Berlin. Der neue SPD-Chef Martin Schulz erwischte bei seiner Premiere am Mittwochabend einen besonders langen Koalitionsgipfel im Kanzleramt.

Statt Kartoffelsuppe, Fleisch und Wein gab es dieses Mal nur Sprudel für die Koalitionäre. Das liegt vor allem daran, dass die Gastgeberin des Koalitionstreffens, Kanzlerin Angela Merkel, und andere Politiker derzeit fasten.

Der neue SPD-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Martin Schulz erwischte bei seiner Premiere prompt eine Zusammenkunft der längeren Sorte. Sechseinhalb Stunden dauert das möglicherweise letzte Treffen der schwarz-roten Spitzen. Eigentlich wollte Schulz gar nicht beim Koalitionsausschuss erscheinen. Sondern kündigte nach seiner spektakulären 100-Prozent-Wahl im Fernsehen fast im Rausch an, dass er lieber zu einem SPD-Fraktionsfest geht.

Die Union erkannte ihre Chance sofort, warf Schulz Arbeitsverweigerung vor, die CSU gab dem Herausforderer den Spitznamen „Party-Schulz“. Dabei steckte durchaus Taktik hinter der Absage. Schulz soll, so die Idee der SPD-Wahlkampfstrategen, nicht mit der beim Wähler mittlerweile unbeliebten GroKo in Zusammenhang gebracht werden.

Nach vier Tagen Zögern sagte Schulz dann doch zu

Vier Tage hielt Schulz die Verweigerungshaltung durch, bis er dann doch zusagte. Kleines Zugeständnis der Union: Die Kanzlerin schob den Beginn der Sitzung eine Stunde nach hinten.

Bei der Verleihung des Otto-Wels-Preises blieb Schulz am Mittwochabend nur eine gute Stunde, zog dann zusammen mit Vizekanzler Sigmar Gabriel und Fraktionschef Thomas Oppermann los. Eigentlich wollten sie zu Fuß zum Kanzleramt schlendern, doch es regnete. Nichtsdestotrotz blieb die Troika vor den Stufen des Reichstagsgebäudes kurz stehen, die Fotografen lichteten die neue SPD-Spitze gerne ab. Dann begann das Treffen, das Kompromisse nur im Kleinen brachte. Bei den großen Fragen bewegte sich hingegen nichts mehr. Der Umgang bei den Gesprächen war dem Vernehmen nach betont sachlich.

Die Wege von Herausforderer und Amtsinhaberin trennten sich um 2.30 Uhr am frühen Donnerstagmorgen. Nach ein paar Stunden Schlaf startete Schulz in Richtung Nordrhein-Westfalen. Merkel flog nach Malta, zum Treffen der Europäischen Volkspartei. Die beiden werden sich wieder treffen. Ob zur Übergabe der Amtsgeschäfte oder zu Koalitionsverhandlungen.