Berlin. In Brasilien sind gravierende Missstände bei der Fleischproduktion bekannt geworden.Fleisch von 21 Firmen darf nicht mehr in die EU.

Nach Einschätzung des Bundesagrarministeriums ist kein Gammelfleisch aus Brasilien in Deutschland verkauft worden. Ihnen lägen „keine Informationen vor, dass Sendungen aus den betroffenen brasilianischen Firmen nach Deutschland gelangt seien“, teilte ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums in Berlin am Samstag mit. Auch aus anderen EU-Staaten gebe es laut einem entsprechenden Schnellwarnsystem keine Meldungen, dass dort gesundheitsschädliches Fleisch aufgetaucht sei.

Die steigenden Importe von Rindfleisch aus Brasilien hatten angesichts des aktuellen Fleischskandals auch in Deutschland für Unsicherheit. Am Freitag hatte Friedrich Ostendorff (Grüne), Vize-Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Ernährung und Landwirtschaft, Sorge geäußert: „Bisher konnte die Bundesregierung nicht klarstellen, ob brasilianisches Gammelfleisch in deutschen Läden verkauft wurde oder nicht“, so Ostendorff zu unserer Redaktion.

EU verhängte am Freitag Importstopp

Die Europäische Union reagierte an Freitagabend mit einem Importstopp auf den Gammelfleisch-Skandal: Lieferungen der 21 betroffenen Unternehmen werden ab sofort zurückgewiesen, wie die EU-Kommission am Freitagabend mitteilte. Zudem würden künftig alle Fleischimporte aus Brasilien strenger kontrolliert.

Ostendorff sagte unserer Redaktion: „Der aktuelle Skandal zeigt, dass die globalen Ströme verarbeiteten Fleisches nicht nachvollziehbar sind. Das ist in höchstem Maße beunruhigend.“ Ostendorff fordert das Bundeslandwirtschaftsministerium auf, die Warenströme aufzuklären. „Es muss klar sein, ob das beanstandete Fleisch auch in Deutschland verkauft wurde.“

2016 führte Deutschland 60.895 Tonnen Fleisch aus Brasilien ein

Dieses Fleisch wurde aus Brasilien nach Chile geliefert. Viele Importländer sind besorgt wegen des Skandals in Brasilien.
Dieses Fleisch wurde aus Brasilien nach Chile geliefert. Viele Importländer sind besorgt wegen des Skandals in Brasilien. © dpa | SEBASTIAN BELTRAN GAETE

Die Fleischimporte aus Brasilien nach Deutschland haben im vergangenen Jahr 60.895 Tonnen betragen. „Allein die Einfuhr von Rindfleisch hat sich seit 2012 um 60 Prozent auf 9.383 Tonnen in 2016 erhöht“, legt Ostendorff, der zugleich agrarpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen ist, die jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes vor.

Aus der Vergangenheit wisse man, dass verarbeitetes Fleisch oftmals über mehrere Handelspartner weiterverkauft werde. „Eine Rückverfolgbarkeit ist hier nicht gegeben“, so Ostendorff. Das sei „in höchstem Maße beunruhigend und ein Armutszeugnis für den Minister für Ernährung und Landwirtschaft“. Die Bundesregierung habe nicht die richtigen Lehren aus den Skandalen in der Vergangenheit gezogen.

EU hat Fleisch von vier Firmen für Importe gesperrt

Die Europäische Union hatte bereits am Freitag Fleisch von vier Firmen für Einfuhren gesperrt. Laut brasilianischen Behörden sind 21 Betriebe in die Untersuchung des Fleischskandals involviert, von denen vier in die EU exportieren konnten.

Dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sind bislang keine Informationen über belastetes Rindfleisch aus Brasilien bekannt, sagte ein Sprecher unserer Redaktion. Die Bundesländer seien aufgefordert worden, ein besonderes Augenmerk auf die ohnehin streng kontrollierten Fleischimporte aus Drittländern zu legen.

Wurst mit Pappmaché gestreckt

Ende vergangener Woche waren in Brasilien gravierende Missstände in 21 Fleisch- und Wurstfirmen bekanntgeworden. Nach Erkenntnissen der Polizei wurden Fleischstücke mit Wasserspritzen schwerer gemacht, Wurstprodukte mit Pappmaché gestreckt und bereits verdorbenes, übelriechendes Fleisch wurde mit krebserzeugenden Substanzen behandelt.

Inspektoren waren jahrelang bestochen worden, damit sie die Zustände duldeten. Einige Länder wie China, Chile und Jamaika haben bereits ihre Importe gestoppt. Brasilien ist der größte Fleischexporteur der Welt und China ihr größter Abnehmer. Bei Rindfleisch gilt Brasilien als zweitgrößtes Erzeugerland.