Berlin. Ihre Tochter kam auf dem Breitscheidplatz ums Leben. Doch Unterstützung von den Behörden gab es nicht, klagt eine italienische Familie.

Die Familie der Italienerin Fabrizia Di L., die bei dem Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz am 19. Dezember getötet wurde, hat schwere Vorwürfe gegen deutsche Behörden und Politiker erhoben.

Sie seien „wütend“ darüber, wie sie nach dem Tod der jungen Frau von den zuständigen Stellen in Berlin behandelt worden seien, sagten Angehörige der Tageszeitung „Corriere Della Sera“. Außerdem beklagen sie, dass ihnen keine angemessene Entschädigung für den Tod der Tochter zustehe; es sei „absurd“, dass der Anschlag in dieser Hinsicht „wie ein normaler Verkehrsunfall“ angesehen werde.

Opfer lebte seit längerem in Berlin

Fabrizia Di L. gehört zu den zwölf Todesopfern des Anschlags von Berlin. Die zum Zeitpunkt des Attentats 31 Jahre alte Frau aus Sulmona in den Abruzzen lebte seit mehreren Jahren in Berlin, wo sie bei einem Logistikunternehmen arbeitete.

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    Nachdem sie erfahren hatte, dass ihre Tochter womöglich von dem Anschlag betroffen war, flog Mutter Giovanna Di L. (59) mit ihrem Sohn Gerardo (27) sofort nach Berlin.

    Angehörige fühlten sich allein gelassen

    Es dauerte drei Tage, bis sie die traurige Gewissheit hatten, dass Fabrizia nicht mehr lebte. Drei „unerträglich lange Tage, ohne psychologische Unterstützung, ohne dass ein Vertreter einer deutschen Behörden sich sehen ließ und uns etwas sagte“, wie die Mutter bitter berichtet.

    Während dieser Tage habe sich die Familie von den deutschen Behörden und der Politik alleingelassen gefühlt, so Giovanna Di L. weiter: „Ausgenommen die Polizistin, die wortlos bei mir die DNA-Probe entnommen hat. Man hat uns nie kontaktiert, man hat uns keinen Dolmetscher zur Seite gestellt, man hat uns alleingelassen. Wir mussten immer nachfragen.“ Anderen Angehörigen, auch deutscher Opfer, sei es ähnlich ergangen.

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      Gauck entschuldigte sich

      Als Bundespräsident Joachim Gauck die Angehörigen der Anschlagsopfer am 17. Februar in Berlin empfing, war auch die Familie Di L. dabei. Gauck habe zugestanden, dass in den Tagen nach dem Anschlag manches nicht gut gelaufen sei, berichtet die Mutter.

      Er habe sich dafür entschuldigt. Doch können es die Angehörigen von Fabrizia nicht verstehen, dass ihnen nach deutschem Recht keine „angemessene Entschädigung“ zustehe.

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        Geringere Entschädigung als bei anderen Anschlägen

        Tatsächlich können die Familien der Opfer nach geltender Rechtslage nicht nach dem Opferentschädigungsgesetz behandelt werden – es gilt formal nicht für Anschläge, die mit einem Kraftfahrzeug verübt wurden. Dort greift die Verkehrsopferhilfe, die aber auf 7,5 Millionen Euro pro Schadensfall begrenzt ist. Und der Anschlag in Berlin gilt als ein einziger Schadensfall.

        „Kein Geld kann den Tod unserer Tochter aufwiegen“, sagt Mutter Giovanna, „aber eine angemessene Entschädigung wäre ein Zeichen, dass man die Verantwortung dafür übernimmt, einen seit Jahren bekannten Kriminellen nicht rechtzeitig gestoppt zu haben. Und dafür, keine Sicherheitsmaßnahmen getroffen zu haben, wie die Betonbarrieren, die nach dem Anschlag am Rand des Weihnachtsmarkt aufgestellt wurden.“ (W.B.)