Las Vegas. Dem deutschen Magier Jan Rouven droht wegen Kinderpornografie lange Haft in den USA. In seinem Haus fanden Ermittler 3500 Kinderpornos.

Er konnte sich in der eng geschnürten Zwangsjacke kopfüber an einem brennenden Seil hängend vor riesigen Bärenfallen retten. Und kurz vor dem Ertrinken dreifach verketteten Wassertanks entfliehen. Er war dabei, sich an Größen wie David Copperfield und Criss Angel heranzuzaubern. Er war das größte deutsche Talent in der Illusionsfabrik von Las Vegas seit Siegfried & Roy. Vorbei. Nach sieben Monaten Haft entscheidet sich ab Montag in der Glückspiel-Metropole das Schicksal von Jan Rouven Füchtener – wie er im wahren Leben heißt – in einer Welt, in der keine Tricks helfen.

Der 39-jährige Rheinländer muss sich am Bundesbezirksgericht gegen den Vorwurf verantworten, in seiner inzwischen verkauften Villa auf Computern und Datenträgern 3500 Kinderpornos und über 100 einschlägige Fotos „besessen, benutzt und verbreitet“ zu haben. Sein Anwalt Jess Marchese bestreitet im Gespräch mit dieser Zeitung den Vorwurf der Anklage. Sie könnte Rouven im Falle einer Verurteilung für Jahrzehnte hinter Gitter bringen. „Die Sachen haben anderen gehört. Jan hat damit nichts zu tun“, so der Strafverteidiger.

Ein Faible für muskulöse Kerle

Nur ein Detail: Sein Mandant habe ein Faible für „muskulöse Kerle“. Schon darum könne das mit dem Kinderpornografie-Vorwurf nicht stimmen. Er beschreibt den Zustand des Deutschen trotz täglich 23 Stunden Einzelzellen-Dasein als optimistisch. „Er erträgt das viel besser, als mir das gelingen würde.“

Wem das Material, das Minderjährige beim Sex mit Erwachsenen zeigt und von FBI-Fahndern im Januar sichergestellt wurde, zugeordnet werden kann, will Marchese nicht sagen. Ein „Fund“ sei im Kleiderschrank von Frank Alfter gemacht worden. Der 58-Jährige hatte Rouven im Teenager-Alter entdeckt. Er ist sein Manager und mit dem Kerpener seit 2015 verheiratet. Las Vegas war ihr gemeinsames Projekt. Kinder hat das Paar nicht, dafür „Puccini“, einen weißen Pudel.

Aus „Verärgerung über das amerikanische Rechtssystem“, so Marchese, verließ Alfter schon vor einigen Monaten die USA Richtung Deutschland. „Er telefoniert regelmäßig mit Jan, er unterstützt ihn.“ Als Zeuge werde er aber in dem auf vier Tage angesetzten Prozess nicht auftreten.

Die Karriere des Künstlers war über Nacht zu Ende

Aufgeflogen war der Skandal, nachdem ein verdeckter Ermittler aus New York in einem illegalen Schmuddelwaren-Filesharing-Dienst auf das Kürzel „Lars45“ gestoßen war. Die digitale Spur endete bei Jan Rouven. Der Hausdurchsuchung in der opulenten Villa, 20 Minuten von der Amüsier- und Kasino-Meile von Las Vegas entfernt gelegen, folgte Mitte März die Festnahme. Das renommierte „Tropicana“, wo Rouven die Show-Reihe „New Illusions“ gestartet hatte, kündigte den Vertrag. Der auf der Bühne ein rheinisches Singsang-Englisch sprechende Artist wurde zur Unperson und drei Dutzend Tänzer und Mitarbeiter arbeitslos. Dass Rouvens Darbietung 2013 und 2015 zur „besten Magic Show in Las Vegas“ gekürt wurde, dass ihm die „International Magicians Society“ den „Merlin“, die höchste Ehrung für Magier überhaupt, zusprach – alles Makulatur. Jan Rouven war glücklich in Vegas. Auch wenn er bei einem Besuch dieser Zeitung vor zwei Jahren einräumte: „Es ist schwer, hier Freundschaften zu schließen. Entweder wollen die Leute Sex von dir. Oder Geld.“

Anwalt Marchese sagt, dass bei Rouven regelmäßig viele Leute ein und aus gegangen seien. „Irgendwer hat ihnen das Zeug untergejubelt.“ Nur wer? Und warum? Um sich für den Prozess zu wappnen, hat Marchese einen zweiten Anwalt, zwei Computerexperten, einen Detektiv und einen Psychologen angeheuert. Ihre Erkenntnisse sollen die dem Kinder- und Jugendschutz besonders verpflichtete Bundesrichterin Gloria Navarro von der Unschuld Jan Rouvens überzeugen. Sie allein entscheidet. Einen Jury-Prozess wollte Rouven nicht. Aus Sorge vor voreingenommenen Geschworenen. Anwalt Marchese hofft auf den optimalen Ausgang: „Freispruch“. Am anderen Ende steht ein Horror-Szenario mit 30 Jahren Haft und mehr: „Jan könnte im Gefängnis sterben.“