FUENTES
Wie Le Pen sitzt Mélenchon im Europäischen Parlament. Sollte er gewählt werden, würde er 100 Milliarden Euro Schulden aufnehmen und sie in den Wohnungsbau und erneuerbare Energien stecken. Mélenchon liegt in Umfragen bei 18 Prozent.
Wie Le Pen sitzt Mélenchon im Europäischen Parlament. Sollte er gewählt werden, würde er 100 Milliarden Euro Schulden aufnehmen und sie in den Wohnungsbau und erneuerbare Energien stecken. Mélenchon liegt in Umfragen bei 18 Prozent. © REUTERS | REGIS DUVIGNAU
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Der scheidende Präsident Hollande gratulierte Macron. Andere Sozialisten und Konservative riefen zur Unterstützung des Mitte-Links-Kandidaten auf, um Le Pen als Präsidentin zu verhindern.

Marine Le Pen am Wahlabend.
Marine Le Pen am Wahlabend. © dpa | Michel Spingler

Die 48-Jährige schnitt am Sonntag wesentlich besser ab als vor fünf Jahren, als sie im ersten Wahlgang 17,9 Prozent der Stimmen geholt hatte. Zum zweiten Mal seit 2002 steht der FN damit in der Stichwahl. Marine Le Pen nannte ihr Wahlergebnis „historisch“. Sie rief am Sonntagabend vor ihren Anhängern „alle Patrioten“ auf, sie in der zweiten Runde zu unterstützen. Es sei an der Zeit, das französische Volk von der „arroganten Elite“ zu befreien.

Macron denkt bereits an Parlamentswahlen im Juni

„Die Franzosen müssen diese historische Gelegenheit ergreifen“, betonte die Chefin des rechtsextremen Front National. „Denn die große Herausforderung dieser Wahl ist die wilde Globalisierung, die unsere Zivilisation gefährdet.“ Sie sprach von einer Entscheidung zwischen der „totalen Deregulierung ohne Grenzen und ohne Schutz“ und „Grenzen, die unsere Jobs schützen, unsere Kaufkraft, unsere Sicherheit, unsere nationale Identität“.

Macron rief seine Anhänger dazu auf, ihm die nötige parlamentarische Mehrheit zu verschaffen. Frankreich wählt am 11. und 18. Juni ein neues Parlament. Die von Macron gegründete Bewegung „En Marche!“ (Auf dem Weg) ist dort bislang nicht vertreten. Er profilierte sich früh als liberaler Gegenspieler von Le Pen. Er tritt für eine enge Partnerschaft mit Deutschland ein.

Merkel und Gabriel setzen auf Macron

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wünschten Macron alles Gute und viel Erfolg für die Stichwahl. Auch Regierungssprecher Steffen Seibert wünschte Macron viel Glück bei der Stichwahl. „Gut, dass @EmmanuelMacron mit seinem Kurs für eine starke EU + soziale Marktwirtschaft Erfolg hatte“, twitterte er. „Alles Gute für die nächsten 2 Wochen.“

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Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) begrüßte das Abschneiden von Macron. „Ich bin sicher, er wird der neue französische Präsident“, sagte der SPD-Politiker. „Er war der einzige proeuropäische Kandidat, der sich nicht versteckt hat hinter Vorurteilen gegenüber Europa.“

Euro reagiert mit Gewinnen auf Ergebnis

Etwa 47 Millionen Franzosen waren zur Wahl des Nachfolgers von Präsident Hollande aufgerufen. Insgesamt wollten elf Kandidaten den Sozialisten beerben. Hollande hatte sich nicht mehr für eine weitere Amtszeit beworben. Die Wahlen in Frankreich werden europaweit mit großer Spannung verfolgt.

Der Euro reagierte mit kräftigen Gewinnen auf die ersten Wahlergebnisse. Die Gemeinschaftswährung stieg im frühen Handel am Montagmorgen (Ortszeit) im neuseeländischen Auckland zum US-Dollar auf den höchsten Stand seit fünf Monaten und kostete zuletzt 1,0933 Dollar. Das ist ein Gewinn von 1,9 Prozent im Vergleich zum Freitagabend.

Wahlkampf von Skandalen überschattet

Der Wahlkampf war geprägt von Skandalen und überraschenden Wendungen. Die konservativen Republikaner und die Sozialisten, die seit Jahrzehnten das Land führen, gerieten ins Hintertreffen. Fillon geriet wegen des Verdachts der Scheinbeschäftigung seiner Frau massiv unter Druck. Die Justiz leitete ein Ermittlungsverfahren ein. Aber auch Le Pen ist im Visier der Justiz. Die Europaabgeordnete soll FN-Mitarbeiter auf Kosten des Parlaments zum Schein beschäftigt haben. (rtr/dpa)