Cottbus. Nachdem ein Syrer in Cottbus unter Mordverdacht in U-Haft sitzt, entladen sich Rassismus und Fremdenhass. Deshalb gibt es Appelle.

Fast drei Monate nach dem Fund einer toten Rentnerin in Cottbus hat die Polizei einen jungen Syrer als Mordverdächtigen festgenommen. Weil sich in die Empörung über das Verbrechen an der 82-Jährigen in sozialen Netzwerken auch Mordaufrufe und Fremdenhass mischen, ist die Cottbusser Stadtspitze kurz nach Bekanntwerden des Ermittlungserfolgs mit einem Appell an die Öffentlichkeit gegangen.

Der Cottbuser Oberbürgermeister Holger Kelch mahnt nach der Verhaftung zu Besonnenheit.
Der Cottbuser Oberbürgermeister Holger Kelch mahnt nach der Verhaftung zu Besonnenheit. © Stadt Cottbus | Stadt Cottbus

In einer Mitteilung an die Bürger wird aufgefordert, Ruhe zu bewahren. „Wir wissen, dass die Herkunft des mutmaßlichen Täters Emotionen wecken wird“, heißt es in der Stellungnahme von Oberbürgermeister Holger Kelch und der gesamte Stadtspitze. In die Freude über den Ermittlungserfolg mische sich die Sorge, „dass nun alle in Cottbus lebenden Ausländer unter Generalverdacht gestellt werden.“ Laut Ermittler kam der Tatverdächtige 2015 in Begleitung eines Vormundes nach Deutschland.

Verdächtiger war zum Tatzeitpunkt Jugendlicher

Der Jugendliche wurde am Mittwoch in der Stadt festgenommen. Wie Staatsanwaltschaft Cottbus und die Polizei mitteilten, wurde Haftbefehl wegen Mordes erlassen. Wie der Tatverdächtige zu den Vorwürfen steht, blieb unklar. Er lebte auch in Cottbus und soll das Opfer gekannt haben.

Gerda K. wurde im Dezember von Verwandten tot in ihrer Wohnung gefunden.
Gerda K. wurde im Dezember von Verwandten tot in ihrer Wohnung gefunden. © Polizei | Polizei

Die 82-Jährige war im Dezember tot in ihrer Wohnung entdeckt worden. Nach damaligen Polizeiangaben hatte ein Angehöriger die Leiche gefunden, nachdem die Frau nicht zu einer Weihnachtsfeier ehemaliger Arbeitskollegen erschienen war. Wie sie ums Leben kam, ist nicht bekannt.

Warum der Jugendliche die Rentnerin getötet haben könnte, blieb unklar. Er sei zu den Vorwürfen vernommen worden, teilte die Staatsanwaltschaft lediglich mit und verwies im Zusammenhang zugleich auf den besonderen Schutz von Jugendlichen bei Ermittlungen. Auch das genaue Alter teilte die Behörde nicht mit. Zumindest zum Tatzeitpunkt war der Syrer Jugendlicher.

Nach dem Einkauf getötet

Die Rentnerin soll vor ihrem Tod noch Einkäufe in der Stadt gemacht haben. Der Tatverdächtige soll ihr aber nicht aufgelauert haben, wie die Polizei betonte. Eine Sonderkommission führt die Ermittlungen nun weiter. Es werden demnach noch Vernehmungen im Umfeld gemacht. Insgesamt seien 47 Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen, denen die Ermittler nachgegangen waren. (law/dpa)