Palma. Mallorca zieht so viele Touristen an wie noch nie. Einheimische sind davon überhaupt nicht angetan. Ihr Protest wird immer lauter.

Es wird immer voller auf Mallorca. Das müssen Touristen schon am Flughafen erfahren: Reisende warten mitunter genauso lange auf ihr Gepäck, wie sie im Ferienflieger saßen, und die Schlangen bei den Mietwagen sind lang. Die spanische Urlaubsinsel erwartet einen Rekordsommer mit so vielen Touristen wie noch nie. Doch die vielen Gäste sind offenbar immer weniger willkommen. Bürgerinitiativen formieren sich, um gegen den Massenansturm, Vermüllung, Bausünden und die „Überfüllung der Insel“ zu protestieren. Beobachter sorgen sich, dass der Mallorca-Boom in eine Krise umschlagen könnte.

15 Bürgerinitiativen und Umweltgruppen haben ein gemeinsames Manifest veröffentlicht. Sie fordern, neue Hotels und Ferienwohnungen zu verbieten, Immobilienspekulationen zu stoppen und Touristenexzessen Einhalt zu gebieten. Denn viele Mallorquiner haben die Nase voll, sie erkennen ihre Insel nicht mehr wieder. Weil es für Hausbesitzer lukrativer ist, ihre Wohnungen über Portale wie AirBnb an Feriengäste zu vermieten, sinkt die Zahl der Mietwohnungen für Insulaner. Auf einer Demonstration in Palma beklagten Bewohner, dass sie sich „fremd in der eigenen Stadt“ fühlen. Die gnadenlose touristische Vermarktung führe zur Vertreibung der Einheimischen und der kleinen Stadtteilgeschäfte. Palma – mit 400.000 Einwohnern die größte Inselgemeinde – mit seiner berühmten historischen Altstadt verwandele sich in einen Vergnügungspark, sorgt sich die Bürgerbewegung „Ciutat per a qui l’habita“ (Eine Stadt für die Bewohner).

Es sollen weniger Touristen kommen

Durch den Boom kommen auch ungebetene Gäste. So mischte kürzlich eine Gruppe von Neonazis in der Disco „Bierkönig“ in Playa de Palma ein Konzert von Ballermann-Sängerin Mia Julia (30) auf. In der britischen Trinkerbastion Magaluf sorgten 20 Engländer für Empörung, weil sie splitternackt durchs Partyviertel zogen.

Die Strände auf Mallorca sind in diesem Jahr so voll wie noch nie.
Die Strände auf Mallorca sind in diesem Jahr so voll wie noch nie. © imago/localpic | imago stock&people

Die Proteste stoßen auf offene Ohren bei der Mitte-links-Regierung der Baleareninseln, zu denen neben Mallorca auch Ibiza, Menorca und Formentera gehören. Politiker denken schon länger über ein touristisches Bettenlimit nach, mit dem die Zahl der Feriengäste reguliert werden soll. Mehr Betten soll es nicht geben, sagt Tourismusminister Biel Barceló, eher sollen es in Zukunft weniger werden. Die „Mallorca Zeitung“ titelte jüngst: „Der Mallorca-Tourist – ein Störenfried?“ und zitierte den örtlichen Unternehmer Tolo Servera, der warnt: „Der Tourismus ist zu einem Problem geworden. Wenn hier nicht bald etwas geschieht, kommt es zu einem gewaltigen Knall.“ Auch Ciro Krauthausen, Chefredakteur der deutschsprachigen Zeitung, sieht Anzeichen dafür, dass die Stimmung kippen könnte. Es gebe „kaum ein Gespräch mit Inselbewohnern, in denen nicht laut über den großen Andrang gestöhnt wird“.

Sangria aus Eimern gibt es am Ballermann 6 nicht mehr

2016 und 2017 wurden rund 350 Millionen Euro in neue Hotels investiert. Sogar Gastronomen wollen weg vom Billigtourismus. Der „Ballermann 6“, jener Strandpavillon, der zu einem Sinnbild für die Alkoholexzesse deutscher Urlauber wurde, heißt seit einigen Wochen „Beach Club Six“, will künftig gesetztere Gäste ansprechen und hat den im Plastikeimer servierten Sangria aus dem Angebot verbannt.

Die Preise auf der Insel sind bereits kräftig gestiegen. Elf Millionen ausländische Touristen werden dieses Jahr erwartet. Der Anteil der Deutschen, berichtet das spanische Fremdenverkehrsamt, sei aber um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Offenbar können sich auch manche Familien aus der Bundesrepublik die Insel nicht mehr leisten.

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