Berlin. Beim ESC in Malmö folgt Thorsten Schorn der Moderatorenlegende Peter Urban nach. Der Radiomoderator hat sich ganz besonders vorbereitet.

Er ist der neue deutsche Kommentator beim Eurovision Song Contest und wird als Nachfolger des legendären Peter Urban im Mai durch das große Finale des ESC 2024 in Malmö führen (11. Mai, ab 20.15 Uhr live in der ARD). Der 48-jährige Thorsten Schorn ist gebürtiger Kölner und Radiomensch durch und durch. Er moderierte auch bei 1Live und mittlerweile beim WDR 2. Im Interview erzählt er, was er von Urban übernehmen will.

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Worauf kommt es beim ESC an? Auf einen wirklich guten Text oder auf großes Brimborium?

Thorsten Schorn: Gute Komposition, guter Text, und um am Ende zu gewinnen, sollte der ganze Auftritt stimmig sein. Eine perfekte Inszenierung hat der Schwede Måns Zelmerlöw 2015 mit „Heroes“ abgeliefert, als er mit vorproduzierten Zeichentrick-Männchen tanzte.

Salvador Sobral hat zwei Jahre später eine zarte Jazz-Ballade auf Portugiesisch gesungen und damit gewonnen. Und die italienische Band Måneskin hat 2021 die Energie eines Rockkonzerts in kleinen, verschwitzten Clubs auf die große Bühne gebracht. Musikalisch alles sehr unterschiedlich, aber als Auftritte so rund, dass sich die Menschen in ganz Europa dahinter versammeln konnten.

ESC-Kommentator hatte eine klare Favoritin: Sängerin Joy Fleming

Nicole, Lena, Stefan Raab — Was war für Sie der beste deutsche Beitrag?

Schorn: Völlig klar: „Ein Lied kann eine Brücke sein“, allein der Titel ist doch für den ESC wie ein Motto für alle Zeiten. Ich war zwar noch gar nicht auf der Welt, als Joy Fleming 1975 mit diesem Song angetreten ist, aber der Spiegel schrieb in einem Nachruf völlig zu recht: „So viel Soul hatte der Eurovision Song Contest selten“. Sie war vermutlich ihrer Zeit voraus, am Ende hat es nur für Platz 17 gereicht. Das grüne Kleid, das sie dann irgendwann zerschnitten haben soll, war vielleicht wirklich nicht so ideal. So viel auch zum Thema stimmiger Auftritt.

Thorsten Schorns ganz persönliches Highlight: Sängerin Joy Fleming mit ihrem Chanson „Ein Lied kann eine Brücke sein“, hier beim Vorentscheid 1975 in Frankfurt am Main.
Thorsten Schorns ganz persönliches Highlight: Sängerin Joy Fleming mit ihrem Chanson „Ein Lied kann eine Brücke sein“, hier beim Vorentscheid 1975 in Frankfurt am Main. © picture alliance / dpa | Heinz Wieseler

Hätte Stefan Raabs herrlich albernes Wadde-hadde-dude-da heute noch Chancen?

Schorn: Ich glaube schon. Beim ESC 2000 hat es Stefan Raab natürlich in die Karten gespielt, dass es keine Jurys gab. Allein das Publikum bestimmte, wer Punkte bekommt. Dass der Spaß beim ESC nach wie vor nicht zu kurz kommt, hat der finnische Beitrag im vergangenen Jahr bewiesen, der ganz klar das Publikumsvoting gewonnen hat. Und auch in diesem Jahr gibt wieder Songs, bei denen das Publikum mit heruntergeklapptem Kiefer vor dem Fernseher sitzen wird.

Wie sich Thorsten Schorn an seinem Vorgänger Peter Urban orientiert

Es ist eine Premiere für Sie. Wie bereiten Sie sich auf den ESC vor?

Schorn: Ich kenne die Songs, habe sämtliche Hintergrundinfos und verfolge in Malmö die Proben. Vermutlich könnte ich zu jedem Beitrag mehrere Minuten lang etwas erzählen, aber ich will es ja nicht überfrachten, glücklicherweise ist die Zeit ohnehin begrenzt. Schließlich sollen auch all diejenigen einen unterhaltsamen Abend haben, die sich vielleicht nur an einem einzigen Tag im Jahr für den ESC interessieren.

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Peter Urban war der legendäre ESC-Kommentator. Nach 25 Jahren übernimmt jetzt Thorsten Schorn.
Peter Urban war der legendäre ESC-Kommentator. Nach 25 Jahren übernimmt jetzt Thorsten Schorn. © picture alliance / dpa | Horst Galuschka

Peter Urban war 25 Jahre lang unsere Stimme des ESC. Er verband Infos mit viel Humor. Der gewisse Witz machte ihn aus. Wie gehen Sie an Ihre Rolle heran?

Schorn: Ich schätze die Art, wie Peter Urban es gemacht hat, sehr. Er war in seinen Kommentaren auf den Punkt, klug und hat mit seiner unverwechselbaren Stimme den ESC in Deutschland geprägt wie kein anderer vor ihm. Und da sind schließlich große Namen wie Thomas Gottschalk, Max Schautzer und Jan Hofer dabei. Mein Verständnis von Kommentierung ist, dass sich das Erlebnis vor Ort nach Hause transportiert. Egal ob Radiopreis, Rosenmontagszug oder ESC, ich nehme das Publikum an die Hand. Es geht nicht darum, irgendwas nach oben zu jubeln oder zynisch schlecht zu reden.

Urban war ein Großer. Aber jetzt sind Sie an der Reihe. Was wollen Sie anders machen als Peter Urban?

Schorn: Die Lässigkeit und Ruhe in seiner Art zu kommentieren fand ich immer genau richtig und ich denke, dass mein Stil für keinen Bruch sorgen wird.

Wilde Zeiten beim ESC: Stefan Raab (Mitte) und seine Band belegten am 13. Mai 2000 mit dem Blödel-Song „Wadde hadde dudde da“den fünften Platz.
Wilde Zeiten beim ESC: Stefan Raab (Mitte) und seine Band belegten am 13. Mai 2000 mit dem Blödel-Song „Wadde hadde dudde da“den fünften Platz. © picture-alliance / dpa | epa Pressensbild Jonas Ekstromer

Wie bekannt sind Sie eigentlich? Werden Sie auf der Straße an der Stimme erkannt?

Schorn: Mich hat eine Supermarktkassiererin gefragt, ob sie mich schon mal im Radio gehört haben könnte. Das war ganz süß. Allerdings musste sie lachen, als ich zurückfragte, ob sie mich vielleicht gar nicht an der Stimme erkannt hat, sondern an meinem Namen, den sie gerade auf meiner EC-Karte gelesen hatte.

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Als Kölner sind Sie sicher auch Karnevals-Fan. Verkleiden Sie sich auch?

Schorn: Zwischen Aschermittwoch und dem 11.11. haben wir Kölner unsere Karnevalskostüme eingemottet. Beim ESC wäre eine Verkleidung in der kleinen Kommentatorenbox ohnehin wohl sehr unpraktisch. Eine Luftschlange muss reichen.