Berlin. Ein Frachtschiff hat in Baltimore (USA) eine große Brücke zum Einsturz gebracht. Für die sechs Vermissten besteht keine Hoffnung mehr.

  • In Baltimore ist am frühen Dienstagmorgen die 2,5 Kilometer lange „Key Bridge“ eingestürzt
  • Ein Containerschiff hatte einen der Brückenpfeiler gerammt und so den Einsturz verursacht
  • Zwei Vermisste konnten gerettet werden, die Suche nach sechs weiteren wurde eingestellt

In der Stadt Baltimore im US-Bundesstaat Maryland ist in der Nacht auf Dienstag ein Containerschiff mit einer Brücke kollidiert. Die mehr als 2,5 Kilometer lange „Francis Scott Key Bridge“ stürzte daraufhin ein. Acht Menschen wurden nach dem Unglück vermisst. Zwei konnten geborgen werden, für die anderen sechs besteht nun keine Hoffnung mehr. Die US-Küstenwache hat die aktive Suche in der Nacht zu Mittwoch eingestellt. Die Behörden gehen davon aus, dass die Vermissten tot sind.

Wie Senator Paul Wiedefeld zuvor mitgeteilt hatte, handelte es sich um sechs Mitglieder eines Arbeitstrupps, der zur Zeit des Einsturzes Schäden an der Fahrbahn reparierte. Eine Person sei unverletzt gewesen, die andere „in sehr ernstem Zustand“ in ein Krankenhaus eingeliefert worden, teilte die örtliche Feuerwehr mit.

Bei dem Schiff, das mit der Brücke kollidierte, handelt es sich um die „Dali“, ein rund 300 Meter langes Containerschiff. Sie war unter der Flagge Singapurs auf dem Weg nach Colombo auf Sri Lanka, berichtet die BBC. Nur eine Stunde nach Antritt der 27-tägigen Reise kollidierte die „Dali“ mit einem Brückenpfeiler. Die Chartergesellschaft bestätigte die Kollision, deren Ursache noch erforscht werde. Alle Crewmitglieder seien wohlauf, hieß es.

Schiffskollision: Besatzung gab kurz vorher Notsignal ab

Wie am Dienstagnachmittag bekannt wurde, hatte die Besatzung kurz vor dem Zusammenstoß ein Notsignal abgesetzt. Neusten Erkenntnissen zufolge gab es an Bord ein Problem mit der Stromversorgung. „Die vorläufige Untersuchung deutet auf einen Unfall hin“, sagte Marylands Gouverneur Wes Moore. Es gebe keine Hinweise auf einen Terroranschlag. Ein Ermittler der Bundespolizei FBI äußerte sich ähnlich. Weitere Informationen zur Unfallursache gab es zunächst nicht.

Das Schiff sei „mit acht Knoten, also mit sehr schneller Geschwindigkeit“ auf die Brücke zugesteuert, sagte Moore. In Folge des Notsignals seien die Behörden in der Lage gewesen, den Verkehr zu stoppen, damit nicht noch mehr Autos auf die Brücke gelangten. „Diese Leute sind Helden“, sagte Moore im Rahmen einer Pressekonferenz.

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In Videos in den sozialen Netzwerken ist zu sehen, wie der Frachter mit dem Brückenpfeiler zusammenstößt. Die Brücke kollabiert und kracht in den Patapsco River. Vereinzelt ragen noch Überreste des einst imposanten Stahlgerüsts aus dem Wasser. Das Schiff mit seinen hoch aufgetürmten Containern liegt immer noch an Ort und Stelle – ein Teil der ehemaligen Brücke hängt auf seinem Bug fest.

Nach Brückeneinsturz: Zahl der abgestürzten Fahrzeuge ungewiss

Angaben zu Toten gab es vorerst keine. Wie viele Fahrzeuge sich zum Zeitpunkt des Einsturzes auf der Brücke befanden, war zunächst ebenfalls unklar. „Bild“ berichtet von sechs und einem Lkw, die ins Wasser gestürzt seien. Helikopter waren im Einsatz, die Küstenwache suchte mit Booten den Fluss ab.

In Baltimore ist eine Brücke nach einer Kollision mit einem Frachtschiff eingestürzt.
In Baltimore ist eine Brücke nach einer Kollision mit einem Frachtschiff eingestürzt. © IMAGO | NTB/Port of Baltimore

Die Rettungsarbeiten, unterstützt durch Taucher, waren auch am Dienstagabend noch im Gange. Bei einer Wassertemperatur von rund neun Grad und schlechter Sicht sei der Einsatz auch für sie nicht ungefährlich. Solche Temperaturen können für den menschlichen Körper innerhalb weniger Stunden tödlich sein. Auch die Strömung mache die Suche laut Feuerwehr zu einer „Herausforderung“.

Präsident Biden kündigt Kostenübernahme für Wiederaufbau an

Gouverneur Wes Moore hatte am Dienstag den Notstand ausgerufen. Man arbeite teamübergreifend zusammen, um nun schnell auch von der US-Regierung Hilfe anfordern zu können, hieß es in einer Stellungnahme auf der Plattform X. Präsident Biden verkündete am Abend in einer Pressekonferenz, er wolle nach Baltimore reisen, so schnell er könne. „Ich beabsichtige, dass die Bundesregierung die gesamten Kosten für den Wiederaufbau dieser Brücke übernimmt“, sagte der Demokrat in Washington. „Und ich erwarte, dass der Kongress meine Bemühungen unterstützt.“

Bürgermeister Brandon Scott nannte den Einsturz eine „Tragödie“. Im Video sehe das Unglück aus, „wie in einem Action-Film“. Er bat die Öffentlichkeit, sich auf den Rettungseinsatz und die Angehörigen der Vermissten zu konzentrieren. Die Feuerwehr hatte bereits kurze Zeit nach dem Vorfall angekündigt, man werde den Einsturz sowie den allgemeinen Zustand der Brücke von Experten untersuchen lassen.

Ein Team des „National Transportation Safety Boards“ sei zu diesem Zweck nach Baltimore entsandt worden, wie die „New York Times“ unter Berufung auf die Behörde berichtete. Gouverneur Moore betonte am Dienstag jedoch, nichts deute darauf hin, dass strukturelle Mängel zum Einsturz geführt haben könnten.

Die „Key Bridge“ verläuft über den Patapsco River im Südosten Baltimores.
Die „Key Bridge“ verläuft über den Patapsco River im Südosten Baltimores. © DPA Images | Patrick Semansky

Die Francis Scott Key Bridge führt über den Hafen der Metropole im Nordosten der USA. Wie die Regierung im Bundesstaat Maryland in einem Bericht mitteilte, passierten allein im vergangenen Jahr 12,4 Millionen Fahrzeuge die Brücke. Anwohner zeigten sich schockiert über ihren Einsturz. Wie ein vorbeirauschender Zug habe es geklungen, als die Brücke zusammenbrach, berichtete ein Café-Inhaber der BBC.

Eine andere Anwohnerin sprach unter Tränen von einer „katastrophalen“ Erschütterung, die durchs ganze Haus ging. Über den Verlust der Key Bridge scheint die Frau untröstlich, sie habe ihrem Mann die Brücke sogar einmal auf seine Geburtstagskarte gezeichnet. Sie sei am Boden zerstört, so die Frau: „Es war die Brücke der Brücken.“