Zum Tod Christine Kaufmanns: Nachruf auf ein bewegtes Leben
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Von Sören Kittel
Berlin/München. Sie war Kinderstar und in Hollywood umjubelt. In der Nacht zu Dienstag erlag die Schauspielerin Christine Kaufmann ihrem Krebsleiden.
Sie schrieb Bücher, spielte in TV-Serien, vertrieb ihre eigene Kosmetikserie im Fernsehen. Doch es gab eine Zeit, in der standen Christine Kaufmann in Hollywood alle Türen offen.
Mit 15 Jahren spielte sie das Vergewaltigungsopfer Karin Steinhof in „Stadt ohne Mitleid“ mit Kirk Douglas – und beeindruckte vor allem mit dieser Szene: „Macht es Ihnen Spaß, Fräulein Steinhof, Ihren Körper fremden Männern zu zeigen?“, fragt der Anwalt die junge Frau im Zeugenstand. Die schüttelt vehement den Kopf und ruft verzweifelt in den Saal: „Nein, ich sagte Ihnen doch, das habe ich nicht getan!“ Für diese Rolle bekam sie den Golden Globe.
Keine gute Kindheit
In der Nacht zum Dienstag ist der beliebte Film- und TV-Star mit 72 Jahren im Krankenhaus gestorben. Bei ihr waren ihr Bruder, ihre beiden Töchter und ihre Enkel. Zuletzt war die leukämiekranke Schauspielerin ins Koma versetzt worden.
Geboren wurde sie im letzten Kriegsjahr 1945 in der Steiermark. Die Eltern, ein Ex-Offizier und eine französische Maskenbildnerin, trennten sich bald, Kaufmann wuchs in München auf. Sowohl Christine als auch ihr Bruder Hans-Günther beklagten sich später, sie hätten keine gute Kindheit gehabt.
Erste Hauptrolle mit neun Jahren
Die Mutter drängte die kleine Christine dazu, beim Münchner Ballett des Gärtnerplatztheaters zu tanzen. Als Siebenjährige wurde sie für „Im weißen Rößl“ mit Johannes Heesters entdeckt und spielte danach in dem Kinofilm „Salto Mortale“.
Christine Kaufmann: Ihr Leben in Bildern
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Mit nur neun Jahren bekam sie 1954 die Hauptrolle in dem Film „Rosen-Resli“, ein Kassenschlager der 50er-Jahre: Ein junges Mädchen züchtet und verkauft Rosen, damit sie die Behandlung ihrer Pflegemutter bezahlen kann. Rote Blumen, untreue Männer und mittendrin ein unschuldiges Fräulein – mit diesem Stoff stand ihr der Weg nach Hollywood offen. Dort lernte sie ihren ersten Mann kennen, den Filmstar Tony Curtis.
Früher Rückzug aus Hollywood
Damals war sie gerade 18 Jahre, er war mehr als doppelt so alt. Kurz darauf wurde Präsident Kennedy erschossen – genau an dem Tag erfuhr Kaufmann, dass sie schwanger war. Nach der ersten Tochter Alexandra kam bald die zweite: Allegra. Doch die junge Mutter hasste den „American Way of Life“. „Mit 22 habe ich festgestellt, dass ich ihn nicht liebe“, sagte sie später über Curtis. Frisch geschieden ging sie nach Deutschland zurück.
Doch bei einem Urlaub in den USA ließ Curtis die Kinder nicht heimreisen und setzte vor Gericht durch, dass sie bei ihm blieben. „Es ist ein bisschen so, als ob einem das Herz herausgeschnitten wird“, sagte sie über diese Zeit. „Man lebt weiter, indem man einen Teil der Gefühle abschaltet.“
Nach Curtis drei weitere Hochzeiten
Sie blieb in Deutschland und arbeitete an ihrer TV-Karriere. Dort trat sie in Serien auf wie „Der Kommissar“ und „Derrick“, drehte mit Regisseur Werner Schroeter den Film „Der Tod der Maria Malibran“ und mit Rainer Werner Fassbinder die Filme „Lola“ und „Lili Marleen“. In den 80er-Jahren spielte sie in der beliebten Bayern-Serie „Monaco Franze“ mit. Sie kannte Helmut Dietl vorher, jetzt gab der Regisseur ihr erstmals die Chance, ihr komisches Talent zu beweisen.
Die Beziehung zu ihren Töchtern hielt sie aufrecht. Jeden Sommer durften die Mädchen bei ihr in Deutschland sein. Bei einem dieser Besuche erfuhr sie von der Drogensucht von Tony Curtis. Erst im Erwachsenenalter zogen die Töchter wieder bei der Mutter ein. Kaufmann heiratete noch drei weitere Male: den Fernsehregisseur Achim Lenz, den Musiker und Schauspieler Reno Eckstein sowie den Zeichner Klaus Zey.
Auftritte im Homeshopping
In den 2000er-Jahren erfand sich Christine Kaufmann noch einmal neu: Sie vertrieb ihre Kosmetik-Produkte im Homeshopping-Kanal, trat in Münchner Theaterstücken auf – und schrieb Ratgeber über Wellness und Schönheit.
Vor zwei Wochen erst war sie in einer Kochshow zu Gast, sie sprach viel über das Ende des Lebens, Trauer und den Tod – und erinnerte an die Zeit ihrer Geburt: „Es ist schon anders, wenn man im Krieg geboren ist“, sagte sie nachdenklich, „man hat ein ganz anderes Gefühl für Leben und für Zeit.“