Norristown. Der frühere US-Serienstar Bill Cosby steht wegen sexuellen Missbrauchs vor Gericht.

Als dem Football-Helden O. J. Simpson vor über 20 Jahren nach dem Tod seiner Frau der Prozess gemacht wurde, saß ganz Amerika vor den Fernsehgeräten. Bill Cosby, einst Amerikas Vorzeige-Papa im TV, wird das nicht vergönnt sein. Richter Steven T. O’Neill hat den Prozess des Jahres so medienunfreundlich wie möglich gestaltet. Bewegtbilder im Saal sind verboten. Twittern dürfen die Reporter auch nicht.

Als der 79-jährige Star gestern in Norristown/Pennsylvania auf einen Gehstock gestützt im Gerichtssaal das Eröffnungsplädoyer von Kristen Feden gegen ihn hörte, nahm keine Kamera die Mimik des prominenten Afroamerikaners auf. „Dieser Fall handelt von einem Mann, der seine Macht, seinen Ruhm und seine eingeübten Methoden benutzte, um eine junge Frau in einen handlungsunfähigen Zustand zu versetzen, damit er sich sexuell vergnügen kann“, sagte die Staatsanwältin. Cosby, der sich zum Auftakt von Serientochter Keisha begleiten ließ, wird Missbrauch in drei Fällen vorgeworfen. Mögliches Strafmaß: 15 bis 30 Jahre.

Der Fall, um den es bis zum Urteil in zwei Wochen geht, führt ins Jahr 2004. Andrea Constand, Basketball-Funktionärin der Temple-Universität in der Nähe von Cosbys Wohnort Philadelphia, fuhr damals schwere Geschütze auf. Cosby, der auch in Deutschland als Hauptdarsteller in der TV-Sitcom „The Bill Cosby Show“ bekannt wurde, habe ihr Beruhigungspillen verabreicht und sie danach sexuell belästigt.

Zu einem Strafverfahren kam es nicht. Staatsanwalt Bruce Castor sah nicht genügend Beweise gegen den millionenschweren Entertainer. Obwohl damals 13 weitere Frauen erklärten, ihnen sei es mit Cosby ähnlich ergangen. Der Star wies alle Vorwürfe zurück. Mit Constand einigte er sich außergerichtlich und zahlte eine bis heute unbekannte Summe Schweigegeld. Akten versiegelt. Fall abgeschlossen. Bis im Herbst 2014 der Komödiant Hannibal Buress Cosby als Serienvergewaltiger abkanzelte und so eine Ikone vom Sockel stieß. Ein Ventil ging auf und spülte einen Fleck nach dem anderen auf die bis dahin weiße Weste von Dr. Cliff Huxtable, Cosbys Paraderolle, in der er als moralische Instanz in Sachen Familie, Erziehung und Werte auftrat.

Am Ende waren es fast 60 Frauen, die den seit über 50 Jahren verheirateten Familienvater als Sextäter beschrieben, der seinen Ruhm und sein Geld als Schutzschirm einsetzte, um sich der Strafverfolgung zu entziehen. Zugelassen zum Prozess ist aber nur der kurz vor der Verjährungsfrist wieder aufgerollte Fall Constand. Cosby sieht sich als Opfer rachsüchtiger Frauen.