Berlin. Die vier großen Energiekonzerne sollen 23,5 Milliarden Euro für die Entsorgung von Atommüll zahlen – die Grünen fordern höhere Summen.

Die Grünen wollen die Atomkraftwerksbetreiber mit zusätzlichen Milliardenlasten an den gesellschaftlichen Kosten der Atomkraft beteiligen: Sie fordern, die zum Jahresende auslaufende Kernbrennstoffsteuer bis 2022 zu verlängern und gleichzeitig den Steuertarif um rund 50 Prozent zu erhöhen. Das geht aus einem noch unveröffentlichten Antrag der Bundestagsfraktion hervor, der unserer Redaktion vorliegt. Derzeit erzeugen noch acht Atomkraftwerke Strom. Sie sollen bis 2022 vom Netz.

Den Grünen geht es um Gerechtigkeit

„Verlängerung und Anhebung der Steuer sind aus Gerechtigkeitsgründen nötig“, sagten die Grünen-Sprecherinnen für Atompolitik und für Steuern, Sylvia Kotting-Uhl und Lisa Paus. Die Betreiber der Atomkraftwerke hätten über Jahrzehnte ungerechtfertigt Milliardenkosten auf die Allgemeinheit abwälzen können, die noch längst nicht abgegolten seien. „Deshalb lassen sich weder die willkürliche Befristung der Steuer noch ihr Rabatt-Tarif sachlich rechtfertigen.“

Erst am Mittwoch hatte die Bundesregierung den Weg frei gemacht für einen Milliardenpakt mit den vier großen Energiekonzernen – Eon, RWE, EnBW und Vattenfall – zur Entsorgung der atomaren Altlasten: Dabei geht es nur um die Kosten für Zwischen- und Endlagerung von Atommüll. Für insgesamt 23,556 Milliarden Euro können sich die Konzerne von der Verantwortung dafür freikaufen. Stilllegung, Abriss und Verpackung des strahlenden Materials müssen sie allerdings weiterhin selbst bezahlen.

Einnahmen von mindestens fünf Milliarden Euro möglich

Die Kernbrennstoffsteuer sehen die Grünen als „zielsicheres Instrument, um die Atomwirtschaft an den gesellschaftlichen Kosten der Atomkraft zu beteiligen“. Allein für die Endlager Asse und Morsleben, deren Nutznießer Atomkraftwerksbetreiber gewesen seien, würden sechs Milliarden Euro benötigt. Insgesamt müsse für Rückbau und Entsorgung ehemaliger Forschungsanlagen und die Endlagersanierung ein mittlerer zweistelliger Milliardenbetrag aufgebracht werden – bislang vom Staat.

Die Brennstoffsteuer war 2011 im Zuge des Atomausstiegs eingeführt worden, befristet bis 2016. Bis Ende 2015 hat der Bund sechs Milliarden Euro eingenommen, allein die Verlängerung um sechs Jahre könnte weitere fünf Milliarden Euro bringen.

Mit dem Vorstoß treiben die Grünen auch einen Keil in die Koalition: Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat sich intern für eine Verlängerung ausgesprochen, Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lehnt sie ab. Die SPD erwägt deshalb, die Wiedereinführung der Steuer in ihr Programm zur Bundestagswahl 2017 aufzunehmen.