Berlin. In einer Berliner Flüchtlingsunterkunft attackierte ein 29-Jähriger einen Mann mit einem Messer. Hintergrund sind Missbrauchsvorwürfe.

Bei einer Auseinandersetzung in einer Asylbewerberunterkunft in Berlin-Moabit haben Polizisten in der Nacht zu Mittwoch einen 29-Jährigen erschossen. Die tödlichen Schüsse fielen, als der Bewohner der Unterkunft einen 27 Jahre alten Mitbewohner mit einem Messer attackieren wollte. Hintergrund sind Missbrauchsvorwürfe gegen den 27-Jährigen, der sich laut Zeugenaussagen an einer Sechsjährigen – der Tochter des Getöteten – vergangen haben soll.

Wegen des mutmaßlichen Missbrauchs soll der Verdächtige einem Haftrichter vorgeführt werden, wie die Berliner Staatsanwaltschaft am Mittwoch mitteilte. Zugleich werde gegen Polizisten ermittelt, die den mutmaßlichen Vater des Mädchens erschossen haben, wie der Sprecher Martin Steltner weiter sagte. Für den mutmaßlichen Missbrauch gebe es Verdachtsmomente und entsprechende Aussagen von Zeugen.

Polizei erschießt Flüchtling bei Angriff auf Mitbewohner

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    Laut Staatsanwaltschaft haben am Dienstagabend vermutlich drei Beamte auf den Angreifer gefeuert. „Es wurden mehrere Schüsse aus mehreren Dienstwaffen abgegeben.“ Der Festgenommene saß laut Angaben bereits in einem Polizeiwagen, als der 29 Jahre alte Flüchtling losgestürmt sei.

    Polizei war wegen Missbrauchsvorwürfen gerufen worden

    Wie die Polizei zuvor mitgeteilt hatte, habe der Angreifer laut Zeugen bei der Attacke gerufen: „Das wirst du nicht überleben.“ Um den Angriff zu verhindern, hätten mehrere Beamte von ihren Schusswaffen Gebrauch gemacht. Der 29-Jährige wurde schwer verletzt und starb Stunden später im Krankenhaus.

    Ursprünglich war die Polizei wegen der Missbrauchsvorwürfe in die Unterkunft gerufen worden. Den Zeugenaussagen zufolge soll der 27-Jährige das Mädchen am Dienstagabend in einen angrenzenden Park gelockt und sich dort sexuell an ihm vergangen haben. Gegen den Mann werde nun wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch ermittelt. Das Kind werde speziell betreut.

    Polizeigewerkschaft warnt vor Vorverurteilung

    Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) warnte vor einer Vorverurteilung der Beamten. In einigen Medien werde bereits an der Rechtmäßigkeit des Schusswaffen-Einsatzes gezweifelt, kritisierte der Berliner Landesvorsitzende der Gewerkschaft, Bodo Pfalzgraf. „Die Beamten mussten Selbstjustiz und eine für sie selbst lebensbedrohliche Situation verhindern. Polizisten wollen nicht töten, aber wenn sie vom Staat kein anderes Einsatzmittel bekommen, werden sie dazu gezwungen“, so Pfalzgraf.

    Der Einsatz hätte möglicherweise glimpflicher verlaufen können, wenn die Polizisten mit sogenannten Tasern ausgestattet gewesen wären, so Pfalzgraf. Die Berliner Polizei will Streifenpolizisten künftig mit diesen Elektroschock-Waffen ausstatten, zunächst aber nur probeweise am Alexanderplatz und in der Friedrichstraße. (dpa)