Den Haag. Die Niederlande sind schockiert: In Enschede hat sich ein Schüler das Leben genommen, weil jemand ein Nacktfoto von ihm online stellte.

Der Suizid eines 15-jährigen Jungen im niederländischen Enschede schockt die Niederlande. Der 15-jährige türkischstämmige Onur stürzte sich vom Balkon seines Appartements, weil im Internet ein Nacktfoto von ihm aufgetaucht war. Ein Selfie, das er vor dem Spiegel aufgenommen hatte – und das dann ohne seine Erlaubnis ins Netz gelangte.

Als der Junge sein Nacktfoto auf Instagram entdeckt hatte, schrieb er an seine jetzige Freundin folgende Zeilen: „Ich werde sterben. Sorry für alles. Ich habe dich geliebt, Baby. Ich schalte das Internet jetzt ab, es hat also keinen Sinn mehr, mir etwas zu mailen.“ Das war um 15.16 Uhr. Seine Freundin mailte noch verzweifelt an ihn und schrieb: „Mach´ keinen Mist.“ Aber diese Mail erreichte den Jungen nicht mehr.

Polizei überprüft Straftatbestand

Der Fall sorgt in den gesamten Niederlanden für Betroffenheit, eine neue Debatte über Cyber-Mobbing ist entbrannt. Die Polizei in Enschede hat eine Untersuchung eingeleitet. „Wir wollen wissen, ob es in Zusammenhang mit seinem Tod eine strafbare Handlung gibt“, heißt es von den Behörden.

Das Mädchen, das das Bild gepostet haben soll, soll früher ebenfalls an Onurs Schule gewesen sein. Eventuell soll sie einst eine Liebesbeziehung zu dem Jungen gehabt haben, angeblich auch schon mal Cyber-Mobbing-Opfer geworden sein. „Das aber sind nur Gerüchte. Wir wollen Fakten,‘‘ sagt ein Polizeisprecher.

„Er war ein sehr sympathischer Junge. Onur hatte viele Freunde. Er war ein angenehmer Schüler,‘‘ sagt Genio Ruesen, Direktionsmitglied im Bonhoeffer College. „Wir selbst werden keine Untersuchung anstellen. Das überlassen wir der Polizei“, so Ruesen.

Hunderte Schüler trauern an der Wohnung des Jungen

Niederländische Medien berichten davon, wie sich Hunderte Mitschüler am Tag nach dem tragischen Vorfall in den Armen liegen, weinen, Blumen und Bilder vor Onurs Wohnung im Bezirk Deppenbroek niederlegen.

„Er war ein sehr lieber Junge. Sehr still. Er konnte nicht über seine Gefühle reden“,‘ sagen die Mitschülerinnen Falicia (14) und Amaya (14) über Onur. Er stand wie sie kurz vor dem Schulabschluss.

An Onurs Schule, dem Bonhoeffer College, sind eigentlich gerade Ferien, aber die Schule hat wegen der Tragödie am Dienstag ihre Türen geöffnet. Damit die Schüler mit diesem „Alptraum“, wie es eine weitere Mitschülerin nennt, umgehen können.

• Anmerkung der Redaktion: Wir berichten in der Regel nicht über Suizide oder Suizidversuche, außer sie erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Wenn Sie selbst unter Stimmungsschwankungen, Depressionen oder Selbstmordgedanken leiden oder Sie jemanden kennen, der daran leidet, können Sie sich bei der Telefonseelsorge helfen lassen. Sie erreichen sie telefonisch unter 0800/111-0-111 und 0800/111-0-222 oder im Internet auf www.telefonseelsorge.de. Die Beratung ist anonym und kostenfrei, Anrufe werden nicht auf der Telefonrechnung vermerkt.