Hoppegarten. Chaotische Zustände bei einem der größten Festivals: Tausende Besucher des Lollapalooza in Berlin saßen am Samstag stundenlang fest.

  • Am Samstagabend hat es beim Lollapalooza-Festival bei Berlin ein Chaos gegeben
  • Weil keine S-Bahnen mehr fuhren, mussten Tausende Besucher stundenlang ausharren
  • Mehrere Menschen kollabierten, Rettungskräfte waren im Einsatz

Das Lollapalooza-Festival bietet an seinem ersten Tag ein buntes Musikprogramm auf der Rennbahn Hoppegarten bei Berlin: Die Beatsteaks, Marteria, Mumford and Sons. Und neben den Auftritten der Musiker wandeln Artisten über das Gelände, tragen einen Hauch von Zirkus aufs Fest, es gibt auch eine Bühne für Kinder. Das Wetter ist mäßig, aber nicht schlecht genug, um die Stimmung zu vermiesen. Die Probleme werden am Ende des Tages deutlich. Denn die Abfahrt gerät zum Chaos.

Es ist Samstag kurz vor Mitternacht, als die Band Two Door Cinema Club ihren Auftritt beendet. Zehntausende Gäste wollen nach Hause, viele von ihnen per S-Bahn. Sie drängeln sich auf dem Weg zur Station. Die Polizei hat entschieden, die Menschen nur nach und nach durchzulassen.

Rettungssanitäter erreichen die Verletzten nicht

Und so stehen etwa 3000 Leute vor der Station Hoppegarten – und warten. Als knapp eine Stunde lang keine S-Bahn nach Berlin einfährt, kippt die Stimmung langsam. Viele sind genervt, immer mehr sind angespannt. Einige bitten die Polizei um Wasser, mehrere Menschen kollabieren im Gedränge. Man hört Martinshörner, Rettungskräfte sind im Einsatz.

Auch ihnen ist die Anspannung anzumerken. Gemeinsam mit der Polizei fordern sie die Masse auf, zurück zu gehen. Es gebe mehrere Verletzte, der Rettungsdienst komme nicht an die verletzten Personen heran, wird per Lautsprecher durchgesagt. Zu diesem Zeitpunkt stehen die Menschen dicht gedrängt, sie sind ungeduldig und hoffen weiterhin auf eine schnelle Heimfahrt.

85.000 Besucher wurden erwartet

Spät machen die Einsatzkräfte deutlich, dass man mit der S-Bahn nicht mehr nach Berlin kommen wird. Die Shuttlebusse seien das einzig sinnvolle Verkehrsmittel. Sie bringen die Zuschauer zu einer näher an Berlin gelegenen U-Bahn-Station. Bis zu dieser Info vergehen gut zwei Stunden.

Durchdacht wirkt dieses Konzept nicht, eher chaotisch und improvisiert. Die Bedeutung der Shuttlebusse war zumindest einigen Gästen nicht bewusst, auf der Homepage wurden sie als ausverkauft angezeigt. Die S-Bahn fuhr nach Regelfahrplan, wie ein Bahnsprecher sagte. Trotz der Massen. 85.000 Menschen waren erwartet worden, ähnlich viele wie beim Konzert der Rolling Stones in Hamburg am selben Tag.

Ist Berlin mit dem Lollapalooza überfordert?

Das Lollapalooza und Berlin scheinen auch im dritten Jahr nicht zusammen zu finden. Nachdem es 2016 viele Proteste von Anwohnern des Treptower Parks gab, scheitert es nun in Hoppegarten am Verkehr. An der Zuschauerzahl sollte das nicht liegen: Nach Fußballspielen ähnlicher Größenordnung wie in Dortmund, Gelsenkirchen oder München werden regelmäßig mehr als 60.000 Menschen mit dem öffentlichen Nahverkehr transportiert, ohne größere Probleme.

Es stellt sich die Frage: Ist es sinnvoll, ein großes Festival am Berliner Stadtrand zu veranstalten? Die meisten Festivals mit so vielen Zuschauern finden irgendwo in der Pampa statt, haben einen Campingplatz und die Menschen reisen nicht alle gleichzeitig ab. Trotz kühler Septembernacht wäre am Samstag ein Zelt angenehmer gewesen als langes Warten.

Veranstalter weist Vorwürfe zurück

Das Chaos am Ende des Tages hat daher bei vielen die Stimmung gedrückt. Und das, obwohl der Tag auf dem Gelände eigentlich überzeugend war – und auch der zweite Tag einige Highlights versprach. Vor allem auf die Foo Fighters, Westbam und Cro freuten sich viele Fans.

Der Lollapalooza-Veranstalter hat Vorwürfe wegen mangelnder Organisation zurückgewiesen. „Nach Absprache mit der BVG waren der S-Bahn-Takt von 20 Minuten auf 10 Minuten verdichtet und längere Züge eingesetzt worden“, sagte Veranstalter Tommy Nick am Sonntag. „Nach Aussage der S-Bahn konnte der Takt nicht weiter verdichtet werden, weil es nicht mehr Personal gab.“

Polizei: „Es gab keine bedrohliche Situation“

Etwa 30 Personen hätten Kreislaufprobleme oder Schwächeanfälle erlitten. „Das passiert allerdings häufig bei solchen Festivals im Gedränge, wenn die Leute den ganzen Tag auf den Beinen waren und vielleicht etwas dehydriert sind“, sagte Nick. Die Betroffenen seien sofort von Sanitätern behandelt worden. „Es gab da keine Paniksituationen“, betonte der Veranstalter.

Die Polizeidirektion Ost bestätigte die Darstellung. Bei der Abreise von rund 3000 Festivalbesuchern sei es an dem S-Bahnhof Hoppegarten zu dichtem Gedränge gekommen, sagte ein Sprecher. „Es hat aber zu keinem Zeitpunkt eine bedrohliche Situation gegeben.“ (dpa)