Paderborn/Höxter. Zweifacher Mord, Körperverletzung: Das Paar von Höxter steht nun vor Gericht. Die Ankläger schilderten am ersten Tag grausame Details.

Zum Start im Prozess um das „Horror-Haus“ von Höxter hat die Staatsanwaltschaft grausame Details aus der Leidenszeit der Opfer geschildert. Mit schwersten körperlichen Misshandlungen und seelischen Grausamkeiten sollten die Opfer gefügig gemacht werden, wie Oberstaatsanwalt Ralf Meyer vor dem Landgericht Paderborn sagte.

Mehr als 20 Minuten lang schilderte der Ankläger am Mittwoch, wie die späteren Todesopfer aus Niedersachsen mit Tritten, Schlägen, Verbrühungen und Gift misshandelt worden seien. „Dabei gaukelten die Angeklagten den Frauen zuerst die große Liebe des 46-jährigen Wilfried W. vor, nachdem sie mit Zeitungsanzeigen nach Ostwestfalen gelockt worden waren“, sagte Meyer.

Willen systematisch gebrochen

Ziel sei es gewesen, Frauen für W. als Leibeigene für alle Lebenslagen zu bekommen. Den Willen der Frauen sollen die beiden Angeklagten systematisch mit Gewalt gebrochen haben. Dazu ketteten sie sie den Schilderungen zufolge stundenlang an, traten den Frauen die Beine weg oder verbrühten deren Haut. Schlafen mussten sie nachts in der kalten Scheune. Eine der Frauen sei angekettet fast in einer volllaufenden Badewanne ertrunken.

Wilfried W. und seine Ex-Frau Angelika W. müssen sich wegen zweifachen Mordes durch Unterlassen sowie mehrfacher Körperverletzung verantworten. Die beiden Angeklagten sollen die Frauen über Jahre hinweg mit Kontaktanzeigen in ihr Haus gelockt haben. Die beiden Frauen aus den niedersächsischen Städten Uslar und Bad Gandersheim starben in Folge der Quälereien, eine weitere Frau aus Magdeburg entkam. Mit der Frau aus Uslar war der Angeklagte verheiratet – ihre Leiche wurde nie gefunden.

