Hamburg. Weil Flüchtlinge kostenlos Zutritt erhielten, werden die Chefs des Miniatur Wunderlands in Hamburg beschimpft. Die drehen den Spieß um.

  • Das Miniatur Wunderland in Hamburg ermöglichte Bedürftigen im Januar kostenlosen Eintritt
  • Weil auch Flüchtlinge das Angebot annahmen, bekamen die Betreiber nun einen Hass-Brief
  • Den wiederum veröffentlichten die Betreiber auf Facebook – und bekommen viel Zuspruch

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, mit Hassbriefen umzugehen. Man kann sie einfach zerknüllen und in den Papierkorb werfen. Oder man kann eine Antwort schreiben, was in der Regel sinnlos ist, weil Hass nun einmal keine Stimmungslage ist, die sich durch Argumente in Wohlgefallen auflösen ließe. Die Macher des Miniatur Wunderlandes in Hamburg wählten einen dritten Weg: Sie veröffentlichten das Schreiben im Internet – und regten so eine lebhafte Debatte an.

Gerrit und Frederik Braun, die zusammen mit Stephan Hertz das Miniatur Wunderland in Hamburg.
Gerrit und Frederik Braun, die zusammen mit Stephan Hertz das Miniatur Wunderland in Hamburg. © imago/APress | imago stock&people

Der Verfasser, ein Heinz-Günter, schrieb unter dem Betreff „Syrier (sic!) im Wunderland“: „Wir tragen auf keinen Fall die Politik von Merkel, diese Wirtschaftsflüchtlinge in unser Land zu lassen. Auch müssen wir den Eintritt für diese Wirtschaftsflüchtlinge durch unsere Arbeit bezahlen. Die Wirtschaftsflüchtlinge werden kostenlos oder mit unserem Geld eingelassen.“

25 Prozent der Gratis-Besucher waren Flüchtlinge

Er und die Freunde aus seinem Modelleisenbahnclub, auf die sich Heinz-Günter offenbar beruft, würden die Einrichtung daher künftig meiden. Als „Beleg“ sind Zeitungsfotos von ausländischen Besuchern des Hamburger Touristenmagnets angehängt. Statt einer Grußformel wünscht er dann noch „eine bombenlose Zeit“.

Der Brief nimmt offenbar Bezug auf die Aktion „Kann ich mir nicht leisten“ des Miniatur Wunderlands im Januar. 17 Tage lang erhielten bedürftige Menschen kostenlos Zugang zu der weltgrößten Modelleisenbahn-Anlage. Etwa 18.000 Menschen machten davon Gebrauch, unter ihnen waren laut Wunderland-Angaben etwa 25 Prozent Flüchtlinge.

Auch mit dieser Aktion setzten die Betreiber des Miniatur Wunderlands in Hamburg ein Zeichen für Weltoffenheit: Ende Januar konnten Besucher die Modellbaulandschaft von Amerika nur hinter einer Mauer sehen.
Auch mit dieser Aktion setzten die Betreiber des Miniatur Wunderlands in Hamburg ein Zeichen für Weltoffenheit: Ende Januar konnten Besucher die Modellbaulandschaft von Amerika nur hinter einer Mauer sehen. © dpa | Christian Charisius

„Die Aktion basierte auf Vertrauen und war wunderbar. Man spürte pures Glück und Freude bei den Menschen! Leider bekamen wir neben massenhaft Danksagungen auch einige solcher Schreiben und Mails“, schreiben die Wunderland-Betreiber Frederik und Gerrit Braun sowie Stephan Hertz in einer gemeinsamen Erklärung, die sie auf Facebook veröffentlicht haben. Und weiter: „Wo steuern wir hin, wenn eine Aktion wie unsere bei einigen von Angst gesteuerten Menschen dazu führt, virtuell und per Post solche Hassbotschaften zu verbreiten? Das Problem unseres heutigen, virtuellen Zeitalters ist die Tatsache, dass negative Botschaften schnell und leicht ‘rausgehauen’ werden und zu wenig positives Antworten entgegengesetzt werden. Dadurch entsteht ein völlig falsches Meinungsbild!“

• Hier geht’s zum Facebook-Eintrag

Mehr als 4000 Kommentare

Um der Stimme der „liebevollen und wunderbaren Menschen in Deutschland“ mehr Gewicht zu geben, solle der Beitrag auf Facebook geteilt werden. Die Resonanz war überwältigend: Innerhalb der ersten 17 Stunden folgten mehr als 15.000 Facebook-Freunde dem Aufruf. Dazu wurden mehr als 4000 Kommentare hinterlassen, wobei die Betreiber überwiegend Zuspruch erhielten. Die Brauns und Hertz hatten übrigens tatsächlich Kontakt zu Heinz-Günter aufgenommen. Es sei „leider ein ebenfalls unangenehmes Telefonat“ gewesen.

Erst Ende Januar hatte das Miniatur Wunderland mit einer Mauer um das Modell der Glücksspielstadt Las Vegas für Aufsehen gesorgt. Die Anspielung auf die Politik des neuen US-Präsidenten Las Vegas stieß in den sozialen Netzwerken auf ein geteiltes Echo. (leo)

• Dieser Artikel ist zuerst beim „Hamburger Abendblatt“ erschienen