Washington. Trump wurde gewählt, weil er als Geschäftsmann für Erfolg und Disziplin steht. Die Realität sieht jedoch seit Dienstag anders aus.

Vier Wochen nach Amtsantritt herrscht Chaos im Weißen Haus. Jeden Tag werden die Medien mit Intrigen und Peinlichkeiten gespickt. Der Präsident kriegt die Lecks nicht gestopft. Seine Manager-Fähigkeit steht in Zweifel. Sein Gespür für geeignetes Personal ohnehin. Der Abgang des Nationalen Sicherheitsberaters Michael Flynn ist der erste Totalschaden.

Dessen Rücktritt war Pflicht. Der schon in der Vorgänger-Regierung gescheiterte Ex-General hatte sich bei seinen dubiosen Kontakten zu Russland in Widersprüche verstrickt und sein wichtigstes Gut zerstört: Glaubwürdigkeit.

Trump wusste seit Wochen von den Lügen seines Beraters

An der Schnittstelle von Krieg und Frieden sitzt ein Nationaler Sicherheitsberater per Definition. Und an dieser Stelle ist ein Mann fehl am Platze, der mit Moskaus Statthalter in Washington verbotene Gespräche führt, sich dabei erwischen lässt und danach dreist lügt.

Aber mit Flynns Ende ist der Fall längst nicht beigelegt. Alle Pfeile zeigen nun auf Trump persönlich. Er wusste seit Wochen, dass Flynn über seine Parallel-Diplomatie mit den Russen gelogen hatte. Das hat sein Regierungssprecher gestern unumwunden eingeräumt.

US-Präsident wird sich erklären müssen

Trotzdem beließ er ihn im Amt. Erst als der Druck durch unliebsame Medien-Berichte zu groß wurde, legte er den Unsicherheitsfaktor Flynn still. Keine Kleinigkeit. Stoff für eine Staatsaffäre.

Der Präsident wird nun genau darüber Auskunft geben müssen, was er in der Angelegenheit wann und von wem wusste. Und ob er Flynn persönlich autorisiert hat, weit vor seinem Amtsantritt mit Moskau das Terrain zu sondieren.

Donald Trumps schlimmste Sprüche

Für die größte Aufregung hat im Wahlkampf ein Video-Mitschnitt aus dem Jahr 2005 gesorgt. Darauf ist zu hören, wie Donald Trump sich extrem vulgär und sexistisch über Frauen äußert. Kurz vor dem Zusammentreffen mit einer Schauspielerin sagt er zu einem TV-Moderator: „Ich sollte besser ein paar TicTacs nehmen, nur falls ich sie küsse. Weißt du, Schönheit zieht mich automatisch an. Ich fange einfach an, sie zu küssen. (...) Ich warte gar nicht ab. Und wenn du ein Star bist, lassen sie dich das machen. Sie lassen dich alles machen. Du kannst ihnen zwischen die Beine greifen, du kannst einfach alles machen.“
Für die größte Aufregung hat im Wahlkampf ein Video-Mitschnitt aus dem Jahr 2005 gesorgt. Darauf ist zu hören, wie Donald Trump sich extrem vulgär und sexistisch über Frauen äußert. Kurz vor dem Zusammentreffen mit einer Schauspielerin sagt er zu einem TV-Moderator: „Ich sollte besser ein paar TicTacs nehmen, nur falls ich sie küsse. Weißt du, Schönheit zieht mich automatisch an. Ich fange einfach an, sie zu küssen. (...) Ich warte gar nicht ab. Und wenn du ein Star bist, lassen sie dich das machen. Sie lassen dich alles machen. Du kannst ihnen zwischen die Beine greifen, du kannst einfach alles machen.“ © REUTERS | MIKE SEGAR
Diese Litanei wiederholt der 70-Jährige gern: „Wir müssen Recht und Ordnung zurückbringen. (...) Illegale Migranten haben Waffen, und sie erschießen Leute.“
Diese Litanei wiederholt der 70-Jährige gern: „Wir müssen Recht und Ordnung zurückbringen. (...) Illegale Migranten haben Waffen, und sie erschießen Leute.“ © REUTERS | MIKE SEGAR
Eine Entschuldigung darf man demnach wohl auch nicht für diese Aussage erwarten: „Hillary will den zweiten Verfassungszusatz abschaffen. Wirklich abschaffen. Falls sie es schafft, ihre Richter auszuwählen, kann man nichts dagegen machen. Obwohl, vielleicht können ja die Verfechter des Zweiten Verfassungszusatzes etwas tun, ich weiß ja auch nicht.“ Von Kritikern wurde der Satz so verstanden, dass Trump über einen Attentat auf Hillary Clinton fabulierte.
Eine Entschuldigung darf man demnach wohl auch nicht für diese Aussage erwarten: „Hillary will den zweiten Verfassungszusatz abschaffen. Wirklich abschaffen. Falls sie es schafft, ihre Richter auszuwählen, kann man nichts dagegen machen. Obwohl, vielleicht können ja die Verfechter des Zweiten Verfassungszusatzes etwas tun, ich weiß ja auch nicht.“ Von Kritikern wurde der Satz so verstanden, dass Trump über einen Attentat auf Hillary Clinton fabulierte. © dpa | Cristobal Herrera
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Flynn war nicht der einzige Wahrheitsverzerrer im Weißen Haus

Trumps penetrante Russland-Freundlichkeit, die den gesamten Wahlkampf prägte und viele Zweifel ausgelöst hat, gerät damit unter Sonder-Beobachtung. Die Demokraten haben Blut geleckt. Die Republikaner werden große Mühe haben, den Schutzschild um ihren Präsidenten intakt zu halten. Auch weil Michael Flynn in den Disziplinen Lügen und Wahrheitsverzerrung keine Ausnahme im engeren Zirkel des Präsidenten darstellt.

Das Schicksal Michael Flynns ist ein zwiespältiger Warnschuss. Das Gute: Alternative Fakten reichen nicht mehr, um abzulenken, wenn Trumps Leute Mist bauen. Das Schlechte: Geheimdienste und verprellte Beamte aus der Obama-Regierung könnten anhand von mitgeschnittenen Gesprächen das Gegenteil beweisen. Vertraulichkeit ist dahin. Die von Trump einmal zu oft schikanierten Medien werden die Widersprüche gern an ihrer Leser weiterreichen. Vier Wochen nach Beginn seiner Amtszeit steht Donald Trump mit beiden Beinen im Feuer.