Stuttgart. Illegal gepresste CDs verursachen Schäden in Milliardenhöhe. Die falsche Ware wird auf Flohmärkten und auch in Geschäften angeboten.

Der Justiz in Baden-Württemberg ist nach eigenen Angaben der größte Schlag gegen Produktpiraterie in Europa seit Jahrzehnten geglückt. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart bestätigte Informationen der Deutschen Presse-Agentur, wonach bis zu zwei Millionen CDs, DVDs und Schallplatten bei Durchsuchungen im Raum Göppingen und Schwäbisch Hall sowie in Polen sichergestellt wurden.

Die illegal gepressten Tonträger namhafter Künstler und Bands haben nach Schätzungen von Experten einen Millionenschaden verursacht.

Ein 60 Jahre alter Mann sitzt seit Anfang September in Untersuchungshaft. Ihm drohen bis zu fünf Jahre Haft. Eine sechsköpfige Ermittlungsgruppe namens „Mitschnitt“ des Landeskriminalamtes (LKA) leitet die Ermittlungen.

Nachfrage nach Vinyl steigt

Der Geschäftsführer des Bundesverbands Musikindustrie (BVMI), Florian Drücke, spricht von „hochprofessionellen Strukturen“ im Hintergrund, die riesige Schäden anrichten und das Vertrauen der Verbraucher zerstören. Dieser Fall zeige auf frappierende Weise, wie groß der Wunsch nach „physischen Tonträgern“ in Deutschland noch ist – sie haben einen Marktanteil von insgesamt 60 Prozent. „Die Nachfrage nach Vinyl steigt wieder deutlich und hat deutschlandweit einen Anteil von rund 4 Prozent. Es ist eine Nische, die wieder hip geworden ist.“

Piraterie, egal ob physisch oder digital, bedeutet aus Sicht von Drücke immer Rechtsverletzungen zulasten der Künstler und ihrer Partner. „Es ist uns wichtig, die illegalen Märkte auszutrocknen. Gerade im digitalen Markt wird sonst das Vertrauen geschwächt.“ Der BVMI vertritt die Interessen von rund 250 Musikunternehmen oder Labels, umgangssprachlich meist Plattenfirmen genannt.

Erste Hinweise seit Ende 2015

Die Behörden waren dem 60 Jahre alten Mann nach Recherchen im Auftrag des BVMI auf die Schliche gekommen. Den Fall übernahm dann das Landeskriminalamt Baden-Württemberg in Stuttgart, weil der Tatverdächtige im Raum Esslingen wohnt. Erste Hinweise gab es seit Ende 2015. Anfang 2016 folgten umfängliche Durchsuchungen von Räumlichkeiten und Lagern im In- und Ausland. Ob der Mann Einzeltäter ist, ist Gegenstand der Ermittlungen. (dpa)