Berlin. Eine große Mehrheit der Väter und Mütter glaubt, deutsche Kitas könnten besser sein. Dafür würden sie sogar höhere Beiträge zahlen.

Waldorfkindergarten oder Montessori-Kita? Städtisch, privat oder konfessionell? Die deutschen Eltern schätzen die Vielfalt der pädagogischen Angebote – daran soll sich bloß nichts ändern, finden die meisten. Ganz anders aber sieht es bei der Qualität der Betreuung aus: Die überwältigende Mehrheit der Mütter und Väter fordert bundeseinheitliche Standards beim Personal und bei der Verpflegung. Jeder Zweite wäre sogar bereit, dafür höhere Elternbeiträge zu bezahlen.

„Eltern möchten für ihre Kinder überall die gleichen guten Bildungschancen, unabhängig vom Wohnort“, sagt Jörg Dräger von der Bertelsmann Stiftung. In einer Umfrage im Auftrag der Stiftung wünschten sich 86 Prozent der Eltern eine staatliche Festlegung des Personalschlüssels, der Frage also, wie viele Kinder von einer Erzieherin betreut werden dürfen. In Ostdeutschland waren sogar 93 Prozent für eine solche Vorgabe, hier sind die Personalschlüssel oft besonders ungünstig.

Öffnungszeiten nicht bedarfsgerecht

Das müssen uns die Kinder wert seinNeun von zehn Eltern forderten darüber hinaus einheitliche Verpflegungsstandards in den Kitas. Bislang orientiert sich nur jede dritte Kita an anerkannten Standards für eine ausgewogene Ernährung. Viele Mütter und Väter beklagten zudem, dass sich die Öffnungszeiten von Kitas nicht am tatsächlichen Bedarf der Eltern orientierten.

Die Umfrage ist Wasser auf die Mühlen von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig: Sie fühle sich bestärkt in ihren Bemühungen, gemeinsam mit den Ländern die Qualität in der Kindertagesbetreuung zu verbessern, sagte die SPD-Politikerin am Mittwoch. „Denn Kitas sind genauso wichtig wie Schulen und Unis.“ Nachdem Bund und Länder in den vergangenen Jahren vor allem den Ausbau der Kitas finanziert hatten, soll jetzt die Qualität ins Zen­trum rücken.

Zehn Milliarden sollen investiert werden

Mitte November hatte sich Schwesig mit den Ländern erstmals auf gemeinsame Qualitätsziele geeinigt: Sie wollen mehr Fachkräfte einstellen, die Sprachförderung verbessern und die Eltern bei den Gebühren entlasten. Kostenpunkt: zehn Milliarden Euro pro Jahr. Der Bund soll nach Schwesigs Vorstellungen die Hälfte übernehmen. Im Frühjahr 2017 soll es Eckpunkte für ein Qualitätsgesetz geben.

Nach Berechnungen des Ministeriums würde es allein knapp sechs Milliarden Euro pro Jahr kosten, den Betreuungsschlüssel bundesweit so anzuheben, dass ein Erzieher nur noch drei bis vier Kleinkinder oder neun ältere Kinder betreut. Doch auch die Eltern sollen direkt entlastet werden: Schwesig will, dass die Kindertagesstätten gebührenfrei werden. Geringverdiener, die Kinderzuschlag und Wohngeld bekommen, könnten in einem ersten Schritt von den Kita-Beiträgen befreit werden. Bund und Länder würde das rund 30 Millionen Euro kosten.

Gebühren oft nach Einkommen gestaffelt

Kostenfreie Kitas für alle, das zeigt die Bertelsmann-Umfrage, sind vielen Eltern aber gar nicht so wichtig. Derzeit zahlen bundesweit acht von zehn Eltern Gebühren, oftmals nach Einkommen gestaffelt, manche sogar mehr als 600 Euro pro Monat. 52 Prozent der Mütter und Väter finden diese Gebühren jedoch angemessen, immerhin 48 Prozent sagen, dass sie für bessere Kitas sogar tiefer in die Tasche greifen würden. Selbst bei denen, die heute schon keine Gebühren zahlen, würde jeder Zweite wieder damit anfangen, um die Qualität zu verbessern.