Prozessauftakt: Misshandlungen in Höxter

Prozessbeginn am Landgericht Paderborn: Ein Mann und seine Ex-Frau aus Höxter müssen sich wegen zweifachen Mordes durch Unterlassen und mehrfache Körperverletzung verantworten. Sie sollen ihre Opfer in das „Horror-Haus von Höxter“ gelockt und dort schwer misshandelt haben.
Prozessbeginn am Landgericht Paderborn: Ein Mann und seine Ex-Frau aus Höxter müssen sich wegen zweifachen Mordes durch Unterlassen und mehrfache Körperverletzung verantworten. Sie sollen ihre Opfer in das „Horror-Haus von Höxter“ gelockt und dort schwer misshandelt haben. © Getty Images | Alexander Koerner
Der Angeklagte Wilfried W. (46) bei seiner Ankunft im Gerichtssaal.
Der Angeklagte Wilfried W. (46) bei seiner Ankunft im Gerichtssaal. © REUTERS | WOLFGANG RATTAY
Auch seine geschiedene Ehefrau Angelika W. ist angeklagt. Bei der Ankunft im Landgericht Paderborn bespricht sie sich mit ihrem Anwalt Peter Wüller.
Auch seine geschiedene Ehefrau Angelika W. ist angeklagt. Bei der Ankunft im Landgericht Paderborn bespricht sie sich mit ihrem Anwalt Peter Wüller. © REUTERS | WOLFGANG RATTAY
Angelika W., die ein Jahr ältere Ex-Ehefrau des Mitangeklagten Wilfried W., verdeckt ihr Gesicht vor den Kameras.
Angelika W., die ein Jahr ältere Ex-Ehefrau des Mitangeklagten Wilfried W., verdeckt ihr Gesicht vor den Kameras. © Getty Images | Alexander Koerner
Den beiden Angeklagten wird vorgeworfen, mehrere Opfer in ihr Haus im nordrhein-westfälischen Höxter gelockt und dort gequält zu haben. Sie sollen die Frauen angekettet, starker Kälte ausgesetzt und mit Tritten und Schlägen systematisch gebrochen haben. Das Haus ist als „Horror-Haus von Höxter“ bekannt geworden.
Den beiden Angeklagten wird vorgeworfen, mehrere Opfer in ihr Haus im nordrhein-westfälischen Höxter gelockt und dort gequält zu haben. Sie sollen die Frauen angekettet, starker Kälte ausgesetzt und mit Tritten und Schlägen systematisch gebrochen haben. Das Haus ist als „Horror-Haus von Höxter“ bekannt geworden. © dpa | Friso Gentsch
Zwei Frauen starben in Folge der Gewalt, die sie im „Horror-Haus von Höxter“ erfahren hatten. Eine weitere Frau entkam ihren Peinigern. Nach aktuellem Stand der Ermittlungen sollen die beiden Angeklagten mindestens acht weitere Opfer um größere Geldsummen gebracht haben.
Zwei Frauen starben in Folge der Gewalt, die sie im „Horror-Haus von Höxter“ erfahren hatten. Eine weitere Frau entkam ihren Peinigern. Nach aktuellem Stand der Ermittlungen sollen die beiden Angeklagten mindestens acht weitere Opfer um größere Geldsummen gebracht haben. © dpa | Friso Gentsch
Die Misshandlungsfälle waren im Sommer aufgeflogen, nachdem die beiden Angeklagten die lebensgefährlich verletzte Susanne F. aus Bad Gandersheim zurück nach Niedersachsen bringen wollten. Auf dem Weg hatten sie eine Autopanne und entschieden sich, den Notarzt zu verständigen. Für das Opfer kam die Hilfe jedoch zu spät. Susanne F. starb später im Krankenhaus.
Die Misshandlungsfälle waren im Sommer aufgeflogen, nachdem die beiden Angeklagten die lebensgefährlich verletzte Susanne F. aus Bad Gandersheim zurück nach Niedersachsen bringen wollten. Auf dem Weg hatten sie eine Autopanne und entschieden sich, den Notarzt zu verständigen. Für das Opfer kam die Hilfe jedoch zu spät. Susanne F. starb später im Krankenhaus. © dpa | Friso Gentsch
Polizeiliches Siegel an der Tür am „Horror-Haus von Höxter“: Die Angeklagte Angelika W. hatte detailliert ausgesagt und auch einen weiteren Todesfall aus dem Jahr 2014 zugegeben. Die Leiche der 33-jährigen Annika W. sollen sie und ihr Ex-Mann demnach eingefroren, zerstückelt und nach und nach im Ofen verbrannt haben.
Polizeiliches Siegel an der Tür am „Horror-Haus von Höxter“: Die Angeklagte Angelika W. hatte detailliert ausgesagt und auch einen weiteren Todesfall aus dem Jahr 2014 zugegeben. Die Leiche der 33-jährigen Annika W. sollen sie und ihr Ex-Mann demnach eingefroren, zerstückelt und nach und nach im Ofen verbrannt haben. © dpa | Friso Gentsch
Ermittler tragen Kartons aus dem Haus des beschuldigten Ex-Ehepaares. Während die Angeklagte Angelika W. bereits detailliert ausgesagt hatte, schwieg ihr geschiedener Ehemann Wilfried W. zunächst.
Ermittler tragen Kartons aus dem Haus des beschuldigten Ex-Ehepaares. Während die Angeklagte Angelika W. bereits detailliert ausgesagt hatte, schwieg ihr geschiedener Ehemann Wilfried W. zunächst. © dpa | Friso Gentsch
Passanten hatten nach Bekanntwerden der Taten Kerzen, Blumen und Kreuze vor dem „Horror-Haus von Höxter“ niedergelegt. Die beiden Todesfälle stehen im Mittelpunkt des Prozesses, der nun begonnen hat. Er wird voraussichtlich bis Ende März dauern.
Passanten hatten nach Bekanntwerden der Taten Kerzen, Blumen und Kreuze vor dem „Horror-Haus von Höxter“ niedergelegt. Die beiden Todesfälle stehen im Mittelpunkt des Prozesses, der nun begonnen hat. Er wird voraussichtlich bis Ende März dauern. © dpa | Friso Gentsch
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Staatsanwaltschaft geht von acht Opfern aus

Andere Frauen soll das mutmaßliche Täterduo um größere Geldmengen gebracht haben. Die Staatsanwaltschaft geht im Zuge der noch laufenden Ermittlungen von insgesamt mindestens acht Opfern aus.

Aufgeflogen war das Paar im Frühjahr 2016, als es ihr letztes Opfer zurück nach Bad Gandersheim bringen wollten. Nach einer Autopanne starb das Opfer im Krankenhaus und die Polizei wurde auf die beiden aufmerksam.

Angeklagter fordert neues Gutachten

Fortgesetzt wird der Prozess am 16. November. Angelika W. hat beim Auftakt angekündigt, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Ihr Ex-Mann will eine Stellungnahme von seinem Verteidiger verlesen lassen. In zwei Wochen werden die Gutachter im Mittelpunkt stehen. Bislang fehlt dem Gericht noch die psychiatrische Bewertung von Angelika W. Bei dem vorliegenden Gutachten zu Wilfried W. hat Verteidiger Detlev Binder am Mittwoch Zweifel an der wissenschaftlichen Aussagekraft geäußert und einen neuen Sachverständigen gefordert.

Das aktuelle Gutachten bescheinigt seinem Mandanten zwar eine sadistische Persönlichkeitsstörung, attestiert ihm aber ebenso volle Schuldfähigkeit. Die zweifelt der Anwalt an – und verweist auf widersprüchliche Aussagen des Experten. (WE/dpa)