Berlin. Die Agenda 2010 war höchst umstritten. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz will nun offenbar das einstige rot-grüne Projekt erneuern.

  • Der SPD-Kanzlerkandidat hat Reformen für den Arbeitsmarkt, Rente und Steuern angekündigt
  • Zum Beispiel soll demnach die Bezugsdauer vom Arbeitslosengeld I erhöht werden
  • Vertreter des linken Flügels der SPD loben Schulz für den Vorstoß

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz will die Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld I verlängern und damit die umstrittene Agenda 2010 reformieren. Eine konkrete Zeitspanne stehe noch nicht fest, berichtete die „Bild“-Zeitung.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) solle in den nächsten Wochen ein konkretes Programm vorlegen. Derzeit erhalten Arbeitslose unter 50 Jahren maximal zwölf Monate ALG I, für ältere Erwerbslose gibt es die Leistung für bis zu 24 Monate.

Wenn jemand mit 50 Jahren nach 15 Monaten Arbeitslosengeld I Hartz IV erhalte, dann gehe das an die Existenz, sagte Schulz der Zeitung. Das dürfe so nicht sein. Er fügte hinzu: „Fehler zu machen ist nicht ehrenrührig. Wichtig ist: Wenn Fehler erkannt werden, müssen sie korrigiert werden.“

DGB-Chef Hoffmann lobt Schulz-Pläne

Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, lobte die Reformankündigungen des designierten SPD-Kanzlerkandidaten. „Der Ansatz, die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I zu verlängern, ist richtig“, sagte Hoffmann unserer Redaktion. Hoffmann verwies darauf, dass Ältere immer noch schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt hätten. „Insbesondere sie müssen davor bewahrt werden, in Hartz IV zu rutschen“, sagte Hoffmann.

Hoffmann lobte auch die Forderungen des SPD-Kanzlerkandidaten zur Stärkung der betrieblichen Mitbestimmung. „Wenn Globalisierung und Digitalisierung auch die Arbeitswelt verändern, muss die Mitbestimmung entsprechend weiter entwickelt werden“, sagte der DGB-Chef. Dass Menschen, die einen Betriebsrat gründen wollten, nicht vor Kündigungen geschützt seien, müsse geändert werden: „Wer sich für andere Menschen einsetzen will, hat einen Anspruch auf Schutz.“

Der Linkspartei reicht das nicht

Die Agenda 2010 hatten SPD und Grüne unter Bundeskanzler Gerhard Schröder von 2003 an umgesetzt. Die Reformen in den Bereichen Arbeitsmarkt, Rente, Steuern und Gesundheit waren höchst umstritten, auch innerhalb der Regierungsparteien. Vertreter des linken Parteiflügels der SPD lobten die Ankündigung am Montag: „Und er hat Recht damit!“, schrieb etwa SPD-Vize Ralf Stegner auf Twitter.

Der Linkspartei gehen Schulz’ bisher bekannte Pläne dagegen nicht weit genug: „Kosmetik bei der Agenda 2010 reicht nicht“, schrieb Parteichef Bernd Riexinger. Die ersten konkreten Vorschläge unterstütze er aber. „Mehr davon“, fügte er hinzu.

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    Weniger befristete Jobs

    Schulz will laut „Bild“ auch mit der Forderung nach Verringerung von befristeten Arbeitsverhältnissen in den Wahlkampf ziehen. Künftig sollten Befristungen nur noch bei sachlichen Gründen möglich sein. Er plane darüber hinaus, den Kündigungsschutz für Beschäftigte auszubauen, die Betriebsratswahlen organisieren.

    Außerdem möchte der SPD-Kanzlerkandidat ein weiteres Absinken des Rentenniveaus stoppen. Wenn jahrzehntelange Beschäftigung nicht zu einer Absicherung im Alter oberhalb der Sozialhilfe reiche, sei die Legitimation der Rentenversicherung infrage gestellt, sagte Schulz am Montag in Bielefeld. „Wir werden deshalb das Rentenniveau stabilisieren“, versprach der 61-Jährige(dpa)