Berlin. Kein Schulz-Effekt für die SPD bei der Wahl im Saarland. Doch auf Bundeskanzlerin Angela Merkel wartet bald eine schwere Prüfung.
Wohl selten hat Deutschland so intensiv auf das kleine Saarland geblickt wie am Sonntag. Eine Sensation war erwartet worden – ein Triumph der SPD-Außenseiterin mit dem Turbolader Martin Schulz im Rücken. Jetzt kam es anders, und Angela Merkel kann erst mal durchatmen. Die Saarländer haben ihre beliebte Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer mit einem fulminanten Ergebnis wiedergewählt. Der Schulz-Effekt ist vorerst ausgeblieben.
Egal wie die Regierungsbildung jetzt läuft – die Kanzlerin hat einen Etappensieg errungen. Seit Wochen werden bei der CSU in Hinterzimmern die Messer gewetzt. Nach einer Pleite an der Saar hätten Angela Merkel und ihr Generalsekretär gewaltig unter Druck gesetzt werden sollen – jetzt bleibt ihren Kritikern nur, der Kanzlerin und ihrer Spitzenkandidatin zu gratulieren.
Saarland-Wahl: Jubel und Enttäuschung
Auch Schulz bringt politisch Lahme nicht zum Gehen
Dass Mister-100-Prozent Schulz zwar die Stimmung hebt, aber politisch Lahme noch lange nicht zum Gehen bringt, ist die eine Erkenntnis aus der Saarland-Wahl. Die andere ist: Deutschland erlebt eine Grünen-Dämmerung. Die Ökopartei, einst als Revoluzzer in den Bundestag gezogen, zählt längst schon zur etablierten Politik – für ehemalige Grünen-Anhänger wohl schon zu etabliert. Aktuell befinden sich die Grünen in einer Identitätskrise, aus der schnell eine Existenzkrise werden kann. Die Fünf-Prozent-Hürde ist für die erfolgsverwöhnte Partei, die in Baden-Württemberg sogar einen Regierungschef stellt, erschreckend nahe in Sicht. Es fehlt an Glanz, seit dem Atomausstieg auch an guten Themen sowie an neuen interessanten Köpfen für das tendenziell eher jüngere Wählerspektrum.
Die FDP war noch zu schwach für den Wiedereinzug ins Parlament. Jetzt muss Parteichef Christian Lindner noch härter für die Liberalen kämpfen. Für ihn geht es nun schon bei der NRW-Wahl am 14. Mai um alles oder nichts. Der gestrige Wahlabend war der Beweis dafür, dass die FDP noch lange nicht über den Berg ist.
Für AfD wurde es erstaunlich knapp
In der Linkspartei kann man mit dem Wahlausgang zufrieden sein, für Euphorie ist aber kein Grund. Obwohl das linke Powerpaar Lafontaine-Wagenknecht durchaus zieht, darf man nicht vergessen: Vom Spitzenwert von über 21 Prozent bei der Wahl 2009 ist die Linke diesmal weit entfernt.
Erstaunlich knapp ist die sogenannte Alternative für Deutschland in den saarländischen Landtag eingezogen. Wenn man bedenkt, wie hoch die Partei noch vor Monaten gehandelt wurde, kann man feststellen: Mit dem Rückgang der Flüchtlingszahlen ist den Rechten auch die Luft ausgegangen. Die AfD bezieht ihr größtes Potenzial eindeutig durch die Gegner einer liberalen Flüchtlingspolitik. Schon warme Temperaturen im Mittelmeer oder das Scheitern des Flüchtlingsabkommens mit den Türken können das aber schnell ändern.
Kanzlerin braucht Plan gegen die Euphorie bei der SPD
Angela Merkel sollte sich trotz des guten Abschneidens also nicht allzu lange auf dem Wahlergebnis an der Saar ausruhen. Sie braucht dringend einen Plan, wie sie auf die neue Euphorie bei den Sozialdemokraten reagieren kann. Viel zu lange hat sich die Kanzlerin darauf verlassen, dass die SPD-Führung wenig entschlossen zur Macht strebt und dabei kaum Strahlkraft beim Wähler entwickeln konnte.
Seit Martin Schulz ist das anders, und die Fragen nach dem Kurs und der Kraft Angela Merkels werden lauter. Im Saarland hat eine erfolgreiche und beliebte Ministerpräsidentin klar gewonnen. Eine deutlich härtere Prüfung wartet auf die Union in Nordrhein-Westfalen. Am 14. Mai geht es um die Macht an Rhein und Ruhr. Erst hier wird entschieden, wer mit klarem Vorteil in die Bundestagswahl geht.