Die Bilanz Donald Trumps nach den Vorwahlen der Republikaner war eindrucksvoll: 14 Millionen Stimmen und knapp 1700 Delegierte. Ein abenteuerlich anmutendes Szenario, über das im Präsidentschaftswahlkampf immer häufiger spekuliert wird, schiebt nun eine ganz andere Zahl in den Vordergrund: 168. So viele Mitglieder hat das Nationale Komitee der Republikaner (RNC). Es müsste auf den Plan treten, wenn Trump vor dem Wahltag am 8. November vorzeitig aufgibt oder wegen Unfähigkeit aus dem Rennen genommen wird.

Was ein beispielloser Vorgang in der amerikanischen Geschichte wäre. Fakt ist: Bis Anfang September muss die Frage geklärt sein. Danach hätte ein Ersatzkandidat keine Chance mehr, in allen Bundesstaaten auf die Wahlzettel zu kommen. Sowohl Trump als auch die republikanische Parteispitze dementieren die Existenz solcher Gedankenspiele. Dabei sind die nicht zu übersehen. Die Frage, ob er sich in seinen künftigen Auftritten mäßigen werde, um nicht weitere Wählergruppen zu verprellen, verneinte Trump zuletzt. „Entweder reicht es am Ende oder ich werde einen sehr, sehr schönen langen Urlaub haben.“

Weil Trump außerdem einräumte, dass seine Kampagne selbst in sicheren Republikaner-Hochburgen (Utah, Georgia etc.) Akzeptanzprobleme hat, schlossen US-Kommentatoren auf ein vorzeitiges Aus. Der New Yorker Unternehmer nährte zudem die Vermutung, einer Niederlage zuvorkommen zu wollen. Falls seine Rivalin Clinton im umkämpften Pennsylvania gewinnt, sagte er am Wochenende, wäre das nur durch „Wahlbetrug“ zu erklären.

Der für seine Unbeherrschtheit bekannte Geschäftsmann legt nach jedem Fehltritt nach. Frisches Beispiel: Seine auch von vielen Republikanern als verleumderisch empfundene Behauptung, Präsident Obama und Konkurrentin Clinton seien die „Gründer“ des Terror-Netzwerks „Islamischer Staat“ (IS), fing Trump damit ein, es habe sich um „Sarkasmus“ gehandelt. Am Samstag zog er das zurück: „Obama hat den ‚Islamischen Staat‘ gegründet.“

Die Zahl der Partei-Promis, die öffentlich vor „ihrem“ Kandidaten“ warnen, steigt täglich. 50 ehemalige Regierungsverantwortliche der „Grand Old Party“ warnen vor dem „Sicherheitsrisiko Trump“ für den Weltfrieden. 70 einflussreiche Funktionäre aus dem Mittelbau verlangen, dass die Partei Trump jede finanzielle und ideelle Hilfe entzieht. Begründung: „Wir glauben, dass Donald Trumps spalterische Haltung, Rücksichtslosigkeit, Inkompetenz und rekordverdächtige Unbeliebtheit diese Wahl in einen Erdrutsch für die Demokraten verwandeln können.“

Spätestens am Labor Day, der am 5. September den Auftakt der heißen Wahlkampfphase markiert, „muss Trump den freien Fall in den Umfragen abgebremst haben“, sagen Wahlforscher. In der Zwischenzeit basteln kleine Zirkel bei den Republikanern weiter an Plan B: ein Last-Minute-Ersatzkandidat für Donald Trump. Wer es machen würde? Das ist die 100-Millionen-Dollar-Frage.