Berlin. Die „Tagesthemen“ hatten bisher nicht über den Mordfall in Freiburg berichtet. Nach Äußerungen aus der Politik lenkte die ARD ein.

Nach Kritik von Zuschauern und Politikern hat sich die „ARD-aktuell“-Redaktion entschieden, doch über den Mordfall an einer 20-jährigen Studentin in Freiburg zu berichten. Die Redaktion ist für die „Tagesschau“ und die „Tagesthemen“ verantwortlich, in denen der Fall am Montagabend schließlich dargestellt wurde. Die Festnahme eines 17-jährigen afghanischen Tatverdächtigen hatte die Polizei bereits am Samstag bekanntgegeben.

Die „Tagesthemen“ begründeten ihr Umschwenken damit, dass „der Fall eine politische Dimension bekommen hat“, wie Moderator Ingo Zamperoni während der Sendung sagte. Tatsächlich hat der Fall eine Dimension erreicht, die auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) während eines Interviews in den „Tagesthemen“ zu einem Statement bewegte.

Kanzlerin fordert offene Auseinandersetzung

Merkel sagte, dass der Mord absolut zu verurteilen und ein tragisches Ereignis sei, „über das man auch ganz offen sprechen muss“. Dabei dürfe jedoch keine Ablehnung einer ganzen Gruppe entstehen. Damit bezog sich die Kanzlerin auf Stimmen, die den Mordfall für eine Generalkritik an der Flüchtlingspolitik nutzen – schließlich handelt es sich bei dem Tatverdächtigen um einen Flüchtling.

Nach Ansicht vieler Zuschauer der „Tagesschau“ und der „Tagesthemen“ hatte es die offene Auseinandersetzung, wie sie Merkel gefordert hat, in der ARD nicht gegeben. Allein schon deshalb, weil die Sendungen gar nicht berichtet hätten.

Qualitätsmanager soll ARD-Redaktion unterstützen

Die ARD reagiert nun auch personell auf diese Kritik. Nächstes Jahr soll ein „Qualitätsmanager“ beim Sender die Arbeit aufnehmen. Dieser solle die redaktionelle Arbeit unter Berücksichtigung der Zuschauerbeschwerden unterstützen, heißt es. Bei der Schaffung der Stelle dürfte nicht nur der aktuelle Fall ausschlaggebend gewesen sein. So hatte CSU-Chef Horst Seehofer bereits im Februar die Berichterstattung von ARD und ZDF in der Flüchtlingskrise insgesamt scharf kritisiert. 2014 gab es zudem massive Zuschauerkritik an den „Tagesschau“-Berichten zur Ukraine-Krise.

Unabhängig von der Ankündigung der ARD geht die politische Diskussion um den Mordfall von Freiburg weiter. Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Ansgar Heveling (CDU), kritisierte die bisherige Haltung des Senders. Der Fall sei schon vor der Festnahme des Tatverdächtigen präsent gewesen.

SPD-Politiker sieht Freiburg als „Grenzfall“

„Ich halte die Entscheidung der Tagesschau deshalb für falsch, weil sie natürlich den Eindruck erweckt, man wolle nicht berichten, weil der Tatverdächtige ein unbegleiteter minderjähriger Asylbewerber ist. Ein solcher Eindruck ist fatal“, erklärte Heveling, der auch Unions-Obmann im Kultur- und Medienausschuss ist, gegenüber unserer Redaktion. Der medienpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Martin Dörmann, verteidigte dagegen die Haltung der „Tagesschau“-Redaktion. „Das ist ein Grenzfall“, sagte er unserer Redaktion. (mit dpa)