Berlin. SPD-Chef Sigmar Gabriel verzichtet auf die Kanzlerkandidatur. Er will auch den Parteivorsitz abgeben und lieber Außenminister werden.

  • Sigmar Gabriel will nicht als Kanzlerkandidat antreten
  • Der SPD-Chef schlägt Martin Schulz als Nachfolger vor
  • Gabriel möchte das Außenministerium übernehmen

Paukenschlag bei der SPD: Parteichef Sigmar Gabriel hat mit einem spektakulären Schachzug am Dienstag eine politische Bombe bei den Sozialdemokraten gezündet: Gabriel verzichtet auf die Kanzlerkandidatur und schlägt den bisherigen EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz als Herausforderer von Kanzlerin Angela Merkel vor. Schulz solle auch Parteichef werden, sagte Gabriel am Dienstag. Schulz war erst kürzlich als Präsident des Europaparlaments abgetreten.

Gabriel will Außenminister werden

Gabriel selbst strebt den Posten des Außenministers an, den Frank-Walter Steinmeier nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten räumen wird. Steinmeier wird am 12. Februar aller Voraussicht nach zum neuen Staatsoberhaupt gekürt. Als künftige Wirtschaftsministerin ist Gabriels bisherige Staatssekretärin Brigitte Zypries vorgesehen.

Am Dienstagabend gaben Gabriel und Schulz gemeinsam im Willy-Brandt-Haus in Berlin ein Statement ab. Dabei erklärte Gabriel, dass SPD-Präsidium habe einstimmig beschlossen: „Martin Schulz wird der Kanzlerkandidat der SPD zur Bundestagswahl 2017.“ Ebenso habe das Gremium sich dafür entschieden, dass Schulz auch der neue Parteivorsitzende der SPD werden soll.

Offiziell soll Schulz am Sonntag vom Parteivorstand als Kanzlerkandidat nominiert werden. Schulz habe im Vergleich mit ihm selbst „die besseren Chancen“ bei der Wahl, begründete Gabriel seinen Verzicht.

Gabriel beriet sich mit Hannelore Kraft

Ein Kandidat könne nur glaubwürdig sein, wenn die Partei eine geschlossene Führung habe, so Gabriel weiter. Anfang März soll ein Sonderparteitag der SPD den neuen Parteichef wählen. Gabriel bestätigte, dass er Nachfolger von Frank-Walter Steinmeier als Außenminister werden will. Auch darüber habe es „sehr große Einstimmigkeit im Präsidium“ gegeben.

Gabriel sagte, er danke der SPD, „dass ich ihr Vorsitzender sein durfte. Es war eine tolle Zeit“. Er sei von niemandem zu seinem Verzicht gedrängt worden. Er habe darüber „viel nachgedacht“ und viele Gespräche geführt, vor allem mit NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.

Darum ist Sigmar Gabriels Rückzug stillos

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    Schulz: Mit Mut und Zuversicht antreten

    „Dies ist ein besonderer Tag, der mich tief bewegt“, sagte Gabriels designierter Nachfolger Martin Schulz. Der Vorsitz der SPD sei „eine außergewöhnliche Ehre, die ich mit Stolz und Demut annehme“. Die Partei haben „den Auftrag, unser Land zu verbessern“.

    Er stelle eine „große Verunsicherung unter den Menschen“ in Deutschland fest, so Schulz weiter. Der wolle er „mit Mut und Zuversicht“ gegenübertreten. Schulz: „Die SPD hat den Führungsanspruch in diesem Land. Diesen Anspruch will ich in Stimmen umsetzen.“

    Gabriel will Neuanfang mit Schulz

    Dem „Stern“ sagte Gabriel: „Wenn ich jetzt anträte, würde ich scheitern und mit mir die SPD.“ Schulz habe „die eindeutig besseren Wahlchancen. Das, was ich bringen konnte, hat nicht gereicht. Schulz steht für einen Neuanfang. Und darum geht es bei der Bundestagswahl.“ Der 57-jährige Gabriel ist seit 2009 Chef der SPD.

    SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann zollte Gabriel laut Teilnehmern der Fraktionssitzung am Dienstag Respekt für seine Entscheidung. Er habe eigene Interessen zurückgestellt im Interesse der Partei, lobte Oppermann. Oppermann habe Gabriel gedankt für sein Verdienst, die Partei zusammengehalten zu haben.

    Mitarbeiter in SPD-Zentrale völlig überrascht

    Nach Informationen unserer Redaktion schlug die Nachricht von Gabriels Verzicht in SPD-Kreisen am Dienstag wie eine Bombe ein. In der Berliner Parteizentrale wurden auch enge Mitarbeiter von der Entwicklung völlig überrascht. „Hier fliegen die Fetzen!“, erklärte ein SPD-Mitglied im Willy-Brandt-Haus.

    Der für Ende Mai geplante SPD-Bundesparteitag wird Parteikreisen zufolge vorgezogen für die Wahl eines neuen Parteivorsitzenden. Im Gespräch sei ein Termin in etwa vier Wochen. (W.B./dpa)