Im Dienst der schönen Frauen: Monsieur de Givenchy wird 90
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Von Peter Heusch
Paris. Der Modedesigner Hubert de Givenchy schuf Kleider für Stars wie Audrey Hepburn. Der Meister der Eleganz wird jetzt 90 Jahre alt.
Eleganz, Diskretion und seine Muse Audrey Hepburn sind es, die Hubert de Givenchy zu einer Legende der Modewelt gemacht haben. Eine höchst lebendige Legende übrigens, auch wenn sie sich seit Jahren rarmacht. Aber zeigt sich der hochgewachsene und schlanke Mann mit dem weißen Haar doch einmal in der Öffentlichkeit, fällt es schwer zu glauben, dass er am Montag seinen 90. Geburtstag feiern soll. Jene zeitlose Eleganz, die sein Schaffen prägte, zeichnet bis heute auch seinen persönlichen Auftritt aus und lässt ihn ungleich jünger wirken, als er ist.
Eigentlich sollte Givenchy, der jahrzehntelang mit seinen Traumkreationen die schönsten Frauen der Welt einkleidete, Jurist werden. Doch der 1927 als Graf Hubert James Marcel Taffin de Givenchy geborene Spross einer wohlhabenden Familie verweigerte sich den väterlichen Plänen, studierte an der Pariser Akademie der Schönen Künste und eröffnete 1952 als gerade 25-Jähriger sein eigenes Modehaus.
Kleidern aus einfacher Baumwolle sorgten für Aufruhr
Gleich mit seinen ersten Kollektionen sorgte der blaublütige Ästhet für Furore. Statt wie die anderen Designer auf teure Materialen wie Seide, Kaschmir oder Damast zu setzten, schickte Givenchy seine Models in Roben aus Baumwolle über den Laufsteg. Kalkül war das keineswegs, dem jungen Mann fehlte es in den ersten Berufsjahren einfach an Geld. Allerdings ließ der ebenso einfache wie perfekte Schnitt seiner Jersey- und Leinenkleider die weniger noblen Materialien völlig vergessen.
Bereits in den 50er-Jahren schuf Hubert de Givenchy den berühmten „Ballonmantel“, grazile Samtbustiers, freche Glockenröcke und riesige Hüte, die mehr als das halbe Gesicht verdeckten. Rasch begeisterte die schlichte Eleganz seiner Kreationen illustre Kundinnen, allen voran Audrey Hepburn. Die Begegnung zwischen der grazilen Schauspielerin und dem Modemacher war eine auf gegenseitiger Bewunderung beruhende Freundschaft „auf den ersten Blick“.
Wie sich Audrey Hepburn verliebte
„Sie gestand mir, dass sie sich in meine Kleider verliebt hatte“, erzählte Givenchy später, der gemeinsam mit seiner Vorzugskundin die neue, weiblich-elegante Silhouette der Hollywoodstars schuf. Im Gegenzug bestand die Diva darauf, in allen ihren Filmen nur noch Kostüme des Couturiers zu tragen. Dafür gab es sogar eine extra Klausel in ihren Verträgen. Schon bald kleideten sich auch Grace Kelly, Elizabeth Taylor, Jacqueline Kennedy oder Marlene Dietrich vorzugsweise bei Givenchy ein.
Ex-Knacki Jeremy Meeks auf dem Catwalk
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Unsterblich machte den Designer seine Kinokreation des „kleinen Schwarzen“, das Hepburn in dem Filmklassiker „Frühstück bei Tiffany“ trug. Givenchy fertigte es aus schwerem italienischem Satin. Es ist das teuerste Stück französischer Schneiderkunst, das bisher im Londoner Auktionshaus Christies unter den Hammer kam. Rund 700.000 Euro inklusive Gebühren zahlte ein anonymer Telefonbieter 2006 für das 42 Jahre alte Filmkleid. Unbekannt ist, ob die neue Besitzerin überhaupt hineinpasst – Audrey Hepburn trug Konfektionsgröße 34 und hatte einen Taillenumfang von nur 60 Zentimetern.
Ärger beim ersten Parfüm
Givenchy hat seiner 40-jährigen Freundschaft mit der Hepburn 2014 in dem Buch „To Audrey with Love“ ein anrührendes Denkmal gesetzt. Das Werk versammelt rund 150 Skizzen von Kleidern, die er für die 1993 gestorbene Schauspielerin entwarf. Wobei der Modemacher seine „wunderbare Freundin“ beinahe verloren hätte, als er sein erstes Parfüm auf den Markt brachte. Er kreierte es ursprünglich eigens für Hepburn, die sich dann entschieden sträubte, als er den Duft 1957 kommerziell vermarkten wollte. „C’est interdit!“ (Das ist verboten) soll sie geschimpft haben. Givenchy setzte sich darüber hinweg und nannte sein Parfüm auch noch „L’Interdit“ (Das Verbotene). Trotzdem verzieh ihm die Hepburn.
Highlights der Modenschauen in Paris
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Givenchy war immer ein „Damenschneider“ aus Leidenschaft, erst ab 1973 stellte er auch eine Herrenkollektion vor. Seinen Abschied in Raten hat der Grandseigneur der Mode schließlich schon 1988 eingeleitet. Damals verkaufte er sein Modehaus an den Luxuskonzern LVMH, um 1995 auch als Chefdesigner der Marke abzutreten und sich auf seine Güter, ein Renaissanceschloss unweit von Chartres sowie eine Villa auf der Atlantikhalbinsel Cap Ferret, zurückzuziehen.